Anaya legte einen Pfeil auf die Sehne und schoss blitzartig einen weiteren Hund nieder.
Droins Speer steckte noch immer in der Brust der hölzernen Puppe, daher zog er nun seine bösartige Kriegshacke und schwang den Schild von seiner Schulter, um so den Tieren entgegen zu treten.
Jiang versuchte mit heiserer Stimme, ein glühendes Symbol in der Luft vor sich zu zeichnen, aber kurz bevor sie fertig war, wurde sie von einem Hustenanfall geschüttelt und die sich aufbauenden Energien verloschen wieder.
Ein hämisches Lachen unseres Kontrahenten quittierte ihren gescheiterten Versuch. Er begann nun seinerseits mit der Beschwörung magischer Kräfte. Mit einer kräftigen Stimme rezitierte er alte Formeln nach Art der Arkanisten des Alten Reichs. Jetzt ertönte seine Stimme ausschließlich von ihm selbst und nicht mehr von der Puppe, die ihren Zweck anscheinend erfüllt hatte.
Ein kleiner roter Funken begann mit den Worten seiner Beschwörung immer stärker in der Luft vor ihm zu glühen.
Ich sah ihm dabei zu, versuchte schneller zu sein als er und sammelte ebenfalls meine Kräfte für einen weiteren Blitz, dieses Mal hatte ich jedoch eine Überraschung parat.
Er sah mir dabei zu und erhöhte das Tempo, mit dem er seine Formeln rezitierte.
Es war ein Wettrennen, das ich knapp gewann. Mein Blitz zuckte donnernd in seine Richtung, er duckte sich, doch ich hatte ihn gar nicht als Ziel ausgewählt. Stattdessen schlug er in einen der verbliebenen Hunde ein und schleuderte diesen zur Seite. Doch damit nicht genug, der Blitz sprang vom Hund direkt in den Boden zu Füßen des Magiers. Dreck und Gesteinsbrocken wurden hochgeschleudert. Sie schmetterten in unseren Gegner und warfen ihn um.
Dann waren die beiden übrigen Hunde heran. Der eine warf sich gegen Droin und riss ihn mit seiner Masse von den Füßen.
Jetzt erst, wurde mir die wahre Größe von den Biestern bewusst. Die Viecher mussten annähernd siebzig Steine schwer sein.
Wo züchtete man nur solche Hunde?
Der Zweite sprang Kmarr an. Er tauchte unter den Armen des Leoniden hindurch und verbiss sich in dessen Knie.
Kmarr heulte auf und drosch mit dem Schaft seiner Schusswaffe auf den Hund ein.
Trotz der harten Treffer dauerte es, bis dieser seinen Biss lockerte.
„War dass alles? Erbärmlich.“
Der Magier hatte sich wieder aufgerichtet und auch der Rot glühende Funke schwebte noch immer vor ihm in der Luft.
„Jetzt bin ich an der Reihe.“
Mit beiden Händen schob er den Funken in unsere Richtung, so als würde er einen Ball werfen.
In hohem Bogen flog er auf uns zu. Anaya schoss einen Pfeil darauf ab, der ihn jedoch harmlos passierte.
Kurz bevor er uns erreichte, machte Jiang eine wegwerfende Bewegung. Der Funke wich von seiner Flugbahn ab. Statt mitten zwischen uns zu landen beschrieb er einen Bogen und krachte Links von Droin zu Boden.
Eine gewaltige Explosion aus Feuer riss große Stücke aus dem Untergrund. Steine, Erde und Grasbrocken regneten ringsum zu Boden. Wir wurden alle zur Seite geschleudert.
Der Krater den er hinterließ maß gut und gerne drei Mannslängen.
Mich schauderte bei dem Gedanken, was passiert wäre, hätte er uns mit dem Funken getroffen.
Droin rollte sich bereits wieder herum und schmetterte seine Kriegshacke in den Nacken des Hundes. Mit gebrochenem Genick fiel der Hund um.
Anaya jedoch blieb liegen und hielt sich stöhnend die Seite. Blut lief aus ihrem Mund. Ich hoffte, dass sie sich nur auf die Lippe gebissen und nicht ihre Lunge verletzt hatte. Als sie nach ein paar Herzschlägen noch immer nicht wieder auf die Füße gekommen war, wurde mir allmählich klar, dass für sie der Kampf vorbei war. Das hieß, wir mussten den Arkanisten möglichst schnell erledigen, um ihre Verletzungen behandeln zu können. Ich musste auf ihre Fähigkeiten vertrauen, sich selbst zu heilen.
Auch ich war nicht ungeschoren davon gekommen. Die Hitze hatte meine Augenbrauen angesengt und sicherlich auch ein paar Haare verbrannt, wie mir der Geruch sagte.
Ein Schrei aus Jiangs Mund lies mich unseren Gegner einen Moment vergessen. Ihre Kleider waren zerrissen und verdreckt und sie hielt sich mit beiden Händen den Kopf.
„Was ist, bist Du verletzt?“, wollte ich besorgt wissen.
Sie schrie noch lauter, diesmal war der Tonfall einer voller Protest.
„Meine Haare!“
„Was?!?“
„Er hat meine Haare verbrannt!“, krächzte sie, gefolgt von einem neuerlichen Hustenanfall.
Und tatsächlich, von ihrer langen Haarpracht war wenig mehr als ein paar Stoppeln übrig geblieben.
Ungläubig sah ich sie an. Das war doch wohl nicht ihr Ernst.
Kopfschüttelnd wandte ich mich wieder unseren echten Problemen zu.
Der Arkanist stand auf dem Hügel und rezitierte weiter irgendwelche Verse und Formeln. Vor ihm hüpften kleine Flammen aus dem Boden und sausten eine nach der anderen auf uns zu.
Drei davon trafen Kmarr, zwei weitere gingen auf Droin nieder und jeweils eine erwischten Jiang, Anaya und mich.
Die Flamme brannte sich durch das Kettengeflecht an meinem linken Arm tief in mein Fleisch. Schmerzen schossen durch ihn hindurch. Ich fluchte böse.
Den anderen erging es nicht besser. Kmarr wälzte sich auf dem Boden herum und Rauch stieg aus seinem verbrannten Fell auf.
„Genug.“
Anaya lag auf einer Seite und krallte ihre Hand in die Erde. Ihr Arm versank fast bis zum Ellbogen darin.
Eine beinahe unsichtbare Welle raste pfeilschnell von dort aus durch den Boden auf unseren Widersacher zu. Er versuchte noch auszuweichen, war aber zu langsam.
Drei armdicke Dornen explodierten aus dem Boden und spießten ihn von verschiedenen Seiten auf wie Speere.
Er zuckte noch ein paar Mal, dann sackte der Kopf auf seine Brust.
Ich beugte mich zu Anaya herunter: „Gut gemacht. Wie schwer bist Du verletzt?“
„Ich werde es überleben. Danke.“
Sie hustete Blut und rollte sich vorsichtig auf den Rücken.
„Kmarr, Droin, wie steht es mit euch?“
Droin stand schon wieder und klopfte sich den Dreck aus der Rüstung. Er winkte ab: „Noch ein paar solcher Begegnungen, und ich brauche schon wieder eine neue Rüstung.“
Kmarr lag noch auf dem Boden. In der einen Hand hielt er den Körper des letzten Hundes. So wie das Tier aussah, hatte Kmarr ihm mit seinen Krallen einfach die Kehle aufgeschlitzt. Mühselig stützte er sich auf einen Ellenbogen.
Er schleuderte den Kadaver von sich und zeigte auf den Körper unseres Gegners: „Ist er tot?“
„Keine Ahnung, ich sehe nach.“
Vorsichtig näherte ich mich dem aufgespießten Körper. Es war ein Wunder, aber er war noch nicht ganz tot.
Mit einem schiefen Lächeln sah er mich an. „Ihr habt… gesiegt…Dieses…Mal.“
„Wer bist Du und was geht hier vor?“
„Das...wirst Du niemals…erfahren.“ Seine Stimme wurde immer schwächer.“
Er hob einen Arm und in der Hand lag ein Würfel von einem Finger Kantenlänge. Auf jeder Seite war eine Rune eingraviert.
„Weg da! Er hat einen nykianischen Globus in der Hand.“
Ich hatte zwar keine Ahnung was das war, aber Jiangs mühsam mit ihrer heiseren Stimme gerufene Warnung war für mich Anlass genug, mir Sorgen zu machen. Mit meinem verletzten Bein würde ich vermutlich nicht rechtzeitig entkommen. Statt das zu riskieren, musste ich wieder auf meine Kraftquelle zurückgreifen. Keine Zeit für Subtilität, statt mich lange zu konzentrieren, gab ich mich einfach hin.
Macht überflutete mich. Ich stellte mir ein Portal vor, dessen Türen von einer gewaltigen Kraft aus den Angeln gerissen wurden. Dahinter lagen in meiner Vorstellung Anaya und die Magana auf dem Boden. Ich hechtete ohne zu zögern hindurch.
Kaum gelandet, richtete ich meinen Blick auf den Würfel, den der Tote noch immer in Händen hielt. Gerade rechtzeitig, um mit anzusehen, wie die Seiten des Würfels aufklappten. Blauweiße Flammenwände entfalteten sich nach allen Seiten. Eine der Wände kam genau auf uns zu.
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