Ich packte Anaya und riss sie auf die Füße. Sie stöhnte auf, als ich sie über meine Schulter warf. Kmarr tat das Gleiche mit der Magana.
So schnell wir konnten, flohen wir zurück in Richtung des Dorfes.
In unserem Rücken breitete sich eine unglaubliche Hitze aus. Ich spürte, wie meine Haare anfingen zu qualmen. Das Leder meiner Stiefel trocknete und bekam Risse. Mein Kettenhemd wurde glühend heiß.
Droin in seiner Rüstung stöhnte unter der brutalen Hitze. Schweiß rann mir in Sturzbächen über das Gesicht und den Rücken.
Wir werden es nicht schaffen, ging es mir durch den Kopf. Ich hatte das Gefühl, in Flammen zu stehen, Anaya schrie und wand sich auf meiner Schulter, aber ich hielt sie eisern fest.
Das war’s dann wohl, dachte ich.
Eine plötzliche Druckwelle warf uns alle nach vorne. Dann war es vorbei.
Eine Zeitlang blieben wir alle liegen. Jeder stöhnte und ächzte, ein paar Flüche mischten sich auch darunter. Meine Haut brannte und prickelte, an meinem Handgelenk konnte ich sehen, wie sich die Umrisse der Ringe aus meinem Kettenhemd in meinen Arm gebrannt hatten. Auch wenn einige meines Volkes rituelle Brandnarben besaßen, fand ich eine solche Dekoration nicht notwendig.
Ich warf einen Blick auf Anaya, die beim Sturz von meiner Schulter geglitten war. Sie regte sich schwach. Immerhin. Doch ihr ganzer Rücken war verbrannt. Durch das aufgerissene Leder ihrer Rüstung konnte ich Blasen sehen, die sich auf ihrer Haut gebildet hatten – Besser sie als ich, kam es mir in den Sinn.
Ihre Haare waren genau wie die von Jiang fast komplett geschmolzen. Eines ihrer Geweihenden glühte sogar noch. Allerdings erlaubten es ihre Fähigkeiten, Haare und Geweih schnell wieder zu ersetzen.
Über sie hinweg konnte ich sehen, wie sich Kmarr herumwälzte. Sein Fell war an vielen Stellen schwarz versengt und teilweise konnte ich sogar rohes Fleisch entdecken.
Die Magana war dagegen vollkommen unverletzt. Im Gegenteil, ihr schien es tatsächlich eher besser zu gehen.
Sie schlief ruhig und friedlich, ihr Atem ging kräftig und regelmäßig.
„Was war das denn?“, wollte Kmarr schließlich wissen. Seine Stimme war schwach und zittrig.
„Ein nykianischer Globus“, keuchte Jiang heiser.
Sie hatte sich auf ihre Knie erhoben. Von ihrem Gewand war nicht mehr viel übrig geblieben. Die Ränder hatten sich durch die Hitze eingerollt und überall klafften Brandlöcher. Einer ihrer Arme hing nutzlos herab. Sie gab sich Mühe, ihn ruhig zu halten. Die Würgemale waren schon dunkelviolett angelaufen. Der ganze Hals war angeschwollen.
„Ein Kraftspeicher.“
Sie hustete ein paar Mal, bevor sie fortfahren konnte: „Wenn man die richtige Seite öffnet, setzt man alle Energie, die darin ist auf einmal frei. So wie gerade. Wir haben Glück, dass wir überlebt haben.“
„Fühlt sich aber nicht so an“, kommentierte Droin, während er seinen Helm ablegte. Darunter war seine Haut stark gerötet. Dort wo ihn das heiße Metall berührte hatte, hatten sich Blasen gebildet. Zum Glück hatte er darunter eine gepolsterte Haube getragen, die das Gröbste abgehalten hatte.
Wir sahen alle aus, als hätte uns eine Herde Drachenechsen überrannt – Und es fühlte sich auch so an.
‚ Rudelführer?’, erklang endlich auch Shadarrs verschlafene Stimme in meinem Kopf.
‚Shadarr ! Endlich. Wo warst Du?’, wollte ich verärgert wissen: ‚Immer wenn man Dich braucht, frisst oder jagst Du gerade.’
‚ Stinkender Mann hat Schlaf gemacht’, antwortete er.
Shadarr war wütend. Gut so, ich nämlich auch. Gleichzeitig war ich aber auch erleichtert, sonst war er anscheinend unversehrt, das bedeutete, ich konnte weiter auf ihm reiten. Nach laufen war mir im Augenblick nicht zumute.
‚ Komm zu uns. Immer dem Qualm nach.’
Um uns herum war das Gras zu Asche zerfallen, alle Balken und Bretter der Häuser waren verkohlt, die Wände geborsten, die Dächer eingestürzt. Rauch stieg noch von einigen der Reste auf. Hier und da glimmte noch ein Balken. Kleine Brände flackerten überall. Von unserem Angreifer war nichts übrig geblieben. Auch die Kadaver der Hunde waren verschwunden, als hätte es sie nie gegeben.
„Shadarr ist aufgewacht. Irgendwie hat der Arkanist ihn zum Schlafen gezwungen“, bemerkte ich zu den anderen gewandt.
Droin hob schwach einen Daumen: „Gut, wir werden ihn brauchen. So wie wir aussehen ist keiner von uns in der Lage, heute noch einen Kampf zu bestreiten.“
Ich nickte: „Ich bin schon froh, wenn ich pissen kann, ohne mich irgendwo festzuhalten.“
„Du hast wirklich keine Manieren“, protestierte Jiang schwach, während sich Droin einen Wasserschlauch über den Kopf schüttete, bevor er einen tiefen Zug daraus nahm.
Ich zuckte mit den Achseln. Jiang sMeinung war mir gerade ziemlich egal.
Die Idee war gut, plötzlich merkte ich wie durstig ich gewesen war. Die Flammenwand hatte uns ziemlich ausgetrocknet.
Ich löste ebenfalls eine Trinkflasche von meinem Gürtel. Zum Glück hatte sie die Kämpfe unbeschadet überstanden. Das Wasser darin war herrlich erfrischend.
Dann besah ich mir die Situation. Anaya und Kmarr brauchten schnell Hilfe, ihr Zustand sah gar nicht gut aus.
Ich hebelte mich mit meinem Schwert langsam wieder in die Höhe. Es tat einfach alles weh. Besonders mein rechter Fuß brannte noch immer von dem Biss des Telpars. Aber es half nichts. Unsere Ausrüstung lag nach wie vor in der Hütte, in der wir ursprünglich gelagert hatten.
‚Shadarr , treib’ die Mahre zu unserem Unterstand. Wir brauchen sie.’
Über die telepathische Verbindung konnte ich Zustimmung spüren.
„Am besten ihr bleibt hier. Ich hole mit Shadarr zusammen unsere Ausrüstung. Es dauert nicht mehr lange, bis zum Sonnenaufgang.“
Die anderen waren zu müde, oder zu schwer verletzt, um zu protestieren.
Nur Droin, mit der für Naurim typischen Sturheit machte sich daran, sich aus seiner Rüstung zu schälen.
„Ich mache Feuer“, verkündete er: „Wir werden die Wärme brauchen.“
So gut es ging humpelte ich durch die Ruinen. Es war zum Glück nicht sonderlich weit bis zu unserem Unterstand. Trotzdem kam es mir vor, als hätte ich mehrere Kerzenlängen gebraucht, ehe ich endlich ankam.
Shadarr wartete schon auf mich.
‚ Verletzt?’, fragte er neugierig.
‚ Ja, alle’, erwiderte ich müde.
‚ Stinkender Mann?’, wollte Shadarr wissen.
‚ Tot. ’, gab ich einsilbig zurück. Für heute war ich bedient.
‚ Gut.’
Ich hinkte in den Unterstand. So gut es ging, raffte ich alle Sachen zusammen. Ohne sie sonderlich festzuschnallen hob ich sie den Nachtmahren auf ihre Rücken, die zum Glück durch ihre ausgiebige Mahlzeit ruhig und friedlich waren.
Dann riss ich die Decken von den Fenstern und dem Eingang und machte mich auf den Rückweg.
Als ich bei den Anderen ankam hatte sich Droin bis auf den Lendenschurz ausgezogen und ein großes Feuer entfacht. Irgendwie hatte er es geschafft, die Anderen um das Feuer zu versammeln.
Verrückter Naurim. Statt sich etwas anzuziehen, begutachtete er lieber die Schäden an seiner Rüstung. Kopfschüttelnd sah ich ihm einen Moment dabei zu. So stur wie er war, würde er sich dabei nicht mal erkälten, weil er es schlicht und einfach vergaß.
Shadarr trieb unterdes die Nachtmahre hinter mir her. Als er die restlichen Mitglieder unserer Gruppe sah, ließ er ein mitfühlendes Heulen ertönen.
‚ Gut gekämpft, mutiges Rudel. ’ Stolz schwang in seiner Stimme mit.
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