Wann wird der Ferrari wieder ein unumstrittenes Sieger-Auto sein?
Ich denke, dass wir uns seit Barcelona in einem Aufwärtstrend befinden. Vorher waren wir nicht konkurrenzfähig. Jetzt hoffe ich, dass wir im Qualifying regelmäßig unter den ersten zehn sind und im Rennen am Ende unter den ersten fünf oder sechs. Ab dem Grand Prix von England in Silverstone Anfang Juli sollten wir regelmäßig in der Lage sein, auf das Podium zu fahren. Das hoffe ich zumindest.
Sie sprechen einmal pro Woche mit Konzern-Chef Luca di Montezemolo. Was will er von Ihnen wissen?
Er ist ein sehr motivierender Mensch. Er ist eine große Unterstützung mit seinem uneingeschränkten Interesse, aber auch mit seinem klar erklärten Ziel, dass Ferrari Grands Prix gewinnen muss. Er fragt alles ab: die Entwicklung seit dem letzten Rennen, meinen Eindruck vom Auto, meine Einschätzung für das nächste Rennen. Er versteht eine Menge von der Technik der Autos und der Formel 1 insgesamt. Es gibt eine enge Verbindung zwischen ihm und den Technikern zu Hause in der Fabrik. Ich bin als Fahrer ein Teil dieser Kette.
Lautet seine wichtigste Frage: Wann werden wir wieder gewinnen?
Ja. Er hat eine große Leidenschaft für Höchstleistungen. Er ist sehr ambitioniert, doch es gibt noch mehr Gründe, warum wir ihn brauchen.
Welche?
In Sachen Motivation, Kreativität und für den Aufbau einer gut funktionierenden Organisation sind wir bei ihm sehr gut aufgehoben.
Sie fahren jetzt schon mehr als zehn Jahre in der Formel 1. Empfinden Sie manchmal Müdigkeit?
Ja, und zwar nicht nur nach einem Rennen.
Wann noch?
Die Formel 1 ist ein sehr anstrengender Sport. Ich, wir Fahrer insgesamt, sind keine Roboter. Aber wir führen das Leben eines Roboters. Man erlebt praktisch jeden Tag dieselben Abläufe. Ich muss mich wie ein olympischer Athlet auf meine Arbeit vorbereiten und mein ganzes Leben komplett danach ausrichten. Es ist wie eine Art Triathlon. Sport, Simulator, Ernährung in sich immer wiederholenden Abläufen. Dazu kommen Woche für Woche Verpflichtungen mit den Geldgebern, den Fans, der Presse. Mein Leben besteht zu 95 Prozent aus der Formel 1. Selbst wenn ich esse, esse ich das, was mein Arzt mir vorschreibt.
Mögen Sie ein solches Leben?
Es ist im Prinzip okay. Eine Woche ist das lustig, zwei Wochen lang ist es auch noch okay, sogar ein oder zwei Monate. Aber nach sechs Monaten am Stück, erst recht nach ein paar Jahren, fühlt man sich gestresst. Das geht Gott sei Dank vorbei, und am nächsten Tag fühlst du dich wieder glücklich. Es ist ein Auf und Ab. Das ist nichts Ungewöhnliches. Jeder Hochleistungssportler in der Welt durchlebt das.
Wie lange wollen Sie noch so leben?
In den vergangenen drei Jahren hatte ich diese Situation unter Kontrolle. Ich habe aus der Erfahrung gelernt. Früher war ich manchmal über ein Jahr lang nicht immer hundertprozentig motiviert, sondern nur zu 90 Prozent. Seit den vergangenen drei Jahren schaffe ich es, bei jedem Rennen vollkommen motiviert zu sein. Wenn es gelingt, dieses Leben mit dem permanenten Stress und der pausenlosen Extrembelastung in den Griff zu bekommen, so wie es jetzt bei mir der Fall ist, kann ich noch viele Jahre Formel-1-Rennen fahren. Seitdem mir das gelungen ist, fühle ich mich weniger müde, glücklicher und so motiviert wie nie zuvor in meiner Karriere. Ich habe gelernt, zwischen den wichtigen und den weniger wichtigen Dingen zu unterscheiden. Ich glaube, ich habe die Formel 1 verstanden. Deshalb kann ich länger Rennen fahren, als ich es mir früher einmal vorgenommen hatte.
Sie haben sich entschlossen, aus der Schweiz wieder zurück in Ihre Heimat Oviedo zu ziehen. Warum?
Es war Zeit, mich zu verändern. In der Schweiz hat es mir gut gefallen, die Lebensqualität war sehr hoch. Aber ich habe mich dort ein bisschen einsam gefühlt. Ich habe meine Familie und meine Freunde vermisst und natürlich die spanische Kultur: die Sprache, das Essen, meine Familie. Ich bin Spanier. Ich fühle so und wollte deshalb immer in Spanien leben. Also habe ich mir die Frage gestellt: Wann willst du zurückgehen in die Heimat? In einem Jahr? In zehn? In 25? Und was spricht dagegen, es jetzt sofort zu tun? Mein Motto ist, das Leben so zu führen, so wie du es liebst. Also bin ich sofort nach Hause zurückgekehrt.
Das Interview wurde von Burkhard Nupperney geführt und am 10. Juni 2012 veröffentlicht.
Steven Spielberg
"Fang bloß nicht an zu denken!"
Steven Spielberg beim Dreh seines neuen Films „Gefährten“ (Andrew Cooper/dapd)
Ist die Zukunft des Kinos seine Vergangenheit? Der Regisseur über Arbeitswut, Pferde als Hauptdarsteller und seinen Weltkriegsfilm "Gefährten"
Steven Spielberg hat Filme über nette Außerirdische und peitschenknallende Archäologen gedreht. Und nun ein Pferd in der Hauptrolle? Steven Spielberg ließ mit "Jurassic Park" die digitale Ära beginnen. Und verzichtet bei "Gefährten" auf alle Computertricks? Was reitet den Magier von Hollywood? Und wie schafft er es, in fünf Jahren 25 Filme unter seinen Hut zu kriegen?
Mr Spielberg, Sie können sich die Rechte an jedem Stoff leisten, den es auf der Welt gibt. Warum wählen Sie eine Geschichte mit einem Pferd in der Hauptrolle?
Steven Spielberg:Kathy Kennedy, meine langjährige Produzentenpartnerin, hat mir davon erzählt. Ich habe mir das Buch von Michael Morpurgo besorgt - und es regelrecht verschlungen.
Das Buch ist in der ersten Person erzählt, aus der Sicht des Tieres. Klang das nicht ein bisschen wie diese alten Hollywood-C-Filme über "Francis, den sprechenden Esel"?
Ich wollte garantiert keinen Film über ein sprechendes Pferd machen und auch keinen mit einem Pferd als Erzähler. Aber es war interessant, wie Morpurgo sich in den Kopf des Tieres versetzte. Ich halte jedes Jahr an der University of Southern California einen Vortrag vor 500 Studenten, und der Moderator begann diesmal mit der Feststellung, er komme gerade aus London und habe dort ein Theaterstück gesehen, das nach einer Verfilmung durch mich geradezu schreie: "War Horse/Gefährten".
Und nun flogen Sie ebenfalls nach London...
... und ich sah das Stück und flennte, und meine Frau flennte noch mehr. Ich sah sie an und sagte: "Eine wundervolle Geschichte! Den Film werde ich machen."
Sie hatten davor schon Filme über den Zweiten Weltkrieg gedreht, aber noch keinen über den Ersten. Worin liegt für Sie der Unterschied?
Dies sollte ein Familienfilm werden, im Unterschied zu den hochauthentischen "Schindlers Liste" und "Der Soldat James Ryan". Ich musste also aus dem Inneren des Krieges kommen, ohne die schreckliche Bilderwelt. Die zweite große Herausforderung lag darin, dass die Geschichte davon handelt, wie Pferde in diesem Krieg überflüssig werden, weil neue Technologien sie ersetzen: Panzer, Gasbomben, Flugzeuge. Hunderte von Jahren stand das Pferd in der ersten Angriffslinie, und Attacken mit ihm waren gefürchtet. Nun wurde es binnen ein, zwei Jahren praktisch wertlos. Das einst so stolze Kavalleriepferd war plötzlich nur noch Lastenträger, und Millionen wurden geschlachtet oder verspeist. Aber keine Angst, das zeige ich nicht.
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