»Na? Wie war ich so als Actor?«, fragte ich Qwertz nach meinen schauspielerischen Qualitäten aus.
»Für einen Oscar reicht es definitiv nicht. Du warst so aufregend wie eine Flasche Galama. Solltest du eine Karriere als Schauspieler in Betracht ziehen, kann ich dir nur davon abraten, da du sonst Gefahr läufst, zu verhungern!«
»Egal! Ich bin gerade durch Silent Blobb gelaufen. Voll witzig!«, bemerkte ich erfreut. Blobb musste mindestens ein leichtes Prickeln gespürt haben. Jedenfalls nahm er die Beine in die Hand und rannte davon. Es hätte schlimmer kommen können, denn bis Silent Blobb jemanden fand, der ihn verstehen konnte, blieb uns jede Menge Zeit.
Qwertz verdrehte die schielenden Augen. Und irgendwie sah er gar nicht mehr wie mein Kater aus. Denn der lief neben ihm. Wir waren plötzlich zu dritt. Qwertz´ wahre Erscheinung sah wirklich nicht sonderlich beeindruckend aus. Er erinnerte mich eher an einen Hippie, weniger an einen Gott, oder eine Entität. Er trug einen dicken Wust Dreadlocks auf dem Kopf, hatte ein fuchsähnliches Gesicht und war von der Statur her eher ziemlich dünn zu nennen.
»Oh, so siehst du also aus. Ich dachte, du würdest Weinreben am Kopf tragen, oder so«, gestand ich enttäuscht.
»Du hängst zu sehr an deinen klischeehaften Vorstellungen. Trägst du etwa einen schwarzen Umhang mit rotem Futter und hängst kopfüber von der Decke? Oder glitzerst du vielleicht im Sonnenlicht?«, konterte er leicht genervt.
»Klar, aber nur, wenn ich die Glitzer-Bodylotion nehme. Wir sollten hier schnellstmöglich rauskommen und zu mir nach Hause gehen. Ich muss ein paar Sachen zusammenpacken, die wir unterwegs dringend benötigen«, schlug ich vor.
»Wieso? Wir könnten von hier direkt zu Kate!«, blockte er.
»Nein, das dauert zu lange. Du kannst dich unbegrenzt lange in dieser Dimension bewegen, ich dagegen nicht. Ich war mal kurz mit Mara in deiner Dimension unterwegs, und es bekam mir absolut nicht. Mein Hirn war anschließend wie eine Schüssel Mus, als wir wieder in der diesseitigen Welt auftauchten. Wir verlassen das Gebäude, gehen zu mir und holen uns meine Ausrüstung. Solange ich genug Zeit für Vorbereitungen habe, hole ich mir mein Zeug. Ich begebe mich nicht völlig unvorbereitet in eine Situation, deren Szenario ich nicht vorhersehen kann. Also zu mir!«, setzte ich mich durch.
Kurz bevor wir mein Haus erreichten, verschmolz Qwertz wieder mit Joey, sodass nur der Kater und ich aus dem Dimensionsriss stiegen.
Irgendetwas schmeckte dem Dämon nicht. »Und wie wollen wir zur abgebrannten Kate kommen?«, fragte er nachdenklich.
»Wo ist denn deiner Meinung nach das Problem? Mit dem Auto natürlich... Ach, verdammt, wenn wir mit dem Auto fahren, müssen wir durch das Tor und werden gesehen. So eine Kacke!«, fluchte ich.
Er überlegte eine Weile und schien etwas abzuwägen. »Gut, welcher Wagen wird es denn voraussichtlich sein?«
Gelassen betätigte ich die Fernbedienung des Garagentors. Es öffnete sich automatisch und gab unseren Fuhrpark frei. »Such dir etwas aus«, grinste ich.
… Es gibt Leute, die sammeln Briefmarken, und ich sammle alles, was mit einem Motor fährt. Da gab es die alte, von mir liebevoll gepflegte Harley Davidson, dann unser Familien-Mobil, den schwarzen Range Rover. Meinen roten Sportwagen, den ich von meinem Sohn Gungnir zum Geburtstag geschenkt bekam, und von dem es nur ein einziges Exemplar gibt, weil er eine Spezialanfertigung ist; und zu guter Letzt, den Princeton-roten Jeep, mit dem ich gerne im Sommer herum düse. Und die Quads mit denen wir das Grundstück unsicher machen, erwähne ich erst gar nicht. Ructus und Agnir sind genauso verrückt auf alles, was einen Motor besitzt.
Qwertz verdrehte die Augen gen Himmel und sprach zu sich selbst. »Hm, mit einer Katze auf dem Motorrad, ist das ein wenig umständlich. Ist eh noch zu frisch draußen«, wägte er ab. »Das gleiche gilt für den Jeep. Der rote Rennwagen ist wirklich viel zu auffällig, da könnten wir auch auf rosa Elefanten reiten. Da bleibt also nur der Range Rover. Okay, den nehmen wir!«, sagte er und sprang auf etwas, das sich unter einem der Autos bewegte. Dann kaute er genüsslich darauf herum, was ein widerlich knusperndes Geräusch verursachte.
»Urghhh! Auf was kaust du da eigentlich so knuspernd herum?«, fragte ich angewidert.
»Huch, igittigittigitt! Das war eine Maus! Das ist mir jetzt wirklich peinlich. Ach, Entschuldigung, aber das wollte Joey so! Sein Körper ist hungrig.«
»Das ist ekelhaft! Wir sollten für unterwegs ein bisschen Trockenfutter und Wasser mitnehmen. Okay, der Range Rover ist auch meine Wahl. Du führst doch etwas im Schilde? Sag mir, was du vor hast«, wollte ich wissen. »Das kannst du mir erklären, während ich meine Sachen hole!«
Während ich meinen Agentenkoffer, samt meinem nicht registrierten Handy, dem Laptop und eine nicht gerade kleine Menge Bargeld und Bluttabletten zusammensuchte, erzählte mir Qwertz von seinem Plan, wie wir das Grundstück samt Sport Utility Vehicle ungesehen verlassen konnten, ohne das Tor zu passieren. Sein Vorschlag, den er machte, gefiel mir außerordentlich gut.
*
Alarmiert randalierte Silent Blobb vor der Tür seines Freundes und Arbeitskollegen Dracon, indem er sowohl klingelte als auch klopfte und außerdem aufgeregt vor sich hin blubberte. Dracon schlurfte verschlafen zur Tür. Zum Glück ruhte er neuerdings unter einer fulminanten Infrarotlampe. Ansonsten hätte Blobb so lange warten müssen, bis Dracon seine Betriebstemperatur erreichte und nicht mehr zu steif und träge war, um aufzustehen. Falls jemand nach dem Grund fragen sollte: Dracon ist ein Halbdrache und gehört somit zur Gattung der Reptilien, deren Stoffwechsel man allgemein auch als wechselwarm oder poikilotherm bezeichnet. Genervt öffnete der Drachenmensch die Tür: »`errgott! Blobb!«, französelte er gereizt. »Wir ´aben endlisch ein paar freie Tage, wo es doch mal möglisch sein sollte, auszuschlafen. Dennoch stehst du am frühen Morgen vor meiner Tür und machst einen `eidenlärm!«, reklamierte er angepisst. »Isch `offe doch für disch, dass du einen mehr als triftigen Grund `ast, mir das zu dieser unchristlischen Zeit anzutun!« Der Drachenmann ließ Blobb eintreten und begann, eine Baguettestange in der Mitte aufzuschneiden, sie mit Butter zu bestreichen, Schinken und Tomaten draufzulegen, um abschließend üppigen Gebrauch von Salat und Käse zu machen.
Silent Blobb gab eine Reihe von Blubber-Geräuschen von sich. Da Frau Anatomie ihn ohne eigentliches Sprachorgan erschaffen hatte, musste er blubbern. Dracon war einer der wenigen, die verstanden, was Blobb so im Allgemeinen von sich gab.
»Ja, von mir aus, lass du disch das nächste Mal selbst `erein!«, knurrte der Halbdrache.
Für Silent Blobb gab es in dieser Hinsicht keinerlei Probleme. Weil er eine Lebensform mit hyperelastischer Struktur ist, kann er sich ohne weitere Probleme durch den kleinsten Spalt quetschen. Nicht umsonst hatte er quasi den Ruf, »der Schlüsselmeister« des Teams zu sein.
»Also, was ist los?«, fragte Dracon, setze sich an den Frühstückstisch, spie Feuer auf sein phänomenales Schinkenbaguette und verspeiste die verkohlten Überreste genüsslich.
Sein Kumpel erläuterte, was sich zuvor ereignete. Dies unterstrich er mit vielen pantomimischen Bewegungen und dementsprechenden Blubber-Lauten.
»Bist du dir sischer? Er wurde von seinem eigenen Kater attackiert? Ach so, wegen Joeys Blumenkohlohr. Und dann wurde Ragnor in die Dämonendimension gezerrt? Aber warum kommst du damit zu mir? Wieso gehst du nischt zum Sischer´eitsdienst?«, fragte Dracon nachdenklich.
Wieder blubberte Silent Blobb unter Einsatz von Hand und Fuß. Wer ihn so beobachtete, konnte gut verstehen warum so mancher Mensch unter einer Coulrophobia l itt , der Angst vor Pantomimen. Doch Silent Blobbs Anblick ist ebenso wenig für Leute geeignet , die eine Blennophobia haben, d ie irrationale Angst vor Schleim und zähflüssigem Material.
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