1 ...8 9 10 12 13 14 ...31 Ich schluckte nochmals und hob dann die Seife auf. Als ich wieder nach Jiang sah, war sie gerade dabei, neue Gewänder anzulegen. Schade eigentlich.
Droin trat ein und sah sich um.
„Sieht ja schon recht gemütlich aus. Dann mach ich mal Feuer.“
Er öffnete eine Packtasche und holte einen kleinen Sack daraus hervor. Zusammen mit einer kleinen Schaufel und einer metallenen Kugel ließ er sich vor der alten Feuerstelle nieder.
Zunächst befreite er sie von Unrat, Laub und Unkraut. Dann schraubte er die Kugel auf und befestigte drei kurze Beine an der runden Unterseite einer Hälfte, die er aus dem Inneren der Kugel befreit hatte. Im Inneren der anderen Hälfte waren zahlreiche Runen eingraviert. Er platzierte die Konstruktion in der Senke der Feuerstelle.
Anschließend schüttete er den Inhalt des Säckchens in die aufgestellte Kugelhälfte. Zwei handvoll eiförmiger Kohlestücke fielen heraus. Mit zwei Kienspänen schuf er in der Mitte eine Lücke. Droin goss ein schwarzes Pulver hinein, das wie Wasser aus einer kleinen Blechdose floss, die zusammen mit der Kohle in dem Leinenbeutel gewesen war. Zuletzt schlug er mit Feuerstein und Stahl ein paar Funken hinterher. Sobald diese in der Kugel landeten, verglühte das Pulver zischend. Es gab eine Stichflamme und das innere der Kugel fing Feuer. Droin schraubte die obere Hälfte der Kugel darauf, wobei er darauf achtete, oben eine klein Luke für den Rauch und die Hitze zu öffnen. Dann räumte er die übrigen Utensilien wieder zusammen und verstaute sie in seinem Bündel.
Die seltsame Konstruktion verbrauchte weniger Brennmaterial, gab keinen Feuerschein ab und hielt deutlich länger warm, als ein normales Lagerfeuer.
Außerdem war sie unglaublich teuer. Deshalb hatte Droin als einziger eine dabei. Wir anderen mussten uns mit Kohle und Holz begnügen.
„Wir sollten noch die Tür verhängen“, schlug Anaya vor, die mittlerweile den Verband der Magana gewechselt hatte und nun dabei war Kmarrs Beinverletzung zu behandeln.
„Auf jeden Fall. Sobald Drakk die Grasflecken erfolgreich aus Jiangs Kleidung entfernt hat, bin ich sicher, er macht das gerne.“
Droin sah mich grinsend.
„Vorher solltest Du sie aber waschen“, hörte ich Anaya kichern.
„Sehr witzig.“
Aber ich machte mich ergeben mit der Seife von Jiang und einem Wasserschlauch daran, erst mich und dann das Gewand zu reinigen. Eine Weigerung hätte vermutlich dazu geführt, dass ich nicht mehr aus dem Schlaf erwacht wäre. Also lieber das kleinere Übel.
Ich bemühte mich, vorsichtig zu sein, deshalb dauerte es ziemlich lange.
„Wann hast Du jetzt eigentlich die Erfahrung mit dem Baumschleicher gemacht?“, erkundigte sich Anaya.
„Das ist schnell erzählt.“
Kmarr stützte sich träge auf einen Ellenbogen: „Da war ich noch jünger und dümmer. Ich hatte gedacht, ich könnte von Gi’tay einen Weg durch den Wald finden, um nach Naurach zu reisen.“
Er hob seine Hand, um unsere Einwände abzuwehren: „Natürlich weiß ich heute, dass das eine blöde Idee war, aber damals dachte ich an den Ruhm, den mir eine erfolgreiche Durchquerung des Waldes eingebracht hätte.
Wie ihr euch denken könnt, hat es nicht funktioniert. Zu Beginn lief es gut. Erst bin ich auf ein paar Schleichkatzen gestoßen, die aber kein Problem waren. Doch dann hatte ich das Pech erst über Klingenblattranken zu stolpern, dann waren da noch blaue Faulpilze und eine Kolonie des Dornenvolks, bevor ich auf den Baumschleicher getroffen bin. Zu meinem Glück war ich da bereits auf dem Weg nach draußen. Ich habe das Biest weder gehört, noch gerochen. Es ist praktisch ein lebendiger Baum. Er roch auch so.
Der Kampf hat lange gedauert. Ich habe nur knapp überlebt und war äußerst schwer verletzt. Ohne die Schleichkatzen, die ich davon überzeugen konnte, mich zu beschützen, wäre ich vor Ort verblutet. Danach habe ich mir eine Flamberge ähnlich dieser hier machen lassen, für die Reichweite und Schlagkraft.“
„Du hast ihn also besiegt. Bemerkenswert. Aber die lange Klinge hätte Dir im Wald nichts genützt. Äxte oder Kriegshämmer mit langem Dorn wären besser geeignet.“
Droin sruhige Einschätzung war zwar sicher richtig, aber die Leistung so viele Bedrohungen im Wald überwunden zu haben, war trotzdem beeindruckend.
„Zum Glück für uns hast Du überlebt. Ich hätte die Kreaturen tiefer im Wald gerne gesehen“, fügte Anaya hinzu.
„Ich bin sicher, irgendwann werden wir dazu die Gelegenheit haben.“
Auch wenn es gefährlich war, war ich neugierig. Eine erfolgreiche Durchquerung des Schattenwaldes würde unsere Preise als Kopfjäger gewaltig steigern.
„Dann sollten wir es tun.“
Jiang erschien hinter ihrem Vorhang und stellte einen mit Wasser gefüllten Kessel auf die Kohlen, ohne mich dabei eines Blickes zu würdigen. Wie sie festgestellt hatte, wann die Kohle genügend Hitze erreicht hatte, war mir ein Rätsel.
„Einverstanden“, erwiderte Droin.
„Ich auch. Weckt mich, wenn das Essen fertig ist.“
Kmarr rollte sich in seiner Ecke zusammen.
Jiang hatte bereits Zutaten herausgelegt. Sie übernahm das Kochen meistens, nachdem sie uns einmal erklärt hatte, unsere Kochkünste würden nicht für die Schweine im Stall reichen. Niemand hatte protestiert, denn kochen war unterwegs nicht unbedingt die beliebteste Arbeit. Auch wenn ich fand, das Schweine gar nicht so schlecht aßen.
Droin hämmerte unterdessen geduldig mit einem Hammer auf die zahlreichen Beulen in seiner Rüstung ein.
„Ich werde eine Schmiede brauchen, sobald sich die Gelegenheit ergibt.“
„Besser eine Schmiede als einen Sarg.“
„Wenigstens würde er dann weniger Lärm machen.“
Nachdem ich einen Grasfleck zu meiner Zufriedenheit entfernt hatte, stand ich auf und nagelte eine Decke an drei Stellen vor die Tür.
So konnte man nur an einer Seite die Decke zur Seite schlagen und es hielt den Wind besser ab.
In der dritten Jahreszeit war es nachts bereits empfindlich kalt. Besonders hier im Norden würde sich bald das erste Eis auf den kleinen Seen bilden.
Anaya hatte sich inzwischen Droin zugewandt und dieser legte nun nach Anweisungen der Aliana seine Rüstung ab. Von Zeit zu Zeit stöhnte er dabei leise auf.
„Wer übernimmt die erste Wache?“, wollte er dabei wissen.
„Ich werde das tun“, erwiderte ich. Nach den Ereignissen des Tages war mir nicht nach schlafen zu Mute.
„Gut dann übernehme ich die Zweite und Droin kann die Dritte haben.“
Anaya tastete vorsichtig die Seite des Naurims ab. Dieser sog scharf die Luft ein.
„Der Baumschleicher hat dir zwei Rippen gebrochen. Ich werde Dir einen stützenden Verband anlegen. Und etwas von der Calmea-Salbe auftragen.“
„Muss das sein?“, Droin rümpfte die Nase: „Das Zeug riecht wie Pisse und ist ungefähr genauso nützlich.“
Ich musste grinsen, denn er hatte Recht. Zumindest was den Geruch anging.
„Na dann wird man bei Dir ja keinen Unterschied merken“, kam es leise aus Kmarrs Ecke.
Anaya kicherte. „Stell Dich nicht so an, Du wirst doch wohl kaum mit den gebrochenen Rippen rumlaufen oder?“, fragte sie und piekste ihm mit einem Finger genau auf die Bruchstelle.
Stöhnend winkte Droin ab: „Also gut, Du hast gewonnen.“
Ich hatte unterdessen den zweiten Grasflecken beseitigt und erhob mich: „Dann will ich mich mal draußen umsehen, bevor die Sonne völlig verschwunden ist. Ruft mich, wenn das Essen fertig ist.“
Ohne eine Antwort abzuwarten, flüchtete ich nach draußen. Ich brauchte Zeit zum Nachdenken, und wollte mir gleichzeitig ein Bild von der Umgebung machen. Allerdings hatte ich vor allem das Bild von Jiangs nacktem Körper vor Augen.
Während ich zwischen den Gebäuden hindurch ging und hin und wieder einen Blick hinein warf, versuchte ich mir einen Reim auf Jiang sVerhalten zu machen. Bisher hatte ich nicht den Eindruck gehabt, dass sie besonders an mir interessiert gewesen wäre. Aber jetzt hatte sie sich praktisch angepriesen, wenn auch nicht mit Worten.
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