Christian Thielscher
Nachrichten aus der säkularen Welt / Credimus
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Inhaltsverzeichnis
Titel Christian Thielscher Nachrichten aus der säkularen Welt / Credimus Dieses ebook wurde erstellt bei
Vorwort Vorwort Die in diesem Band versammelten, sehr kurzen Geschichten sind schon recht alt – über zwanzig Jahre –, mit drei Ausnahmen: »Das wichtigste«, »Alle glauben« und »Bevor er« wurden erst kürzlich hinzugefügt. Einige von ihnen wurden in Literaturzeitschriften veröffentlicht und von Lesern und Lektoren freundlich angenommen, aber in gesammelter Form liegen sie nunmehr zum erstenmal vor. – Ich danke den Mitgliedern der Bonner Literaturgruppe um M. Blasius, A. Fieberg und J. Pack, daß sie mich ermuntert haben, dieses Bändchen zu veröffentlichen. Noch ein Hinweis zum Satz: Einige »Reader« erkennen Überschriften nur, wenn sie nicht in derselben Zeile stehen wie sonstiger Text. Daher wurde nach der Überschrift jeweils ein Zeilenumbruch eingefügt.
Ich kam
Ich glaube
Also, zapppen
Ich finde:
Manchmal träume
Der erste
Ich besuchte
Es tut
Als wir
Oh, hallo,
Schade um
Man sollte
Alle glauben,
Der Hausmeister
Wenn die
Das Wichtigste
Die Sonne
Meistens macht
Eigentlich fing
Die Papayas
»Im Namen
Schade eigentlich,
Natürlich habe
Manchmal, mitten
Ich kann
Freitag abend,
Für Geld
Johann war
Bevor er
Credimus
Impressum neobooks
Die in diesem Band versammelten, sehr kurzen Geschichten sind schon recht alt – über zwanzig Jahre –, mit drei Ausnahmen: »Das wichtigste«, »Alle glauben« und »Bevor er« wurden erst kürzlich hinzugefügt. Einige von ihnen wurden in Literaturzeitschriften veröffentlicht und von Lesern und Lektoren freundlich angenommen, aber in gesammelter Form liegen sie nunmehr zum erstenmal vor. – Ich danke den Mitgliedern der Bonner Literaturgruppe um M. Blasius, A. Fieberg und J. Pack, daß sie mich ermuntert haben, dieses Bändchen zu veröffentlichen.
Noch ein Hinweis zum Satz: Einige »Reader« erkennen Überschriften nur, wenn sie nicht in derselben Zeile stehen wie sonstiger Text. Daher wurde nach der Überschrift jeweils ein Zeilenumbruch eingefügt.
noch vor den zwanziger Jahren in diese Gegend. Es war gerade Frühjahr, eine unglaubliche Blütenpracht empfing mich, umgab mich auf jedem Schritt. Es war wie in dem Schlager vom Land, in dem die Zitronen blühen. Obwohl ich auf der Durchreise war, konnte ich mich nicht losreißen. Auf Verdacht fragte ich in der Kommandantur nach, ob – nur so – vielleicht eine Ärztin gesucht würde. Ich schwärmte dem Mann vor, wie mir die Gegend gefallen hätte, ich konnte einfach nicht anders. Tatsächlich war gerade eine amtsärztliche Stelle freigeworden. Ich nahm ein Zimmer, um mir die Sache zu überlegen, ich betrachtete die Menschen, die dort wohnten, und sie faszinierten mich noch mehr als die Landschaft mit ihrer Freundlichkeit. Drei Wochen später war meine Übersiedlung vollzogen.
Es ist immer noch eine liebliche Landschaft. Damals war sie noch schöner, jedenfalls kommt es mir heute so vor. Als ich meine Tätigkeit aufnahm, stellte ich fest, daß es wenig zu tun gab. Wenige Patienten waren ernsthaft krank. Das änderte sich dramatisch, als das Jahr älter wurde. Es gab hier Malaria, eines der letzten großen Malariagebiete Europas.
Im Sommer wütete die Seuche verheerend unter der Bevölkerung. Vor allem Kinder und alte Leute fielen ihr zum Opfer; aber auch die Erwachsenen hatten schwer unter ihr zu leiden. Die Stechmücken waren überall. Die Sümpfe, aus denen sie kamen, waren nicht trockenzulegen.
Ich beschloß, die Bekämpfung der Malaria als meine Lebensaufgabe zu wählen; ich hatte das Gefühl, daß ich es den Menschen schuldig war. Sie wußten so wenig darüber, woher die Fieberschübe kamen. Sie hatten nicht daran gedacht, daß es mit den Mücken zusammenhängen könnte. Tatsächlich, sie glaubten, es käme von giftigen Winden.
Ich begann also mit meiner Aufklärungsarbeit. Ich veranstaltete Schulungen, ich ging in die Kindergärten, in die Gymnasien, ich verfertigte Plakate. Die ersten Jahre waren schwer. Die Leute wollten nicht glauben, daß ihnen eine Mücke schaden könnte, erst recht nicht so ein winziges Tier, das man nicht einmal sehen konnte. Manche glaubten es auch dann nicht, wenn ich ihnen die Plasmodien im Mikroskop zeigte.
Ich verlangte ja auch einiges von der Landbevölkerung. Ich sagte ihnen, daß sie abends nicht mehr mit freiem Oberkörper vor der Haustür sitzen sollten; daß sie alle Fenster mit Fliegendraht abdecken sollten. Fliegendraht war teuer. Wenn ich eine Familie überzeugt hatte, ließ die andere in ihren Bemühungen nach. Das nützte natürlich gar nichts, und die Erkrankungszahlen wollten nicht zurückgehen, was manche als Beweis dafür sahen, daß ich doch nicht recht haben konnte.
Aber ich war zäh, und ich hatte auch keine Familie, auf die ich Rücksicht nehmen mußte. Ich setzte meine Hoffnung auf die Jugend, und das war auch der richtige Gedanke. Die Kinder konnte ich am leichtesten überzeugen, und ihre Lehrer halfen mir dabei. Sie wuchsen auf mit dem Bewußtsein, daß ein Mückenstich etwas Gefährliches sein kann. Mit jeder neuen Schülergeneration verbreitete sich das Wissen im Kampf gegen die Malaria.
Langsam wurde das Reservoir für die Plasmodien kleiner. Jeden Monat, wenn ich die Statistiken über die Erkrankungsfälle erstellte, träumte ich davon, endlich einen Effekt messen zu können. Aber der Rückgang der Krankenzahlen war marginal, bis weit in die zwanziger Jahre hinein. Dann, Anfang der Dreißiger, stellten sich die ersten Erfolge unserer Arbeit ein: die Zahlen sanken, zunächst schwankend, dann immer eindeutiger, schließlich, 1938, erkrankte um ein Drittel weniger an Malaria als vor meiner Ankunft. Auch die Menschen spürten es nun, und sie waren darüber sehr glücklich und auch dankbar.
Dann kam der zweite Weltkrieg, und mit ihm amerikanische Soldaten. Als der erste von ihnen Fieberschübe hatte, sprühten die Amerikaner DDT über die Sümpfe. Danach gab es keine Malaria mehr.
nicht, daß ich der erste war, der die Leiche gesehen hatte. An der Parkbank mußten vorher schon eine Menge Leute vorbeigekommen sein, der Weg ist gerade morgens ziemlich bevölkert. Ich war auf dem Weg zum Büro, so gegen halb acht, und da sah ich ihn, wie er so zusammengesunken auf der Bank hockte, mit seinem Joggingdreß, auf dem Kopf hatte er noch seinen Kopfhörer. Ich dachte erst, daß er schlafen würde, aber irgendwie paßte das doch nicht so recht, also sprach ich ihn an, und als er nicht antwortete, dachte ich mir, daß er wohl zusammengebrochen war.
Ich faßte seine Hand, die noch warm war, aber er zeigte keine Reaktion. Ich denke, er war so um die Fünfzig. Ich überlegte, daß ich jetzt mit Erster Hilfe anfangen müßte, mir fielen ein paar Versatzstücke aus der Führerscheinprüfung ein, aber die Vorstellung, mit der Atemspende bei einem zu beginnen, der möglicherweise schon längst tot war, behagte mir nicht. Er war auch ziemlich verschwitzt. Ich entschied, daß ich ihm mit meinen Maßnahmen möglicherweise mehr schaden als nützen würde und ließ es bleiben. Statt dessen rannte ich zu einer Telefonzelle und rief den Notarzt. Danach ging ich wieder zurück.
Auf dem Kopf hatte er, wie gesagt, noch seinen Walkman. Ich glaube, es gibt da so einen Terminus technicus für diese Kopfhörer, »offen« oder so, man konnte die Musik ganz gut hören, wenn man vor ihm stand. Es war die Titelmelodie aus diesem Boxerfilm, mit viel Kawumm, und dann singt ein Chor: »gonna fly, now«. Mir fiel sofort die »Anbetung des Kindes« von Stephan Lochner ein.
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