Felix Gentil - MEIN SOHN LÄSST SICH NICHT DUMM KOMMEN!
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Felix Gentil
MEIN SOHN LÄSST SICH NICHT DUMM KOMMEN!
Berichte aus Berliner Schulen
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Inhaltsverzeichnis
Titel Felix Gentil MEIN SOHN LÄSST SICH NICHT DUMM KOMMEN! Berichte aus Berliner Schulen Dieses ebook wurde erstellt bei
Zitat Zitat WIR BRAUCHEN UNSERE KINDER NICHT ZU ERZIEHEN, DIE MACHEN UNS SOWIESO ALLES NACH (Vermutlich Karl Valentin)
Vorwort
Neuer Start an einem Oberstufenzentrum
Ein neuer Schulleiter
Ein gutes Gymnasium
Beispiele für vernachlässigte Kinder
Platz da für unsere Elite!
Von Mobbing und Hochbegabten
Sie haben das Hausrecht!
Schule macht wirklich krank
Von Besserkönnern und Respektlosen
Respektlose Eltern - respektlose Kinder Oder: Wie man mit Lehrern spricht.....
Nichts als faule Ausreden
Benotung durch den Schulleiter
Zensuren für die Zukunft
Heil Deutschland und empörte Eltern
Hinter verschlossenen Türen
Verfehlte Schulpolitik
Ein vöööllig bescheuerter Lehrer
Kurze Unterbrechung durch Krankheit
Von einer Mutter, die Lehrer hasst
Die Eltern meiner Nachhilfeschüler
Bis Mittag Recht und danach frei
Bitte genau zuhören!
Immer nur Nichtigkeiten
Gute Nachricht: Hilfe naht durch Psychologen !
Was sich schleunigst verändern sollte
Was man stattdessen getan hat:
Ein ganz normaler Schulalltag:
Eine siebte Klasse der besonderen Art
Gerechte Schüler
Elternsprechtag
Schlechter Führungsstil durch Schulleiter
Vorbild Eltern
„Du dreckiger Jude“
Schöne Ferien!
Tolle Väter
Beim Frisör
Das letzte Wort:
Impressum neobooks
Zitat
WIR BRAUCHEN UNSERE KINDER
NICHT ZU ERZIEHEN,
DIE MACHEN UNS SOWIESO ALLES NACH
(Vermutlich Karl Valentin)
Vorwort
Der tschechische Langstreckenläufer Emil Zatopek vertrat eine sehr merkwürdige Logik. Als man ihn nach dem Geheimnis seines Erfolgs fragte, gab er zur Antwort: >>Wenn du wirst miede, musst du laufen schneeeller ...<< Eine ähnliche Logik verfolgen Bildungspolitiker: Wenn die Lehrerinnen und Lehrer die Schüler individuell fördern sollen, sich individuell um jeden einzelnen Schüler kümmern sollen, dann muss man ihnen mehr Stunden des Unterrichtens somit mehr Schülerinnen und Schüler geben.
`Willst du ferdern individuell, brauchst du mehr Schiieler ...`
Als man nach dem Pisa-Test feststellte, dass in Finnland die individuelle Förderung zum Erfolg geführt hat, machte ein Schlagwort unter Bildungspolitikern die Runde, nämlich das der individuellen Förderung. Dieses bedeutet in Finnland, dass schwache Schüler aus dem Klassenverband herausgenommen werden und von Pädagogen individuell wieder an den Stoff herangeführt werden. In Deutschland soll das jeder Lehrer im Klassenzimmer alleine machen. Hat man in einem Klassenraum 30 Schülerinnen und Schüler, in den meisten Fällen sind es mehr, hat man in 45 Minuten exakt 90 Sekunden für jeden einzelnen Schüler, abzurechnen sind die Minuten der Begrüßung, der Hausaufgabenkontrolle, der Reinigung des Klassenzimmers, der Eintragungen ins Klassenbuch, der disziplinarischen Maßnahmen, etc., etc., somit verbleiben nicht mehr als eine Minute für jeden Schüler.
Will man finnische Verhältnisse kopieren, nichts dagegen, ich begrüße das, sollte man dieses auch mit allen Konsequenzen tun.
In Finnland stehen ein Lehrer und ein Assistent vor einer Klasse mit maximal 20 sehr disziplinierten Schülern in modernen Schulen, in ruhiger Atmosphäre. Schüler und Lehrer essen zusammen in ruhigen, sauberen Mensen. In Berlin kann nur alleine die Pausenaufsicht in der Mensa zu einer Art Albtraum werden, denn jeder Lehrer, jede Lehrerin kennt das Geschrei in der völlig überfüllten Mensa, wenn es denn überhaupt eine gibt, die Drängelei, die Pöbelei einzelner Schüler, das Herumwerfen mit Gegenständen, oft stehen Schüler fünfzehn Minuten an, bis sie ihr Essen haben, um es dann in wenigen Minuten zu verschlingen.
Um die finnischen Verhältnisse in Deutschland herzustellen, hat man den Lehrern, jedenfalls denen in Berlin, erst einmal mehr Stunden aufgebürdet, statt dreiundzwanzig eben jetzt sechsundzwanzig. Der damalige Schulsenator dazu: >>Ich weiß, es ist pädagogisch falsch, aber es geht nicht anders.<< Aha, wieder Sachzwänge waren Schuld an der Misere, die angeführt wurden.
Es ärgert mich persönlich, wenn man im deutschen Fernsehen den Unterschied zwischen den finnischen und den deutschen Verhältnissen mit der Behauptung erklären will, die Lehrer seien eben besser, die Einstellung der finnischen Studenten zu ihrem späteren Beruf sei besser. Zum Beweis dafür, dass die finnischen Lehrer besser seien als die Deutschen, befragte ein Reporterteam drei finnische Junglehrer, die gerade ihre Examina abgelegt hatten. Alle gaben an, ihren Beruf nicht als Job, sondern als Berufung zu sehen – toll! Jeder deutsche Junglehrer würde eine ähnliche Antwort geben, aber die fragt man nicht. Leider ist es so, dass die meisten Junglehrer in Deutschland erst einmal mehrere Jahre warten müssen, bis sie nach ihren Examina eine Stelle als Lehrer bekommen, dadurch kommen nur etwa 50% der Lehrer letztendlich in der Schule an, die anderen haben sich anderweitig etabliert. Viele kommen auch deshalb nicht in der Schule an, weil sie einen Schock während des Referendariats bekommen, wegen undisziplinierter Schüler, wegen schlechter Schulleitungen, wegen Pöbeleien vieler Eltern, die für Lehrer ohnehin nur Verachtung übrig haben.
Es geht in dem vorliegenden Buch nicht darum, Schülerinnen und Schüler zu kritisieren, sondern darum, ein Phänomen aufzuzeigen, das sich über Jahrzehnte entwickelt und eingeschlichen hat, nämlich das des Desinteresses vieler Eltern, ihre Kinder zu erziehen, die Erziehung ihrer Kinder der Schule zu überlassen, die sie als Dienstleistungsbetrieb ansehen. Lehrer werden von vielen Eltern nicht als Partner in Sachen Erziehung ihrer Kinder unterstützt, sondern als Gegner, gegen die man sich durchsetzen muss. Eltern fragen sich nicht mehr: Was habe ich falsch gemacht, sondern pöbeln lieber die Lehrer an, in vielen Fällen klagen Eltern lieber vor dem Gericht gegen Lehrer, statt sich um die Erziehung ihrer Kinder zu kümmern.
Wir haben in Deutschland einen Erziehungsnotstand!
Zwischen Schülern und Lehrern gibt es Machtspiele. Wenn Schüler merken, dass der Lehrer angeschlagen ist, werden sie aggressiv, meistens mit Unterstützung der Eltern.
Lehrer befinden sich in einem Spannungsfeld, in dem sie sich nur schwer oder gar nicht zurechtfinden können. Die Eltern verlangen mit Recht den versierten Lehrer, der auf ihre Kinder mit pädagogischem Geschick und Einfühlung eingeht, bei dem ihre Kinder möglichst viel lernen, der jederzeit für sie ansprechbar ist. Die meisten Schüler wollen den „coolen Typ“, mit dem sie Spaß haben. Die Schulleitungen und Schulräte wollen den korrekt arbeitenden pünktlichen Lehrer, der immer in jeder Sekunde und Situation blitzschnell die richtige Aussage trifft, egal, ob Sechstklässler oder Abiturient, den richtigen Tonfall findet, auf jede Kinderpsyche genau eingeht, diese eben auch ganz genau kennt, obwohl er es auch nicht gelernt hat, der nichts vergisst, nichts persönlich nimmt, auch wenn er beleidigt oder sogar angespuckt wird, er soll eine starke Lehrerpersönlichkeit sein mit einer stabilen Psyche, er soll gerecht sein, wobei die Schüler und deren Eltern darüber entscheiden sollen, ob sie gerecht behandelt worden sind oder nicht, und er soll jederzeit in jeder Klasse einsetzbar sein und, was ganz wichtig ist, er soll begeistert sein und begeistern! Das passt sehr oft nicht zusammen. Dass er das Schulrecht immer im Kopf haben soll und muss, versteht sich von selbst, obwohl sich dieses ständig ändert, ohne dass Lehrer darüber hinreichend informiert werden.
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