Hastig folgten ihm nicht nur Malipu und Maliputti, sondern auch alle andern. Das wollte sich keiner entgehen lassen, was nun geschehen würde, denn noch nie war ein Zipfelhut los gewesen, solange sie zurückdenken konnten.
„Da seid ihr ja endlich!“, empfing sie Babahu erleichtert.
„Herr des Lebens! Nur noch ein paar Sprünge, dann ist der Zipfelhut am Lebensfluss und damit auf dem Weg zum schwarzen Loch“, stellte Magifa entsetzt fest.
Ungehalten wandte sich Malipu an Babahu: „Das ist bestimmt deine Schuld. Du und Maliputti, ihr habt nur Unsinn im Kopf. Ich muss mal ein ernstes Wort ...“
„Dazu ist jetzt keine Zeit!“, fiel ihm Magifa ins Wort. „Schau dir das an! Das kann nicht wahr sein!“
Schneller und schneller glitt Imada hinter seinem Zipfelhut her, versuchte voller Panik immer aufs Neue nach ihm zu greifen. „Ich kriege ihn! Ich muss ihn kriegen!“, jammerte er dabei. Er verhedderte sich im eigenen Wolkenleib und stieß sich seinen ungeschützten Kopf an den Felsen, während der Zipfelhut, flupps, flupps, immer weiter davonsprang.
„Halt, Imada! Höre auf, nach ihm zu greifen. Bewege dich nicht, sonst bleibt der Zipfelhut nicht liegen. So treibst du ihn nur weiter und schneller dem schwarzen Loch zu.“ Magifa glitt vorsichtig ein Stück näher zu ihm.
„Aber ich brauche ihn!“ Imada war verzweifelt. Er wollte noch einmal zugreifen, besann sich, plusterte sich auf, setzte sich ergeben hin und begann zu weinen. „Warum muss immer mir so etwas geschehen?“ Hilflos sah er zu seinem Zipfelhut, ihm so nah und doch für ihn unerreichbar.
Gespannt rückten alle Magihexer enger zusammen und näher heran.
„Warum weint Imada jetzt? Magifa wird ihm doch helfen.“ Maliputti verstand es nicht.
„Weil er ein Schlappschwanz ist!“, rutschte Babahu heraus.
Sofort fuhr Malipu verärgert herum. „Halt dich zurück! Ohne deinen Unsinn müssten wir jetzt hier nicht den Zipfelhut wieder einfangen.“
„Wir?“, Magifa sah herausfordernd zu ihm herüber. „Das ist gut, Malipu! Wer außer mir kann das noch?“
„Dann mach es endlich!“
„So einfach ist es nicht. Es will überlegt sein.“ Vorsichtig schwebte Magifa näher zu Imada heran. Der Zipfelhut lag ruhig ein Stück entfernt, als wäre kein Leben in ihm. „Hör auf zu weinen! Das hilft nichts, Imada. Rühr dich nicht, wirklich nicht ein bisschen, wenn ich nun langsam an dir vorbei und auf den Zipfelhut zu schwebe“, sagte er und glitt sacht weiter.
Die Spannung unter den zuschauenden Magihexern wuchs. Maliputti quoll aufgeregt hin und her. „Und was nun?“, fragte er.
„Der Zipfelhut darf nicht merken, dass er ihn fangen will“, erklärte Babahu flüsternd.
„Pst! Ruhe!“ Magifa hielt einen Moment inne. Verärgert sah er zurück. Noch war er weit genug von dem Zipfelhut entfernt. Bald durfte es aber keine Störung mehr geben, wenn es nicht misslingen sollte.
„Pst! Kein Wort mehr!“, wies auch Malipu alle zurecht.
Sie duckten sich und schwiegen, wagten sich fast nicht mehr zu bewegen. Jeder blickte zu Magifa. Würde er es schaffen, oder würde der Zipfelhut, bereits so nah am Lebensfluss, weiter zum schwarzen Loch springen, wenn er ihm zu nahe kam?
Doch der Zipfelhut lag still. Magifa rückte langsam an ihn heran, vermied es aber, zu ihm hinzusehen. Als er nah genug war, zog er ganz langsam seinen Zauberstab aus seinem Wolkenkörper.
Da! - Hatte sich der Zipfelhut bewegt? Alle erstarrten.
Nein, sie hatten sich getäuscht. Erleichtert zupfte sich der eine an den Ohren, der andere griff nach seinem Zipfelhut und Malipu schob sich zum x-ten Mal seine Brille höher.
Noch immer rührte sich der Zipfelhut nicht, keinen Millimeter. Konnte er das überhaupt noch? Magifa war dicht bei ihm und hielt schon den Zauberstab über ihn.
Worauf wartete er noch? Unruhig quollen die Magihexer hin und her. Kein Mucks war von ihnen zu hören. Imada saß da wie versteinert und wischte sich nicht einmal die Tränen ab.
Zack, ließ Magifa seinen Zauberstab herabsausen auf den Zipfelhut. Alle zuckten zusammen. Blitzschnell war das gegangen.
„Halte ihn! Halte ihn!“, rief Malipu.
Doch der Zipfelhut zuckte und ruckte. Flupps, sprang er hoch, und noch einmal höher. Er riss den Zauberstab mit sich. Magifa klammerte sich daran und konnte ihn kaum halten.
„Oh, Oh!“, riefen alle.
Endlich schaffte es Magifa, ihn wieder mit dem Zauberstab auf den Boden zu drücken. Der Zipfelhut gab aber nicht auf. Flupps, hob er sich etwas zum Sprung und noch einmal flupps. Er wand sich und zerrte, wollte entkommen. Doch Magifa ließ ihn nicht los.
„Hei! Wie der zuckt und weg will! Er schafft es aber nicht. Das ist lustig!“, rief Babahu aufgeregt.
„Das ist gar nicht lustig, Babahu! Magifa braucht all seine Kraft, um ihn festzuhalten“, wies Malipu ihn zurecht.
„Warum hört Imada nicht auf zu weinen? Magifa hat den Zipfelhut doch schon“, fragte Maliputti.
„So ein Dummkopf aber auch!“, knurrte Malipu.
Ungeduldig rief auch Magifa: „Hör auf zu heulen, Imada! Komm endlich her und nimm deinen Zipfelhut. Lange kann ich den nicht mehr halten, so, wie er zerrt.“
Imada zuckte zusammen, schoss ruckartig in die Höhe, so dass alle andern ihre Köpfe einzogen und stieß sich noch einmal am Berg den ungeschützten Kopf. Er merkte es wohl kaum. Aufgeregt kam er wieder herunter und griff mit zitternden Händen nach seinem Zipfelhut. Sobald seine Hand ihn berührt hatte, hörte der auf zu zucken.
„Halte ihn nur fest“, mahnte Magifa und löste seinen Zauberstab.
„Setz ihn gleich auf! Setz ihn auf!“, rief Malipu.
Als Imada das getan hatte, war es, als hätte er seinen Zipfelhut nie verloren. Nein, Purzelbäume wollte er nicht mehr schlagen, das sollten ruhig Babahu und Maliputti tun. Er hatte genug davon.
Die andern lachten befreit und umringten ihn. Gemeinsam schwebten sie zurück zu ihren Höhlen. Es war noch einmal gut gegangen.
Nur Malipu hielt Babahu und Maliputti zurück und rügte sie: „Was habt ihr euch dabei gedacht? Musstet ihr Imada dazu verführen?“
„Aber er wollte den Purzelbaum lernen“, verteidigte sich Maliputti, während Babahu es vorzog, stumm bei erster Gelegenheit den andern rasch zu folgen.
Wortlos schwebte Maliputti hinter Malipu her zu ihrer Höhle. Das Geschehen um den Zipfelhut von Imada hatte ihn sehr nachdenklich gemacht. Auch die Zurechtweisung von Malipu bedrückte ihn. Von Babahu war nichts mehr zu sehen, der ging ihnen wohl lieber aus dem Weg.
„Was ist so ein Purzelbaum wichtig für einen Magihexer?“, durchbrach Malipu das Schweigen, als sie sich vor die Höhle gesetzt hatten. „Es gibt Wichtigeres, was du zu lernen hast. Es wird Zeit, dass dir die Flausen vergehen und du begreifst, wozu du da bist, wenn du mit zur Erde willst.“
„Nimmst du mich bald mit?“, fragte Maliputti hoffnungsvoll. Er konnte es kaum erwarten.
„Wenn du dich anstrengst, vielleicht.“ Schmunzelnd sah Malipu auf den ungeduldigen Maliputti herab.
Langsam neigte sich der Magitag dem Ende zu. Noch schwirrten ein paar Elflinge umher, brummten Koboldiner entlang und auch sie redeten über das unfassbare Geschehen um Imadas Zipfelhut.
„Warum sind die Zipfelhüte so wichtig?“, fragte Maliputti.
„Weil sie uns Schutz gewähren“, antwortete Malipu.
„Wovor?“
„Hm!“ Malipu überlegte. „Damit wir uns nicht den Kopf stoßen, so, wie es dir ohne Zipfelhut ergangen ist.“
„Ist das alles?“
„Nein. Fühlst du dich nicht sicher und geborgen, wenn du darin schläfst? Würde er dir nicht fehlen, wenn er dir entkommt?“
„Doch, sehr! Aber warum streben sie überhaupt von uns weg?“, wollte Maliputti wissen.
Nachdenklich wiegte Malipu seinen Kopf hin und her. „Damals, lange vor unserer Magizeit, als es auf der Erde noch Dinosaurier gab, lebten hier oben andere Geister, die für sie zuständig waren wie wir heute für die Menschen. Da ging es hier nicht so friedlich zu wie heute. Die Zipfelhüte waren für die Geister viel mehr Schutz als für uns. Teuflische Geistwesen mit Schnabelzähnen, die Bronchotaurier, jagten sie und versuchten ihre Zipfelhüte zu knacken, wenn sie sich darin verkrochen hatten. Das gelang ihnen aber nicht. Doch für die Zipfelhüte war es entsetzlich und schmerzhaft. Die Erinnerung daran, haben sie wahrscheinlich an unsere Hüte weitergegeben. Deshalb versuchen sie uns zu entkommen. Sie meinen vielleicht, wenn sie uns nicht beschützen müssen, kämen sie nie in Gefahr.“
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