1 ...7 8 9 11 12 13 ...16 So saßen sie noch ein paar gemütliche Stunden beieinander, beratschlagten sich und schmiedeten Pläne für die Zukunft. Peter fühlte sich wohl im Kreis seiner Freunde wie schon lange nicht mehr. Gloria hatte vor Peter am nächsten Tag zu begleiten, wenn er Tina besuchen wollte. Da Gloria Tinas Geschmack am besten kannte, sofern der noch derselbe war, hatten sie vor im Anschluss an den Besuch bei Tina noch einige wichtige Dinge, wie Geschirr, Bettwäsche und andere notwendigen Gebrauchsgegenstände für ihr „neues Zuhause“ zu besorgen.
Peter verabschiedete sich und machte mit Gloria einen Termin für den Vormittag des nächsten Tages aus. Er hatte vor sie abzuholen, um dann direkt gemeinsam zu Tina fahren.
In dieser Nacht schlief er wie ein Bär im Winterschlaf. Er wurde nicht ein einziges Mal wach, hatte keine schlechten Träume und war am nächsten Morgen ausgeruht wie selten. Voller Tatendrang machte er sich ans Werk. Nach Dusche und Frühstück begann er die Zimmer nach persönlichen Dingen abzusuchen. Im Wohnzimmer hingen einige Bilder aus vergangenen Zeiten, die er aussortierte. Manche davon konnte er durchaus im Gästehaus unterbringen. Unter anderem war da das Hochzeitsfoto von vor zehn Jahren. Ihr erster und einziger Urlaub war auch auf einem der Bilder festgehalten. Die wenigen Bilder, die in den letzten paar Jahren gemacht worden waren legte er auf die Seite. Zu verräterisch hätten sie, aufgrund der Kleidung, die sie darauf trugen, auf Tina gewirkt. Diese wollte er sicher im Tresor verstauen. Wichtige Papiere wie Versicherungsverträge, Rechnungen, Besitzurkunden und dergleichen hatte er dort schon längst. Sie konnten ihm nicht zum Verhängnis werden. Von draußen drang das Geräusch eines LKWs durch die offene Terrassentür. Peter ging hinaus. Der Containerdienst brachte seine Lieferung. Zwei Container, wie bestellt. Peter delegierte den Fahrer und zeigte ihm, wo er die beiden Abfallbehälter abstellen sollte. Mit einem Trinkgeld verabschiedete er sich. Ausgemacht wurde eine Abholung für die nächste Woche. Es gab also viel zu tun. Damit wollte er auch schon mittags beginnen.
Heute Vormittag allerdings hatte er noch den Termin mit Gloria. Er machte sich auf den Weg zum Haus seiner Freunde, wo Gloria schon auf ihn wartete. Fröhlich kam sie ihm entgegen. Nach ihrer gewohnt innigen Begrüßung sprang sie in sein Auto. Heute hatte er nicht sein Cabrio dabei, sondern fuhr mit einem der kleineren Firmentransporter. Schließlich hatte Gloria größere Einkäufe angekündigt. Er wusste was das bedeutete. Mit einem kleinen Kofferraum würde er da nicht sehr weit kommen. Doch zunächst machten sie sich auf den Weg zu Tina.
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Tina hatte nicht sehr gut geschlafen, in der ersten Nacht, in der neuen Umgebung. Eigentlich war ja absolut alles für sie neu. So viele Eindrücke. Das alles war ein bisschen viel auf einmal. Sie hatte am Vortag noch ihre Kleidung, mit Hilfe der Schwester, in den Schrank ihres Einzelzimmers geräumt und es sich auf ihrem Bett bequem gemacht, nachdem sie alleine war. Peter hatte ihr eines ihrer Bücher eingepackt, von dem sie nicht wusste ob sie es schon gelesen hatte. Allerdings war das ja auch in Ihrem Fall egal. Sie begann darin zu lesen und ermüdete darüber so sehr, dass sie beinahe einschlief. Erschrocken blickte sie auf die Uhr. Doch es war gerade die richtige Zeit, um nach unten in den Speisesaal zu gehen. Die Klinik hatte ihr einen Rollator zur Verfügung gestellt. Die Schwester meinte zwar, dass sie nach ihr rufen könne wenn sie nach unten gehen wolle oder etwas anderes benötige, aber Tina wollte es unbedingt alleine schaffen. Mit dieser Gehhilfe würde sie es sicherlich auch schaffen. Sie hatte ja jede Menge Zeit hier. Langsam stand sie auf und stützte sich auf die Griffe des Rollators. Na bitte, geht doch, dachte sie. Auf dem Flur ging sie vorbei an dem Lift. Glücklicherweise lag ihr Zimmer im Erdgeschoss. Aus irgendeinem unerklärlichen Grund war ihr das Gefühl zuwider, alleine in einem solchen Fahrstuhl sein zu müssen. Schon kurz danach erreichte sie den Speisesaal und wurde dort freundlich von einer Angestellten der Klinik empfangen. Nach einer kurzen Einweisung, nahm sie Platz an einem der kleinen Tische und fürs Erste brachte ihr jemand das Essen an den Tisch. Für morgen nahm sie sich allerdings vor das selbst zu tun. Irgendwie würde sie das mit der Laufhilfe schon hinkriegen.
Und nun war der nächste Tag. Das gleiche Spiel von neuem. Sie machte sich für den Tag zurecht. Es ging alles etwas langsam, aber sie schaffte es alleine. Nachdem sie sich angezogen hatte, machte sie sich mit ihrem neuen "Freund", dem Rollator, auf den Weg zum Speisesaal. Anschließend hatte sie gleich eine ihrer ersten Anwendungen. Krankengymnastik mit Hilfe einer Physiotherapeutin im hauseigenen Hallenbad. Die Badebekleidung wurde von der Klinik gestellt, da Peter an so etwas nicht gedacht hatte, beim Packen ihrer sieben Sachen. Es machte ihr Spaß. Offensichtlich fühlte sie sich im Wasser sehr wohl. Leicht erschöpft machte sie sich danach auf den Weg zurück zu ihrem Zimmer. Kurz darauf klopfte es an ihrer Zimmertür. "Herein", rief sie laut. Die Tür ging auf und Peter kam herein, gefolgt von einer südländischen Schönheit. Braungebrannt, Top-Figur, lange braune, leicht gewellte Haare. In Tina brannte es. Eifersucht stieg in ihr hoch. Wer war diese Frau? Was hatte sie mit "Ihrem" Mann zu tun? Doch die Frau lachte sie mit offenem Mund an und kam förmlich auf sie zu gestürmt. "Tina", rief sie dabei und fiel ihr regelrecht um den Hals, so dass Tina beinahe rückwärts auf ihr Bett geplumpst wäre. Peter war von diesem Temperament Glorias total überrascht. Er konnte gerade noch reagieren, bevor Gloria seine Frau umrannte, hob beide Frauen und brachte sie einigermaßen zurück ins Gleichgewicht. "Tut mir leid", sagte Gloria mit einem leicht betretenen Lächeln im Gesicht. "Ich freue mich nur so, dass du wieder bei uns bist! Ich hab gar nicht daran gedacht, dass du noch nicht so gut zu Fuß bist." Tina hatte ein großes Fragezeichen im Gesicht, aber irgendwie mochte sie diese stürmische, gutaussehende Frau. "Ich bin Gloria. Deine Freundin. Ich weiß du kannst dich nicht erinnern, aber ich kann einfach nicht anders. Ich muss dich einfach drücken...." Die Frau hörte gar nicht auf zu reden. Tina musste laut auflachen und das Eis war gebrochen. Peter kam gar nicht zu Wort, aber er freute sich wie einfach sich das Wiedersehen der beiden gestaltete dank Glorias Art. Tina sagte einfach nur "Hallo Gloria. Du hast recht ich kenne dich nicht. Aber das kann sich ja jetzt ändern. Lasst uns doch einfach in den Garten gehen. Dort können wir uns einen Kaffee vom Kiosk holen und uns unterhalten." Gesagt getan. Die drei gingen in den Garten. Langsam lief Tina mit ihrem Rollator voran. Peter wollte ihr zwar helfen, aber so sehr sie sich seine körperliche Nähe gewünscht hätte, so sehr wollte sie ihm doch zeigen und beweisen, dass sie es auch alleine konnte. Sie saßen etwa eine Stunde und redeten und redeten. Vor allem Gloria. Tina fand es herrlich so ungezwungen mit einem Menschen von "damals" umgehen zu können. Peter schaute dem ganzen Treiben die meiste Zeit nur zu. Er holte Kaffee für alle drei, und nach einer Weile Nachschub. Als es Zeit war zu gehen, da Tina weitere Anwendungen hatte, verabschiedeten sie sich. Gloria wieder stürmisch wie zu Beginn ihres Wiedersehens, und Peter hob Tina sanft am Arm. Er gab ihr einen Kuss auf die Wange und streichelte ihr über die Haare.
Sie blickte den Beiden nach. Bald würde sie so mit Peter die Klinik verlassen. Auf dem Weg in ihr Leben zu zweit. Sie freute sich schon darauf, hatte aber auch Angst vor ihrem unbekannten Leben.
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Peter verbrachte die nächsten paar Tage damit das Gästehaus in ein gemütliches, neues Heim für sie beide zu verwandeln. Der Bauunternehmer hatte Wort gehalten. Das Bad war zwar klein aber modern eingerichtet. Mit seinen neuen großen Fliesen, in neutralem "Atlantik-Weiß" wirkte es größer als es eigentlich war. Die Zimmer waren alle neu renoviert und möbliert. Vor dem Haus standen keine Container mehr und nichts wies mehr darauf hin, dass hier noch vor kurzem eine größere Umbauaktion stattgefunden hatte. Dank Glorias Geschick waren überall Kissen und Decken, dekorative Kerzen, Figuren und andere Kleinigkeiten verteilt, so dass es wirkte, als ob hier schon länger jemand gelebt habe. Die Betten waren frisch bezogen und in den Schränken befand sich jede Menge neuer Bettwäsche, Handtücher und anderer Wäsche für den Alltagsgebrauch.
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