Dietmar Füssel
Der Strohmann
Kriminalroman
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Inhaltsverzeichnis
Titel Dietmar Füssel Der Strohmann Kriminalroman Dieses ebook wurde erstellt bei
Prolog
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
Rückblende
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
Kapitel 12 A
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
Epilog
Impressum neobooks
KRIMINALROMAN
Der Präsident war, höflich ausgedrückt, ein ganz klein wenig unterbelichtet.
Selbst seine ergebensten Speichellecker bescheinigten ihm bestenfalls durchschnittliche Intelligenz.
Zwar hatte er bei der Vergabe des Verstandes in der pränatalen Sub-Astral-Sphäre laut und deutlich „Hier!“ gerufen, doch leider hatten die Amerikaner just in diesem Augenblick auf dem Bikini-Atoll einen Atombombenversuch durchgeführt, sodass der für die Zuteilung der menschlichen Begabungen zuständige Große Geist wegen des enormen Explosionslärms seinen Ruf nicht hatte hören können.
Er stand mit zusammengekniffenen Augen am Rednerpult des Kongresses, um die jährliche Rede des Präsidenten zur Lage der Nation zu halten.
Das Zusammenkneifen der Augen hatte er sich in der Zeit angewöhnt, in der er seine Reden noch von einem sogenannten Teleprompter hatte ablesen müssen, was ihm wegen einer angeborenen Lese- und Rechtschreibschwäche ausgesprochen schwer gefallen war.
Aus diesem Grund war es immer wieder zu peinlichen Versprechern gekommen, sodass man ihm einen kleinen Empfänger ins Ohr implantiert hatte, mit dessen Hilfe seine Berater jederzeit mit ihm in Verbindung treten konnten.
„Mr. Speaker, Herr Vizepräsident, Mitglieder des Kongresses, liebe Mitbürger!“, begann er und wartete darauf, dass sein Ghostwriter Mike mit der Durchsage der Rede anfing, doch der Empfänger in seinem Ohr blieb stumm.
Hilfesuchend blickte er hinüber zu seinem Betreuerstab, der ihm signalisierte, dass offenbar irgendein technischer Defekt aufgetreten war, der sich nicht so schnell beheben ließ.
Daher blieb ihm nichts anderes übrig, als diese wichtige Rede ohne jede fremde Hilfe aus dem Stegreif zu halten.
Glücklicherweise mangelte es ihm nicht an Selbstbewusstsein, sodass seiner Stimme keine Spur von Unsicherheit anzumerken war, als er seine Rede fortsetzte.
„Als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika werde ich heute zu Ihnen über die Lage der Nation sprechen“, verkündete er. „Die Lage der Nation ist gut, weil gute Menschen Gutes tun. Ich bin ein guter Präsident. Der Herr Vizepräsident ist ein guter Vizepräsident. Die Regierung ist eine gute Regierung. Der Kongress ist ein guter Kongress. Und das amerikanische Volk ist ein gutes Volk, und Gott ist mit uns.
Unser Volk muss zusammen kommen, um sich zu vereinigen.
Wenn wir nämlich nicht gewinnen, könnten wir verlieren.
Ich meine damit zum Beispiel unsere Wirtschaft, wo der überwiegende Teil unserer Importe heutzutage aus dem Ausland kommt.
Und das ist natürlich gar nicht gut für unseren Arbeitsmarkt.
Ich denke, wir stimmen alle darin überein, dass die Vergangenheit vorbei ist.
Glauben Sie mir, ich weiß, wie schwer es für Sie ist, Essen auf Ihre Familie zu setzen.
Der Herr Vizepräsident und ich, wir wollen aber nicht, dass sich diese Nation in einer Rezession befindet. Wir wollen, dass jeder, der Arbeit finden kann, Arbeit finden kann.
Und es ist ganz wichtig für uns, dass wir unserem Land erklären, dass das Leben wichtig ist. Mein Standpunkt für das Leben ist, dass ich glaube: Es gibt Leben. Und es ist nicht nur das Leben von Babys, sondern das Leben von Kindern, die, wissen Sie, in den dunklen Höhlen des Internets hausen.
Deshalb ist uns eine gute Bildungspolitik ganz besonders wichtig. Zum Beispiel gute Lehrer, man unterrichtet ein Kind das Lesen, und er oder es werden dann einen Sprachentest schaffen.
Frei heraus gesagt, Lehrer sind die einzige Berufsgruppe, die unsere Kinder ausbildet.
Schon als Gouverneur habe ich einen hohen Standard für die öffentlichen Schulen erwirkt, und ich habe diesen erfüllt.
Das tue ich auch als Präsident. Und deshalb werden wir schon bald die am besten ausgebildeten Amerikaner auf der Welt haben.
Was nun die Außenpolitik angeht, so möchte ich sagen, dass die Welt unter meiner Führung freier und friedvoller geworden ist und Amerika sicherer.
Wissen Sie, als ich aufwuchs, da war die Welt gefährlich. Man wusste genau, wer sie waren: Es waren wir gegen sie, und es war klar, wer sie waren. Heute wissen wir nicht so genau, wer sie sind, aber wir wissen, dass sie da sind.
Unsere Gegner zeigen Initiative und sind einfallsreich, und das sind wir auch. Sie hören nie damit auf, sich neue Wege zu überlegen, wie sie unserem Land und unserem Volk schaden können, und wir auch nicht.
Ein Land, das angegriffen wird, kann antworten, indem es seinen Nachbarn liebt, wie es selbst geliebt werden möchte.
Aber das ist nicht unser Weg. Und auch nicht mein Weg.
Ich bin nämlich ein Kriegspräsident, wenn ich Entscheidungen treffe, dann denke ich immer an den Krieg.
Und, glauben Sie mir: Wir sind bereit für jedes unvorhergesehene Ereignis, das auftritt oder auch nicht.
Und deshalb lassen Sie mich eines noch abschließend sagen, weil es meine zutiefste Überzeugung ist:
Ich habe in der Vergangenheit gute Entscheidungen getroffen, und ich habe in der Zukunft gute Entscheidungen getroffen.
Weil ich nämlich nicht Teil des Problems bin, sondern Republikaner.
Und deshalb wird die Zukunft morgen besser sein.
Gott schütze Amerika.“
„Um Gottes willen. Um Gottes willen!“, stöhnte Mike, der während der kurzen Rede um Jahre gealtert war. „Das war furchtbar! Furchtbar! Einfach furchtbar! Eine Katastrophe!“
„Stimmt, Mike. Das war es“, bestätigte Karl, der persönliche Berater des Präsidenten. „Ich fürchte, jetzt kann uns nur noch einer helfen.“
„Zumindest hätten wir dann noch eine gewisse Chance“, sagte Mike. „Aber was ist, wenn er nicht will?“
„Dann wäre jetzt schon alles verloren. Aber daran will ich nicht einmal denken. Er muss uns einfach helfen, verstehst du? Er muss! Unbedingt! Er muss! Weil wenn er uns nicht hilft, dann hat das alles keinen Sinn mehr. Dann können wir uns genauso gut gleich morgen einen anderen Job suchen.“
***
Durch die Straßen Chikagos schlich ein Mann. Der Mann hatte einen Auftrag. Einen Geheimauftrag. Einen streng geheimen Geheimauftrag der Geheimhaltungsstufe AAA, die nur dann vergeben wird, wenn es sich um Angelegenheiten von höchstem nationalen Interesse handelt.
Er schwitzte wie ein alter Ziegenbock, denn trotz hochsommerlicher Temperaturen trug er in strikter Befolgung der CIA-internen Verkleidungsvorschrift 42 B einen bodenlangen beigen Mantel und eine regengraue Wollhaube auf dem Kopf.
Wie nicht anders zu erwarten, bewirkte seine um diese Jahreszeit höchst ungewöhnliche Kleidung das Gegenteil von dem, was sie eigentlich hätte bewirken sollen.
Alle Leute drehten sich nach ihm um.
‚Derartige Kleidung bei dieser Hitze? Das kann nur ein Psychopath oder ein Geheimagent sein. Mal sehen, was er macht.'
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