„ Jaaa? Ach hallo, ich bin gerade Penny Discount, machstn heute Abend...?“ Ist das wichtig oder sogar sehr wichtig?
Als wir uns endlich gegenübersaßen, sie hatte den Autoschlüssel und das Handy vor sich auf den Tisch gelegt, sagte sie: >>Er lügt mich an und er macht nicht, was man ihm sagt, sagen sie mir doch, was ich tun soll, ich bin beruflich so eingespannt ... , etc. etc. .<<
Mit der Erkenntnis, wo die Ursachen zu suchen sind, nämlich bei der Mutter und nicht bei dem Jungen, hoffte ich, Einfluss auf die Mutter nehmen zu können, ihr klarmachen zu können, dass sie ihrem Sohn sehr viel mehr Aufmerksamkeit schenken sollte, sich schlicht mehr um ihren pubertierenden Sohn kümmern sollte. Mein Bemühen war erfolglos, sie schien mir gar nicht zuzuhören.
Nach dem Gespräch mit der Mutter verstand ich die Worte des Klassenlehrers, denn es hatte schon viele solcher Gespräche wegen dieses Schülers gegeben, und auch ich hatte bei dem Gespräch mit der Mutter den Eindruck, dass ich mich mit einer Person über einen uns beiden fremden Jungen unterhalte, so wie man sich über den Sohn des Nachbarn unterhält.
Dieser Schüler wurde schon in der siebten Klasse allein gelassen. An der Schule geistert noch heute die Geschichte herum, Kollegen seien mit der Klasse einmal verreist gewesen und man hätte allen Schülern genau das Territorium abgesteckt, das sie nicht verlassen sollten. Eines Morgens war dieser Junge verschwunden, alle hätten nach ihm gesucht. Als er etwa eine Stunde später wieder im Ferienlager erschien, hatte er eine Plastiktüte in der Hand und war ganz erstaunt darüber, dass alle so einen Wirbel wegen seines Verschwindens machten, er hätte doch nur im Nachbardorf Bier geholt.
Die Leistungen dieses Schülers waren nicht nur im Fach Mathematik ohne Wenn und Aber glatt sechs, also ungenügend, obwohl er sicher recht intelligent war.
Wenige Minuten nachdem ich in dieser Klasse die Aufgabenblätter der zweiten Klassenarbeit verteilt hatte, spürte ich schon an der Reaktion dieses Jungen, dass er für die Arbeit nicht gelernt hatte, denn er rutschte auf seinem Stuhl hin und her und guckte immer auf das Blatt seines Nachbarn, vielleicht, weil er glaubte, der hätte andere Aufgaben, wendete das Blatt ein ums andere Mal von der Vorder- auf die Rückseite, obwohl diese nicht beschrieben war und zurück. Plötzlich sagte er sehr laut und deutlich in die Klasse hinein: >>Hey, Leute, lasst uns doch alle einfach verweigern und ein leeres Blatt abgeben, dagegen kann der doch gar nichts machen, der kann uns doch nicht allen eine Sechs geben, das, was der hier verlangt, haben wir doch gar nicht geübt!<<
Die Klasse wurde wegen dieser Bemerkung immer unruhiger, die ersten Schüler forderten lautstark Ruhe ein. Da es in der Klasse immer grummeliger wurde, bekam ich ein flaues Gefühl in der Magengegend, denn schon bei der ersten Klassenarbeit gab es Probleme, weil eine Hornisse in den Klassenraum geflogen war, alle Mädchen kreischend und verängstigt an der Wand standen und die Jungs cool schmunzelten und weiterschrieben. Bis die Hornisse endlich aus dem Raum war, waren sechs der fünfundvierzig Minuten um, die vielleicht später fehlten.
Ich habe als Lehrer dafür zu sorgen, dass es in der Klasse während einer Klassenarbeit eine Prüfungsatmosphäre gibt, übrigens auch eine sehr theoretische Forderung an die Lehrer, denn wenn es diese Arbeitsatmosphäre nicht gibt, kann der Lehrer nur mit Ermahnungen versuchen, etwas dagegen zu tun. Handelt es sich um einen Schüler, der die Arbeitsatmosphäre stört, kann man ihm die Arbeit wegnehmen, nur wer glaubt denn, dass er dann ruhig ist? Ermahnt man die Schüler, sie mögen ruhig sein und die Aufgaben rechnen, dauert es trotzdem eine Weile, bis dann Ruhe einkehrt, sollte die Arbeit dann katastrophal schlecht ausfallen, sagen die Schüler, sie hätten ja auch erst zehn Minuten später Ruhe gehabt, deshalb hätte die Zeit nicht gereicht, deshalb wird man die Arbeit noch einmal schreiben lassen müssen. Schickt man den Störenfried aus dem Raum, nachdem man ihm die Arbeit abgenommen hat, vernachlässigt man die Aufsichtspflicht. Viele Schulleiter geben auch die Order an die Lehrer oder Lehrerinnen heraus, dass Schüler, die eine Klassenarbeit frühzeitig abgeben, den Raum nicht vor dem offiziellen Ende der Arbeit verlassen dürfen. Ich verwarnte ihn und sagte, dass diese Aufforderung zum Boykott der Arbeit ein Nachspiel haben wird.
Natürlich ist das ein Extremfall, obwohl gerichtliche Auseinandersetzungen, von Eltern angestrebt, mit ähnlicher Problematik viel häufiger vorkommen als manch einer glaubt.
Um diese Androhung nicht einfach im Sande verlaufen zu lassen, bat ich die Kolleginnen und Kollegen, die auch in der Klasse unterrichteten, um eine Klassenkonferenz, was diese allerdings ablehnten, denn laut Aussage der Schulleitung wäre dieses der zweite Schritt, erst müsste ich einen Tadel schreiben. Da ich sicher war, dass es sich dabei um die vielleicht zehnte Maßnahme gegen diesen Schüler handelte und nicht um die erste, vermutete ich, dass die Kollegen eine Klassenkonferenz deshalb ablehnten, weil dieses bedeutet hätte, dass der Freitag Nachmittag bis in die Abendstunden verloren gewesen wäre, denn dazu müssen die Eltern eingeladen werden, und weil es zudem sicherlich wenig bis nichts bewirkt hätte.
Am selben Tag schrieb ich einen Tadel, den ich ihm zur Unterschrift der Mutter mitgab. Nach acht Tagen lag die Unterschrift immer noch nicht vor, deshalb rief ich bei ihm zu hause an und fragte, ob der Sohn den Tadel vorgelegt hätte. Am nächsten Tag gab mir dieser Schüler den unterschriebenen Tadel, jedoch stand auf der Rückseite des Blattes die Bemerkung der Mutter, dass ihr Sohn „den Tadel sehr wohl vorgelegt“ hätte, und dass es aus ihrer Sicht dringenden Gesprächsbedarf zwischen ihr, dem Schulleiter und mir gäbe, sie wolle so bald wie möglich einen Brief an den Schulleiter abschicken, was jedoch niemals geschehen ist, auch fand dieses Gespräch nie statt, allerdings gedroht hat sie mir damit allemal, wohl wissend, dass bei einem Gespräch mit dem Schulleiter etwas an mir hängen bleiben würde, belastet hat es mich über mehrere Wochen sehr, denn ich wusste nicht, was genau auf mich zukommt und wie der Schulleiter reagieren wird oder was diese Mutter an Behauptungen über mich aufstellen wird.
So ist es meistens, in einem ersten Gespräch mit den Eltern zeigen diese Einsicht, geben sogar oft dem Lehrer Recht, spätestens nach dem dritten Gespräch geben sie dem Lehrer die Schuld an der Auseinandersetzung, und meinen damit, ihren Sohn oder ihre Tochter zu verteidigen, obwohl sie selber versagt haben.
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