„Versichert diese Versicherung auch Banken gegen Bankraub?“
„Natürlich.“
„Dann nennen Sie mir eine Bank, die bei Ihnen versichert ist.
„Na, zum Beispiel die Midland Bank in der 42. Straße...“
„Ausgezeichnet. Diese Bank wird in nächster Zeit um zwei Millionen Dollar erleichtert – von einem unbekannten Täter – und Sie werden der Bank anstandslos die Versicherungssumme ausbezahlen.“
„Genial!“, rief der Agent. „Absolut genial!“
„Stimmt“, bestätigte Winston. „Wie Sie sehen, hat mein Verstand durch meine Kunstpause nichts von seiner brillanten Schärfe eingebüßt.“
„Nicht zuletzt deshalb haben wir uns ja auch dafür entschieden, uns an Sie zu wenden. Und eine Spezialausrüstung für Agenten werden Sie doch sicher auch von uns annehmen, oder?“
„Wenn Sie darauf bestehen...“
„Dann kommen Sie am besten gleich morgen ins Hauptquartier, Professor Cork wird alles für Sie bereithalten.“
„Irrtum. Das CIA-Hauptgebäude wird nämlich sicher rund um die Uhr von Chinchillas Leuten überwacht.
Wir machen das ganz anders: Der Professor fährt übermorgen zum Hauptgebäude. Die Garage ist ja bestimmt so gesichert, dass kein Außenstehender hineinkann, oder?“
„Natürlich. Sonst würden uns ja die Mullahs dauernd unsere Autos in die Luft sprengen oder biologische Kampfstoffe darin verstecken.“
„Gut. Als Nächstes werden die speziellen Gerätschaften zum Teil in einem Staubsauger, zum Teil in einem Vertreterkoffer untergebracht und im Kofferraum des Autos verstaut.“
„Häh?“
„Warten Sie, Sie werden das alles bald verstehen. Das Auto des Professors muss mit einer Vorrichtung ausgestattet sein, mit der man auf Knopfdruck die Benzinzufuhr unterbrechen kann.“
„Häh?“
„Das sollte rein technisch kein Problem sein. Um 20 Uhr steigt der Professor in sein Auto und begibt sich auf den Heimweg. Es ist leicht möglich, dass ihm einer von Chinchillas Männern folgt, wir dürfen da kein Risiko eingehen.
Auf halber Strecke, unweit eines Motels, drückt der Professor auf den schon erwähnten Knopf, der die Benzinzufuhr unterbindet, worauf der Motor abstirbt. Er dreht am Zündschlüssel, wieder und wieder, aber der Motor springt nicht mehr an. Verärgert steigt er aus, öffnet die Motorhaube, schüttelt den Kopf, betritt das Motel und sucht die Toilette auf.
Dort wartet in einer Kabine ein Mann, der so ausstaffiert wurde, dass er dem Professor aufs Haar gleicht.
Der Professor sucht die Klokabine auf, in der sich sein Doppelgänger versteckt hält. Kurz darauf verlässt der Doppelgänger die Toilette, während der Professor vorerst noch zurückbleibt.
Der Doppelgänger erkundigt sich beim Personal des Motels nach der nächsten Werkstatt, kehrt zurück auf die Straße und setzt sich zu Fuß Richtung Werkstatt in Bewegung.
Sollte der Professor tatsächlich beschattet werden, so wird sich sein Verfolger natürlich an diesen Doppelgänger halten.
Der echte Professor aber verlässt fünf Minuten später das Lokal, steigt in sein Auto, drückt auf besagten Knopf, das Benzin rinnt wieder, er startet und fährt weiter – zum Bordell ‚Erotic Pigs’.
Dort packt er seine Staubsaugervertreterausrüstung aus, geht durch das Eingangsportal, verlangt die Chefin und sagt zu ihr:
‚Ich hätte da schöne Staubsauger zu verkaufen.’
Worauf sie antwortet:
‚Ich brauche leider keinen. Allerdings habe ich zufällig gerade einen Kunden im Haus, der mir erzählt hat, dass heute sein Staubsauger den Geist aufgegeben hat, weshalb er dringend einen neuen braucht. Er würde sich über Ihren Besuch bestimmt freuen. Zimmer soundso.’
Dieser Kunde bin natürlich ich.
Die Chefin des Hauses ist übrigens eine alte Freundin von mir. Außerdem schuldet sie mir noch einen Gefallen.“
„Kein übler Plan“, gab der Agent zu. „Die Sache hat nur einen kleinen Haken.“
„Und der wäre?“
„Der Professor hat weder Führerschein noch Auto.“
„Mist. Ist aber halb so schlimm. Dann soll er eben einen seiner Assistenten zu mir schicken. Wen ihr schickt, ist egal, Hauptsache, er kennt sich mit dieser Spezialausrüstung aus und wirkt wie ein Staubsaugervertreter.“
„Wird gemacht. Gibt es sonst noch was?“
„Allerdings. Wie können wir die Menschentraube vor meinem Laden davon überzeugen, dass Sie sich von mir gerade eine Abfuhr geholt haben?“
„Die wissen doch nicht, dass ich von der CIA bin.“
„Und ob die das wissen. Oder glauben Sie wirklich, dass die vielen Leute sich nur deshalb vor meinem Laden versammelt haben, um meine schöne Auslage zu bewundern?
Deshalb bin ich ja mit Ihnen ins Hinterzimmer gegangen.“
„Ja, aber wie ist das möglich?“, fragte der Agent unsicher. „Ich meine, ich habe mich doch strikt an die Verkleidungsvorschrift 42 B gehalten...“
„Kann es sein, dass Sie Ihre Ausbildung in dem Jahr absolviert haben, in dem der Kursus ‚Tarnen und Täuschen’ immer unmittelbar im Anschluss an die ‚praktischen Übungen in Whiskykunde’ abgehalten wurde?“
„Das ist richtig“, gab der Agent zu. „Aber woher wissen Sie das?“
„Ihre vollkommen unpassende Verkleidung hat es mir verraten“, erklärte Winston. „Offensichtlich ist Ihnen damals whiskybedingt vollkommen entgangen, dass es insgesamt nicht weniger als sechsundfünfzig verschiedene Verkleidungen gibt, die Agenten je nach Witterung zu tragen haben, und dass Verkleidungsvorschrift 42 B sich ausdrücklich nur auf regnerische Spätherbsttage bezieht.“
„Jetzt wird mir natürlich so manches klar“, sagte der Agent verlegen. „Aber woher wissen Sie als Außenstehender so genau über unsere Dienstvorschriften und Ausbildungsprogramme Bescheid?“
„Weil man als Detektiv dafür bezahlt wird, Dinge zu wissen, die nicht jeder weiß“, antwortete Winston. „Aber zurück zur Sache: Wie können wir die Schaulustigen da draußen davon überzeugen, dass ich nichts mit der CIA zu tun haben möchte?“
„Ich könnte ja so tun, als wäre ich nur als Kunde hierher gekommen“, schlug der Agent vor. „Indem ich Ihnen jetzt einen Fisch abkaufe.“
„Ich fürchte, dazu sind Sie schon zu lange hier. Außerdem hätte ich Sie in diesem Fall wohl kaum ins Hinterzimmer gebeten. Nein, ich denke, ich habe da eine bessere Idee.“
„Und die wäre?“
„Diese da“, antwortete Winston und schickte den Agenten mit einem präzisen Kinnhaken auf die Bretter, die das Hinterzimmer eines Fischgeschäfts bedeuteten.
„Was soll der Blödsinn?“, fragte der Agent, während er sich, am Boden sitzend, das Kinn rieb, das sich sofort unnatürlich zu verfärben begann.
„Wenn ich fest zuschlage, sind die Leute meistens zwischen einer halben und einer dreiviertel Stunde bewusstlos“, erklärte Winston. „Das wissen die Leute, weil ich für meine harten Schläge genauso berühmt bin wie Old Shatterhand.“
„Wer zum Teufel ist Old Shatterhand?“
„Also offenbar sogar noch berühmter. Jedenfalls ist die Beule auf Ihrem Kinn der beste Beweis dafür, dass Sie sich von mir eine schmerzhafte Abfuhr geholt haben.“
„Es tut wirklich ziemlich weh“, sagte der Agent. „Aber ich muss zugeben, dass diese Begründung ziemlich plausibel klingt. Und das Wichtigste ist, dass es mir gelungen ist, Sie zum Mitmachen zu überreden.“
„Eben.“
„Und was gedenken Sie jetzt zu unternehmen, Mr. Winston?“
„Das lassen Sie ruhig meine Sorge sein, 003.“
„Natürlich. Aber wenn ich Ihnen vielleicht abschließend einen guten Rat geben dürfte...“
„Meinetwegen.“
„Also, ich an Ihrer Stelle würde eher nicht versuchen, mich in Chinchillas Organisation einzuschleichen. Weder mit Ihrem echten noch mit einem falschen Namen.“
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