Die Statistiken lügen nicht: In Bayern die Längsten und in Baden-Württemberg die schwersten Neugeborenen. Im Rest der Republik herrscht in diesem Zusammenhang eine Mentalität des Larifari. Keine besonders Langen und auch keine besonders schweren Babys, nichts Halbes und nichts Ganzes. So kann man keine Weltmeister in die Welt setzen.
Der Zeitpunkt einer Geburt sollte ebenfalls sorgfältig geplant werden. Sofern Sie sich im Familienkreis durchsetzen können, vermeiden Sie für eine Niederkunft unbedingt die Nacht von Sonntag auf Montag in Berlin. Die Hebammen werden es Ihnen danken. Die Berliner auch, sie sind ohnehin der Meinung, es gäbe schon viel zu viel Berliner. Dabei sind die in diversen Bäckereien ausliegenden nicht einmal mitgerechnet.
Die Hauptstädter würden am liebsten die Visumpflicht für Neugeborene einführen. Denken Sie stattdessen lieber über eine Geburt am Freitagvormittag im Saarland nach. Hier finden sowieso viel zu wenig Geburten statt und am Freitagvormittag stehen sich die Hebammen die Füße in den Bauch. Das Saarland ist klein und überschaubar, weswegen Sie anders als bei den Häuserschluchten in Berliner Großstadtmilieu Ihr Kind gar nicht aus den Augen verlieren können. Dennoch verfügt man über eine Vielzahl an Freiflächen, in denen Kinderhaltung erlaubt ist. Es gibt zu wenig Saarländer und Saarländerinnen, weshalb man über Anreize nachdenkt, verstärkt und gezielt Geburten ins Saarland zu holen. Der Vorschlag, den Eltern bei einer Geburt im Saarland eine kostenlose Bahncard anzubieten, wurde wieder verworfen. Skeptiker befürchteten, bei den vielen Verspätungen müsse man in den Zügen Hebammen mitfahren lassen.
Berechnungen der Statistiker haben ergeben, dass Jahr für Jahr weltweit die meisten Geburten im August und September stattfinden, die wenigsten dagegen im März und April. Astrologisch betrachtet erblicken jährlich somit mehr Jungfrauen das Licht der Welt als Widder.
Astrologischen Jungfrauen sagt man nach, sie seien bescheiden, ordentlich, lernbegierig, zuverlässig, aufrichtig, ehrlich und intelligent. Aber auch hypochondrisch, unnahbar, sorgenvoll, nörgelig, übertrieben perfektionistisch und rechthaberisch. Der Widder dagegen ist zielstrebig, offen, direkt, belastbar, abenteuerlustig, ausdauernd, mutig und unternehmungslustig. Negativ sagt man ihm Ungeduld, Rücksichtslosigkeit, Egoismus, Streitsucht und Aggressivität nach. Daraus lässt sich ableiten, dass erheblich mehr unnahbare, nörgelnde Hypochonder die Welt bevölkern, als rücksichtslose, streitsüchtige und egoistische Widder. Ich habe keine Ahnung, wie uns oder Ihnen diese Informationen nützlich sein können.
Dass die meisten Babys im September zur Welt kommen bedeutet gleichzeitig, dass es jährlich im Dezember zu einer Zeugungswelle kommt. Exakt in jenem Monat also, in dem die wenigstens Neugeborenen das Licht der Welt erblicken. Woran liegt das? Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, eigentlich für die Beantwortung solcher Fragen zuständig, sagt deutlich: Womöglich liegt es an Verhaltensänderungen, es kann aber auch biologische Gründe haben. Aber genau genommen müssen wir zugeben, dass wir es nicht wissen.
Es würde durchaus Sinn machen, mittels Forschung so etwas herauszufinden. Andererseits sind derart viele Dinge zu erforschen, es können nicht für alle Projekte ausreichende finanzielle Mittel vorhanden sein. So wurde beispielsweise in einem aufwendigen Projekt erforscht, wie ein Keks in den Tee getunkt werden kann, ohne dass der Keks labberig und zerbröselt wieder aus der Tasse geborgen werden muss. Monatelang wurden Tausende Kekse in Tassen mit Tee getunkt, dann lag das Ergebnis in Form einer Formel vor: Der durchschnittliche Porendurchmesser eines Biskuits entspricht dem Vierfachen der Viskosität des Tees, multipliziert mit der Höhe, bis zu der die Flüssigkeit steigt, zum Quadrat, dividiert durch die Oberflächenspannung des Tees und multipliziert mit der Zeitspanne, die der Biskuit getunkt wird. Ist doch ganz einfach, oder?
Die Physikerin, der wir diese bahnbrechende Entdeckung zu verdanken haben, hat das Ganze dann für alle Keksesser, die in der Schule nur Singen und Klatschen hatten, in eine Tabelle umgerechnet, in der für jede Kekssorte die kritische Eintunkzeit angegeben wird. Dennoch setzt die Art des Eintunkens ein Mindestmaß an Geschicklichkeit voraus. Das Forscherteam entwickelte daher auch gleich den Prototypen eines Kekseintunkhalters, der den technisch ungeschickten Keksknabberern beim Eintunken helfen kann. Wer aus beruflichen Gründen viel Tee trinken muss, wie beispielsweise Magen-Darm-Ärzte, Mitarbeiter von Teefabriken, Patrice Geraldier aus Oxford und die englische Königin, kann mit der Formel ohnehin nichts anfangen, sofern sie den Keks trocken hinunterwürgen. Andernfalls wird unbedingt empfohlen, die Temperatur des Tees vor dem Tunken mittels Thermometer zu überprüfen.
Ist auch wichtig!
Prof. Dr. Menschenverstand empfiehlt auch in Zukunft die nichtakademische Lösung: Keks in Flüssigkeit, eine Sekunde warten, Keks herausholen, Keks essen!
Zurück zu den Geburten! An der These mit der Biologie könnte was dran sein. Die Geschichte vom Storch hatte ja auch nicht wirklich Hand oder Fuß. Jede Frau sammelt schon in jungen Jahren Erkenntnisse, die darauf hinweisen, dass Babys nicht von Störchen geliefert werden. Der schulische Sexualkundeunterricht sowie die bald darauf einsetzende praktische Umsetzung des Erlernten unterstützen diese These.
In Deutschland leben 4.500 Storchenpaare, macht etwa 9.000 Störche, eventuell zwei oder drei mehr. Zieht man Jungstörche und Rentnerstörche ab, bleiben rund 6.500 Störche beiderlei Geschlechts übrig. Im September werden etwa 65.000 Babys geboren. Das würde bedeuten, dass in diesem Monat jeder Storch 10 Zustellungen vorzunehmen hätte. Ein Baby wiegt bei der Geburt zwischen drei und vier Kilogramm, ausgenommen in Bayern und Baden-Württemberg. Ein Storch bringt es auf das gleiche Gewicht, allerdings er- und ausgewachsen. Illustrationen zeigen einen lächelnden Storch mit Stoffbündel im Schnabel, in dem ein jauchzendes Baby den Flug genießt. Was für eine Selbstbeherrschung! Da fliegt so ein Storch Hunderte Kilometer mit Gepäck in luftiger Höhe durch die Lande und lächelt.
Woher hat der Storch eigentlich den Stoffbeutel und wo holt er die Babys ab? Existiert irgendwo in Deutschland eine Ausgabestelle in der es ähnlich zugeht, wie in einer Restaurantküche: „Pling..... der Schweinebraten für Tisch 4?“ Da würde es dann heißen: „Pling.... das Baby für Mustermann, Hamburg, Reeperbahn 739, 4. Stock!“
„Nicht schon wieder Hamburg,“ seufzt ein total zerzauster, mit gespreizten Stelzen an der Wand lehnender, abgemagerter Storch, „hast Du nicht irgendwas in der Nähe? Ich habe mir bei der letzten Lieferung den Hals verstaucht und bin eigentlich krankgeschrieben.“
„Es wird geflogen, was auf den Tisch kommt,“ ruft der gestresste Babyausgabestorch, „ich habe diesen Monat täglich über 2.000 Auslieferungen! Wäre ja noch schöner! Du willst nicht nach Hamburg liefern, der Nächste will nur Mädels zustellen und der Dritte weigert sich, nach England zu fliegen.“
„Wieso England, ich dachte, wir liefern nur in Deutschland.“
„Und was ist mit den Deutschen im Ausland?“
„Ach so.“ Der Auslieferungsstorch zieht ein Bein ein, schaut auf das neue Baby und fragt: „Und wieso beliefern die Japaner ihre Landsleute dann nicht auch selbst? Der da sieht so asiatisch aus!“
Der Babyausgabestorch stutzt, schaut auf das Baby und brüllt hysterisch nach hinten: „Welcher Idiot hat die Lieferungen zwischen Hamburg und Osaka vertauscht? Holt sofort den Storch zurück!“
Im Hintergrund entsteht hektisches Gewusele, alles schreit und redet durcheinander, dann kommt die Antwort: „Wir können ihn nicht erreichen, er hat sein Handy hier liegen lassen!“
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