„Schade! Es hat gerade Spaß gemacht“, fand Jubila.
Sie gaben noch darauf Acht, dass Oma Berta es sich nicht wieder überlegte. Erst als die Eltern mit Paul, Pauline und Oma Berta im Auto saßen und zur Ostsee losfuhren, streckten sie sich und flogen heim nach Magihexanien.
Damit beendeten Jubila und Ermano auf dem Erzählplatz ihren Bericht von Oma Berta. Doch alles, was sie gemacht hatten, verrieten sie Malipu und den andern nicht.
*
Als danach Babahu und Pontulux wieder einmal auf der Erde zu tun hatten, kehrten sie nicht gleich nach Magihexanien zurück. Neugierig darauf, wie es Oma Berta an der Ostsee gefiel, flogen sie dorthin.
Sie bereute nicht, mit in den Urlaub gefahren zu sein. Die Kinder waren glücklich darüber und die Eltern froh, jemanden zu haben, der auf Paul und Pauline aufpasste, wenn sie allein etwas unternehmen wollten.
Das Wetter meinte es gut, Sonnenschein von morgens bis abends. Das zog Oma Berta und die Kinder zum Strand, wenn die Eltern allein unterwegs waren. Oma Berta suchte ein Stück vom Wasser entfernt in einem Strandkorb den Schatten, während die Kinder das Wasser anzog. Sie planschten und schwammen darin herum oder bauten davor an ihrer Sandburg weiter. Jeden Tag wurde sie ein Stückchen größer. Sie sammelten Muscheln und verzierten sie damit. Keiner hatte eine so wundervolle Burg wie sie, davon waren sie überzeugt.
Das aber zog ein paar Jungen an, die den Strand entlangzogen, sich gegenseitig bespritzten, rempelten, boxten oder mit Sand bewarfen. Sie wussten wohl vor Langeweile nichts anderes mit sich anzufangen. Sie grölten, ärgerten die Menschen und lachten über sie, wenn sie sich empörten. Paul und Pauline wichen ängstlich zurück, als sie sich näherten.
Kaum hatten die Jungen die Burg erreicht, gaben sie einem von ihnen einen Schubs, dass er mitten hineintreten musste. „Oh! Was ist das?“, fragte er scheinheilig.
„Bist wohl blind? Das sieht man doch“, antwortete ein anderer und schubste ihn erneut, damit er noch mehr zertrat.
„Da, schau mal, die schönen Muscheln.“ Einer hob sie mit den Zehen an und warf sie umher. Sofort machten die andern mit. Sie ergötzten sich daran, wie hilflos die Kinder dabeistanden und traurig verfolgten, wie ihre Burg zerstört wurde.
Pauline weinte und Paul rannte zu Oma Berta, die im Strandkorb gerade ein Nickerchen machte und nichts davon bemerkt hatte.
Doch noch ehe Paul etwas sagen konnte, hatte Babahu sie unter der Nase gekitzelt und damit geweckt. Sie fuhr hoch, hörte den Lärm und sah, wie Paul angerannt kam. Da achtete sie nicht auf ihre schmerzenden Knochen beim Aufstehen und lief barfuss so schnell sie konnte durch den tiefen Sand. „Lasst die Kleinen in Ruhe und macht, dass ihr wegkommt!“, rief sie. Drohend schwang sie dabei einen Schuh in der Hand.
„Schau mal, die Alte“, höhnte einer, „Was die wohl vorhat?“, ein anderer, „Da wird mir angst“, ein dritter und der vierte: „Was will die bloß mit dem Schuh?!“ Sie lachten herausfordern.
Oma Berta ließ sich nicht einschüchtern. „Lasst es lieber nicht darauf ankommen.“
„Die will uns verkloppen. Hilfe!“ Höhnisch lachend stoben sie davon.
„Gut, dass wir gerade hier sind!“, sagte Babahu und verteilte blitzschnell Muscheln mit scharfen Rändern im Sand. Der Erste, der im Laufen darauf trat, fluchte laut, als sie ihm in den Fuß schnitt, und humpelte weiter. Auch der Nächste und der Dritte, zuletzt noch der Vierte verletzten sich. Keinen hatte Babahu vergessen.
„Das hast du gut gemacht! Aber das reicht nicht“, meinte Pontulux, griff sich einen Knüppel, der am Strand herumlag, warf ihn den Jungen hinterher und einem genau in den Rücken.
Der zuckte zusammen. Alle drehten sich um. Außer Oma Berta sahen sie aber niemanden, der ihn geworfen haben könnte. „Glaubst du, die Alte hat ...?“, fragte einer. „Unmöglich!“, antwortete ein anderer. Doch misstrauisch sahen sie zu ihr hin. In drohender Haltung taten sie sogar so, als würden sie gleich zurückkommen.
Oma Berta blieb ruhig stehen. Wissend lächelte sie die Jungen an und zuckte mit den Schultern. Sie ahnte, wer den Knüppel geworfen hatte.
Die Jungen wandten sich ab und humpelten weiter, doch nicht, ohne sich immer wieder umzusehen. Fürchteten sie, der Knüppel könnte ihnen noch einmal hinterherfliegen?
Die Kinder, die im Sand nach ihren Schippen gesucht hatten, schauten ihnen erstaunt nach.
„Hast du den eben geworfen?“, fragte Pauline.
„Ich?“ Oma Berta tat verwundert.
„Ja, du. Wer sonst?“, drängte Paul.
Ehe Oma Berta antworten konnte, flog der Knüppel erneut durch die Luft und den Jungen hinterher. Er traf einen nach dem andern, prügelte auf sie ein. Oma Berta sah, wie unheimlich ihnen das war. Sie zogen die Köpfe ein und rannten so schnell sie konnten davon, verfolgt von dem unbarmherzigen Knüppel. „Das ist eine Hexe!“, hörte sie die Jungen rufen.
„Nun ist es genug!“, sagte sie laut in die Luft.
Sofort ließ Pontulux den Knüppel fallen. „Ja, wenn Oma Berta es so will“, meinte er und verfolgte die Jungen nicht weiter.
„Denen hast du es gegeben; die kommen sobald nicht wieder“, freute sich Babahu, während Paul und Pauline ungläubig zu dem Knüppel und den flüchtenden Jungen sahen.
„Zu wem hast du das eben gesagt?“, fragte Paul.
„Zu den Magihexern“, vermutete Pauline.
„Wie kann ich das? Nein, ich habe nur vor mich hin gesprochen“, widersprach Oma Berta. Doch sie lächelte dabei geheimnisvoll.
„Ach so! Doch der Knüppel ...“ irritiert sah Paul sie an und schwieg dann lieber.
Sie gingen zurück zum Strandkorb. Der Spaß an der Sandburg war den Kindern für heute vergangen. Dicht kuschelten sie sich an Oma Berta und bettelten um eine Geschichte von den Magihexern, die eben vielleicht ... na, ja, man kann ja nicht wissen!
Während sie darauf warteten, dass die Eltern zurückkehrten, die Sonne 2tiefer sank und die Wellen vom leichten Wind getrieben auf den Strand schwappten, erzählte Oma Berta von den Magihexern, wie es ihr gerade in den Sinn kam.
Auch Pontulux hatte sich dazugesetzt, um neugierig zu hören, was sie von ihnen zu erzählen wusste. Doch Babahu drängte unruhig. „Komm, lass uns heimfliegen. Wer weiß, was es inzwischen wieder von Maliputti zu berichten gibt.“
Mürrisch streckte sich Pontulux. „Was ist daran so interessant?“ Er hasste dieses Theater um den Jüngsten von ihnen. Wieso hatte nur Malipu vom Herrn des Lebens einen kleinen Magihexer zu seiner Hilfe bekommen? Warum nicht auch er?
Babahu sah ihn nachdenklich an und sagte nichts. Er hob ab und flog los. Pontulux folgte ihm. So schwebten sie Mond und Sonne entgegen auf dem Weg heim nach Magihexanien.
*
Als sie dort waren, fanden sie den Erzählplatz leer. Niemand erwartete sie. Dafür hörten sie bereits von Weitem fröhliches Lachen. Neugierig schwebten sie zu den Höhlen in den Bergen. Dort sahen sie Maliputti umgeben von den andern. Alle bemühten sich, ihm beizubringen, wie er einen Becher in seinen Wolkenkörper schieben kann. Jeder versuchte, ihm das auf seine Art vorzumachen. Dabei wirkte einer komischer als der andere. Das war ein Spaß! Hei, da war Babahu sofort dabei, während Pontulux sich beleidigt abwandte, weil er nicht erzählen konnte, was sie auf der Erde erlebt hatten.
Maliputti quietschte vor Vergnügen, als er Babahu sah. Mit ihm machte ihm alles gleich viel mehr Spaß. Der schob sich ja sogar den Becher unter den Zipfelhut auf dem Kopf.
Doch da war der Spaß vorbei. Kopfschüttelnd kam Malipu heran. „Bring ihm keinen Unfug bei. Unter dem Hut hat ein Becher nichts zu suchen“, rügte er. Dann nahm er Maliputti an die Hand und zog ihn mit zu seiner Höhle. „Nun bist du genügend Magizeit hier und hast viel sehen und erleben können. Jetzt ist es an der Zeit, dass du all das lernst, was nötig ist, um ein wissender Magihexer zu sein“, sagte er.
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