Schlagartig wurde Luca wieder ernst. „Shana ich bin schon weit über 400 Jahre alt und meine Kinder kamen mit der Zeit. Ich hatte viele Frauen und jede einzelne, die ich verehrt habe, habe ich geschwängert! Zwischen dir und Raphael liegen ca. 350 Jahre. Das ist nichts Ungewöhnliches für Dämonen. Wir sind halt nicht an eine bestimmte Lebensspanne gebunden.“ Shana war sprachlos. Wieder einmal. Sie ist selbst auf die Idee gekommen irgendwas Übernatürliches zu sein, aber sie hoffte, dass ihr Vater ihr eine ganz logische Erklärung geben würde, was wirklich passiert war, wer sie war und wie sie zum Teufel das gemacht hatte. Zum Teufel… Ja das passt. Ich bin also ein Feuerteufel…Ein Halbdämon…weder Fisch noch Fleisch…Oder eher weder Dämon noch Mensch… Das letzte Wort hallte noch in ihr, als ihr Vater begann, weiter zu sprechen. „Shana! Du musst lernen deine Kräfte zu kontrollieren, das ist sehr wichtig, hörst du?! Deshalb sind wir hierhergezogen. Auf Sodom Leben unzählige Dämonen, Engel, Feen und was es sonst noch so gibt. Du wirst auf eine Schule gehen, wo du lernst mit deinen Kräften umzugehen.“
„Und wir werden dir natürlich auch helfen!“ Vertraut legte Ethan seinen Arm um sie. „Wenn du willst gebe ich dir auch Einzelunterricht! Versprochen! Nur wir zwei…Wenn du willst können wir direkt mit dem Unterricht beginnen!“ „Ähm, danke Ethan! Das ist sehr nett von dir aber das Ganze ist genug für heute. Ich glaube ich muss das erstmal verdauen. Am besten lege ich mich noch was hin.“ Nur Luca bemerkte ihr gespieltes Lächeln. Verständnisvoll war ihr Vater schon immer gewesen, was oft einiges erleichterte. Das ist er aber auch nur, weil man mit ihm genauso verständnisvoll sein muss! „Tu das meine Süße. Wir sind schließlich auch noch morgen da.“ „Okay dann zeige ich dir dein Zimmer.“ Wieder suchte er die Berührung, allerdings zog sie dieses Mal schnell weg. „Danke für das Angebot aber ich finde mein Zimmer bestimmt auch alleine. Gute Nacht zusammen.“ „Bist du dir sicher? Ich meine das Haus ist ziemlich groß und ist ganz schön verwinkelt. Du könntest dich ernsthaft verlaufen. Ich…“ „Ethan!!“ Polterten die anderen los. „Gute Nacht!“ Hilflos verließ Shana schnellen Schrittes den Salon. Als Shana wieder auf dem Weg in ihr Zimmer war, merkte sie wie sie mit jedem Schritt schneller wurde. Ehe sie sich versah, war sie am Rennen als ob der Teufel höchstpersönlich hinter ihr her war. Endlich an ihrem Zimmer angekommen verschloss sie sofort die Zimmertüre und starrte ungläubig aus dem Fenster.
Mein Vater ist ein Dämon… Meine Geschwister… Alle Dämonen… und ich?? Ich auch! Panik kam in ihr auf und Shana scheiterte bei dem Versuch, sich selbst zu beruhigen. Sie ging nervös in ihrem Zimmer auf und ab, in der Hoffnung dadurch eine logische Erklärung zu finden. Dein Vater hat dich bloß verarscht. Das sind nicht alles seine Kinder. Bestimmt sind auch einige seine Brüder, von denen er mir nur noch nie etwas erzählt hat. Ja, das muss es sein! Es sind meine Onkel! Und keiner ist ein Dämon oder irgendetwas Übernatürliches! Sowas gibt es nicht. Ja genauso ist es! Es gibt sowas nicht! Hexen, Dämonen und all dieser Hokus Pokus ist nichts als Aberglaube. Gratuliere Shana! Dein Vater hat dir einen Bären auf die Nase gebunden und du schluckst auch noch alles was er sagt! Shana begann sich langsam wieder zu beruhigen, als eine leise aber deutliche Stimme ihr wiedersprach. Das stimmt nicht, Shana. Du bist was du bist. Da kannst du nichts dran ändern. DAS ist deine Familie und du bist ein Teil davon… Dein Vater und deine Brüder SIND Dämonen und es ist gut so… Du bist was du bist, Shana. Gestehe es dir ein. „Das ist gut so?!?!“ Die Grenzen zwischen Offensichtlichem verschwammen immer mehr. „Was ist bitte gut daran, dass ich und meine Riesen Familie nicht normal sind?!?!“ Sie hoffte die Stimme endgültig verbannt zu haben, doch dann hörte sie sie wieder. Wer ist denn heutzutage noch normal? 1:0 für die fremde Stimme.
Shana wusste gar nichts mehr. Sie war nun endgültig verwirrt. Zudem fühlte sie sich so hilflos, da sie nicht wusste was sie tun, denken oder fühlen sollte. Es war ihr einfach alles zu viel. Daher beschloss sie nicht mehr daran zu denken und etwas zu schlafen. Morgen ist alles besser! Alles erscheint dann in einem anderen Licht. Dieser Spruch sagte ihre Mutter immer zu ihr, wenn sie mal wieder aufs übelste gemobbt wurde. Sonst hatten diese Worte eine befreiende Wirkung auf sie, doch nicht heute. Ihr Kopf zerplatzte fast und sie fühlte sich so einsam in dieser Nacht wie schon lange nicht mehr. Um ihre Einsamkeit nicht noch größer werden zu lassen, beschloss sie, wenigstens etwas Schlaf in dieser Nacht zu bekommen. Sie legte sich in ihr schwarzes Kastenbett und schloss die Augen.
Am nächsten Morgen wollte Shana ihr Zimmer nicht verlassen. Die anfängliche Panik war zersplittert in Tausend und aber Tausend Fragen, die nun ihren Kopf von innen zukleisterten. Doch sie wollte nicht reden. Weder mit ihrem Vater, noch mit sonst wem. Sie musste das alles erst mal verdauen und das ging am besten allein. Den ganzen Tag über hatte sie zu jeder Frage in ihrem Kopf mindestens drei Theorien aufgestellt und diese gleich nach der möglichen Lösung wieder verworfen. Zwischendurch kam Alfons und brachte ihr etwas zu trinken oder kleinere Naschereien. Es ist wie es ist. Und ich bin wer ich bin… Ändern kann ich es nicht. Das war das Einzige, dass Shana wirklich logisch fand. Es war schon später Nachmittag, als es plötzlich an ihrer Türe klopfte. „Hallo Shana, bist du da? Ich bin´s Conlin. Ich wollte etwas spazieren gehen und da wollte ich fragen, ob du nicht Lust hast mich zu begleiten. Es ist wirklich herrlich draußen.“ Angst und Neugier rangen um ihre Entscheidung. Conlin hatte recht, durch das Fenster sah sie die ersten Sonnenstrahlen des Jahres, aber wollte sie dafür ihren Rückzugspunkt aufgeben? War sie bereit sich neuen Fragen zu stellen? Auf einmal ertappte sich Shana, wie sie lächelte. Sie zog sich schnell wärmere Sachen an und öffnete Conlin die Türe. „Liebend gern. Zeigst du mir die Gegend?“ Conlin lächelte sie sanftmütig an und versprühte erneut das Gefühl der Wärme. „Wenn du das möchtest!“ Als Shana ihre Türe zu zog beruhigte sich ihr Chaos langsam wieder. Ja, dachte sie. Du bist nicht allein. Und das ist das Wichtigste! Conlin zeigte ihr wie versprochen die Gegend. Zu Beginn redeten sie nicht viel doch irgendwann sprudelte es nur so aus Shana heraus und Conlin, hörte ihr zu und beantwortete gerne ihre Fragen, egal wie sinnlos sie waren. Als sie das Sarez Anwesen wieder betraten, war Shana erleichtert. Es war immer noch alles neu, doch sie wusste, dass sie mit ihren Problemen nicht alleine war. Und das war ihr erstmal mehr als genug.
Der Rest des Abends verging wie im Flug. Shana unterhielt sich mit jedem ihrer Brüder. Dabei fand sie heraus, dass Valentin sich um die ganzen Rosen im Garten kümmerte und dass jeder der Kinder in Lucas Unternehmen eine wichtige Position bekleidete. Raphael, Kain und Abel zum Beispiel unterrichteten an der Bellison-Bay-High-School andere übernatürliche Kids den Umgang mit der Magie. Shana hat schon immer davon geträumt Magie benutzen zu können. Und jetzt könnte dieser Traum in Erfüllung gehen! Sie lernte viel über die Hobbys ihrer Brüder. Doch im Gegenzug wurde Shana dann mit Fragen durchlöchert. Wie ihre vorherige Schule so war, Ob sie viele Freundinnen hatte, Ob sie beliebt war, Ob sie schon mal einen Freund hatte, Und - natürlich konnte die Frage nur von Ethan kommen - ob sie schon irgendwelche Erfahrungen mit Männern gemacht hatte. Ethan ist wirklich wie Dad! Shana ertappte sich selbst dabei, wie sie in dem Augenblick anfing zu lächeln. Sie mochte ihre neue Familie und dass Ashley kein Teil davon war, begeisterte sie umso mehr. „Ach übrigens, Papa wo ist eigentlich unser Dummchen?“ Erst war er sich wohl nicht sicher wen sie meinte aber kurz darauf fiel der Groschen. „Wenn du Ashley meinst, sie ist wieder zurück nach Elden gegangen. Anscheinend gefiel es ihr hier nicht allzu gut. Sie regelt ab jetzt dort einige Dinge für mich.“ Gleichgültiger konnte Luca es nicht ausgedrückt haben. „Na, hoffentlich nichts Schweres sonst ist sie noch überfordert!“ sagte Shana höhnisch. „Keine Sorge. Sie hat einen Job, wo sie ihre Stärken voll und ganz ausleben kann.“ Lucas Lachen steckte an. Diese Nachricht war Musik in ihren Ohren und minderte das Gewicht auf ihrer Brust wenigstens zum Teil. Ich bin nicht allein und Ashley weit weit weg! Was kann es schöneres geben?
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