Ich habe darüber nachgedacht, ich brauchte nicht lange nachzudenken, denn er hat ja recht. Ich habe mich gefragt, was ich in Neuseeland suche. Ich habe mir gesagt, daß das Leben dort nicht anders ist als hier, weil die Leute überall gleich sind. Man muß lernen, Dinge so zu sehen, wie sie sind; man muß lernen, sich abzufinden. Zufriedenheit findet man nur in sich selbst, und ohne Zufriedenheit gibt es kein Glück. Man kann nicht alles haben. Ja. Ich weiß, daß er recht hat, aber dann frage ich mich, warum ich mich bescheiden soll. Es ist ein dummer Gedanke, ich weiß, daß er dumm ist, aber er ist da; und ich werde ihn nicht los.
Ich glaube, daß Peter und ich eine glückliche Ehe haben. Ich bin dankbar dafür, daß wir uns so gut verstehen. Es geht uns gut, wir haben keine wirklichen Probleme, wir leiden keine Not, wir hungern nicht. Ich wundere mich, daß ich nicht pausenlos platze vor Glück. Aber dann denke ich an Neuseeland und Bescheidenheit, und wenn ich Peter und mich sehe, legt sich ein Schleier über das Bild. Ich bin immer noch zufrieden, aber eine schwere Melancholie steckt darin, daß es so ist, wie es ist, und ich ärgere mich, daß ich gar nicht fröhlich bin. Er sieht es, er ist nicht böse, aber dann weiß er auch nicht, wie er mir helfen soll.
Nachts, wenn mir die Augen feucht werden, findet er die Schatten, die nach mir greifen, und verjagt sie mit seinem Blick, er küßt mir die Tränen von den Augen, er leckt das Eis von meiner Haut, streichelt mich, bis ich vor Lust zittere, und wir schlafen miteinander, und ich denke, daß wir uns noch nie so nahe gewesen sind. Wenn wir nebeneinander liegen, möchte ich ihn nie mehr loslassen, und dann erzähle ich ihm von Pancake Rock und Lake Wanaka, von der Sonne, die auf den Wellen spielt, von Kakapos, die auf Palmlilien schreien, und Peter sagt, unser erstes Kind kommt dort zur Welt, in Wellington, aber ich will nicht mehr, ich will nur noch ihn, und das Land bedeutet mir nichts mehr, es ist so hell in mir, ich bin nur noch Wärme, sie dringt durch mich hindurch zu ihm, seine, unsere Wärme.
Bis ich wieder träume.
Schuß war ein Versehen. Das heißt, ich wollte schon schießen; ich wollte nur nicht treffen. Es sollte ein bißchen knallen. Ich hatte die Pistole steil nach oben gerichtet und abgedrückt. In der Halle gabe es einen unglaublichen Bums, sagenhaft. Ich hatte allerdings nicht vorhergesehen, daß die Kugel auf einen Stahlträger traf; und als dann der Typ zehn Meter vor mir zusammenbrach, merkte ich, daß ich einen Fehler gemacht hatte. Aber da war sowieso schon alles viel zu spät.
Ich dachte nur: okay, dann auch richtig. Die Betriebsversammlung war ja der beste Anlaß, den ich erhoffen konnte. Die ganzen Idioten, über die ich mich in den letzten Jahren geärgert hatte, waren da. Der erste, der mir in der allgemeinen Verwirrung über den Weg lief, war der dicke Webbster, und ich rief noch: Ey, Webbster, bleib’ mal stehen! Er blieb tatsächlich stehen und glotzte auf meine Waffe. Er glotzte noch, als ihm der Aufschlag die Arme nach hinten riß. Ich glaube, er glotzt immer noch.
Als nächster war Hicker dran. Ich sah ihn von hinten: Dieser Ledernacken ist unverwechselbar. Ich nahm mir einige Sekunden Zeit, um genau zu zielen, ich legte an, wie man das im Fernsehen lernt; beim ersten Versuch verfehlte ich ihn. Aber der zweite und dritte Schuß saßen. Ich wußte genau, daß er nicht mehr aufwachen würde.
Danach hatte ich ein Problem. So langsam kapierten die ersten, daß es gefährlich für sie werden könnte, und auch die anderen fingen an, sich Gedanken zu machen. Ich rannte zum Ausgang, nicht, um abzuhauen, sondern weil ich Angst bekam, daß mir die Wichtigsten durch die Lappen gehen könnten. Vielleicht wäre es nicht nötig gewesen, Misses Blooms gleich umzublasen, obwohl sie wirklich eine blöde Zicke war, aber sie stand mir im Weg, und dieser verzerrte, geschminkte Mund war in der Situation zuviel für mich.
Ich kam knapp nach McCorne an der Tür an. Um ein Haar wäre er draußen gewesen, aber er schaffte es nur bis zur Schwelle, und da blieb er auch liegen.
Danach mußte ich nachladen. Okay, ich hatte zwei Ersatzmagazine mitgenommen, und man kann sich schon fragen, ob die Aktion so ganz ungeplant war. Aber ich glaube, ich hatte nur besonders lebhaft davon geträumt, sie alle niederzumachen; nein: es kam einfach über mich.
Am Ausgang war ich ziemlich erfolgreich. Ich erledigte fast gleichzeitig die Sache mit Theodore und Larson, und überlegte kurz, wer noch fehlte. Mir fiel nur Haynes ein, und das war auch gut so, weil es zunehmend unübersichtlich wurde in dem Raum. Ich meine, daß ich ausgerechnet Rawls vergessen habe, zeigt doch auch, daß ich keinen Plan hatte.
Jedenfalls, ich suchte Haynes. Ich lief zum Rednerpult, um einen besseren Überblick zu haben, und da fand ich ihn. Als er mich kommen sah, sprang er über die Brüstung und versuchte, sich unter die Menge zu mischen. Bei der Gelegenheit habe ich leider ein paar Mitarbeiter getroffen, die es nicht wirklich verdient hatten. Vor allem um die koreanische Auszubildende tut es mir eigentlich leid. Aber ich meine: schließlich ging Haynes irgendwie vor.
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