SONIA QUENDT
Wie kam sie eigentlich
zu SM?
Mit autobiografischen Zügen
Wie kam sie eigentlich zu SM? © Sonia Quendt 2012.
Das Werk einschließlich aller seiner Teile (ausgenommen Anhang II,
siehe Hinweis dort) ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die
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Kocks+Riemann Verlag
Dittrichring 17, 04109 Leipzig
www.kocksriemann.de
Lektorat: Oliver Weber
Umschlaggestaltung: Marc Handtke, Leipzig
Coverfoto: © Wisky – Fotolia.com
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Für Rob,
den ich nie vergessen werde
Inhalt
Vorwort des Herausgebers 11
Prolog 13
Opfer sucht Täter 15
Der masochistische Mann 23
Erstaunt 34
Rob tritt in mein Leben 38
Erste Experimente 48
Die Szene 58
In Robs Bann 66
Spielchen 70
Abweichendes Szenario 80
Ausgegurkt 83
Von Rob erniedrigt 84
Süße, kleine Hure Jackie 91
Konsequente Verführung 105
Findungsphase 111
Domio 120
Robs Sinneswandel 127
Ruhelos 1 132
Ruhelos 2 142
Ruhelos 3 151
Robs Entscheidung 158
Der Traum, aus dem sie viel zu schnell erwachte 164
Ich will 167
Erwachsener Junge 170
Die Notwendigkeit, einen Sklaven zu halten 174
Demut 185
Begegnung 189
Wirklichkeitstraum 197
Robs Tod 204
Heute 206
Anhang I: Interview mit der Autorin 207
Anhang II: Was ist eigentlich SM? 209
Leise, leise, immer leiser
Drehen sich hin die Lebenskreise
Schwindet hin, was prahlt und prunkt,
Schwindet Hoffen, Lachen, Lieben,
Bis nichts mehr ist geblieben
Als in sich der letzte dunkle Punkt.
frei nach Theodor Fontane
DANCE MEPHISTO, DANCE MEPHISTO Wenn dich erst der Teufel packt So bist du ausgeliefert nackt
Falco
Eine junge Frau, die sich demütigen und auspeitschen lässt und dabei Erfüllung findet. Die anständige deutsche Männer als „Luschen“ bezeichnet und sich nach einer Vergewaltigung sehnt. Wir sind empört! Was ist nur los in unserer kranken Welt?
Das Werk der Sonia Quendt ist ein außergewöhnliches, man könnte sagen: ein krankes Buch. Doch es handelt nicht von der Krankheit eines Menschen, sondern von der Krankheit der Gesellschaft. Wer sind wir eigentlich, dass wir uns ein Urteil anmaßen – über das, was Menschen aus eigener und freier Entscheidung miteinander anstellen?
Warum ist SM noch immer so verpönt? Warum wird nur hinter vorgehaltener Hand darüber gesprochen?
Der Fall Kachelmann hat uns allen gezeigt, wie schnell wir uns über Dinge erregen, die uns überhaupt nichts angehen. Wenn selbsternannte Frauenrechtlerinnen hysterisches Geschrei anstimmen, wo sie lieber schweigen sollten, ist eine Grenze überschritten.
Dieses Buch ist die Geschichte einer großen Liebe. Der Liebe zwischen Sarah und Rob. Eine Liebe, die anders verläuft als die unzähligen Liebesgeschichten der Weltliteratur. Diese Liebe beruht auf Dominanz und Unterwerfung und daran ist nichts auszusetzen. Wie viele der alltäglichen Ehen beruhen auf ähnlichen Konstellationen? Wenn die Frau ihren Mann nach ihren Vorstellungen biegt und verbiegt oder umgekehrt. Meistens endet so etwas nicht gerade im großen gemeinsamen Glücklichsein, sondern in Frust und Scheidung.
Bewusst oder unbewusst ist einer von zwei Partnern fast immer der Dominierende. Einer muss ja der Bestimmer sein, heißt es doch so schön. Muss er das wirklich? Wie gehen wir eigentlich miteinander um, wenn wir uns nicht ganz ebenbürtig fühlen?
Auf den folgenden Seiten werden sie viele schockierende Erlebnisse finden. Eines haben sie alle gemeinsam: das Prinzip der Freiwilligkeit. In den Geschichten von Sonia Quendt wird niemand gegen seinen Willen gefoltert, gedemütigt oder erniedrigt. Selbst der Sklave Anna – der mich als Herausgeber am meisten berührt hat – wird auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin so behandelt, wie es geschieht.
Lassen Sie sich überraschen, wie Sarah sich ihrem Rob unterwirft – nicht vorübergehend, als Spiel, sondern „24/7“, wie es in der Szenesprache heisst. Und trotzdem bleiben beide auf Augenhöhe.
Falls Sie nur wenig über SM wissen, empfehle ich Ihnen vor der Lektüre den Anhang, in dem wir sie in das Thema einführen. Für alle, die sich für SM interessieren, sich bisher aber nicht getraut haben, offen damit umzugehen, ist dieses Buch besonders geeignet. Aber auch echte Kenner der Szene werden viel entdecken, was sie stimuliert oder erheitert. Denn auch in der „schwarzen“ SM-Szene wird viel gelacht. Hätten Sie das erwartet?
Der Herausgeber
Sie stand weiter hinten und schaute auf das Szenario. Als hätte sich das Wetter der Situation angepasst, grau, kühl und regnerisch. Sie blickte auf das Grab, das Grab Ihres Geliebten. Sie sah seine Frau, seine Kinder, mit ausdruckslosen Gesichtern.
Es war ihr, als schneide ein Messer in ihr Herz. Es gab ihn nicht mehr. Ihn, den sie mehr liebte als ihr Leben. Ihn, mit dem sie zwei intensive Jahre erlebt hatte. Der sie formte nach seinem Bild. Sie, die starke Frau. Die nie geglaubt hätte, dass so etwas möglich sei.
Warum wurde ihr dieses Glück genommen?
Als die Trauergemeinde gegangen war, legte sie eine weiße Rose auf sein Grab. Zu Hause angekommen, ging sie durch die Wohnung, öffnete den Schrank, roch an seinen Hemden, vergrub ihr Gesicht förmlich darin. Sie weinte ohne Ende.
Als sie keine Tränen mehr hatte, kam die Wut in ihr hoch. Er wusste doch, dass es gefährlich war, Motorrad zu fahren. Er wusste doch, dass er Verantwortung hatte. Für sie, für seine Frau, für seine Kinder!
Wieder ging sie durch die Wohnung, zerfetzte seine Hemden. Alles, was ihm gehörte, landete im Müll. Später, als sie wieder zur Besinnung kam, war sie erschrocken über sich und ihre intensiven Gefühle.
Sie hörte seine Worte: „Sei froh, dass du so intensive Gefühle hast.“ Und wieder wollten ihr die Tränen kommen, doch nur ein dumpfes Schluchzen entrang sich ihrer Kehle.
Sie hatte keine Tränen mehr. Sie war tot. Ihr Inneres war ausgebrannt. Sie schwor sich, nie wieder einen Mann zu lieben. Sich nie wieder so formen zu lassen, dass ihre Seele abhängig war. Sie legte ihr gesamtes sexuelles Leben ad acta. Ihren Beruf gab sie auf. Sie wollte nichts mehr, nie mehr irgendetwas.
Sie kam aus einem guten Elternhaus und hatte eine antiautoritäre Erziehung genossen. Nie wurden ihr Grenzen aufgezeigt. Es lief alles ganz normal. Manchmal war sie mit Absicht zickig. Ihre Eltern schoben es auf die Pubertät.
Einmal stahl sie sogar einen Lippenstift in einem Kaufhaus. Sie ließ sich absichtlich erwischen. Nun mussten ihre Eltern sie doch endlich bestrafen. Ihre Freundin hatte ihr erzählt, dass sie von ihrem Vater geschlagen würde, wenn sie etwas angestellt hätte.
Als ihre Eltern die Anzeige von der Polizei bekamen, zitierte sie ihr Vater ins Arbeitszimmer.
„Du hast gestohlen, stimmt das?“
„Ja.“
„Warum hast Du es getan? Dein Taschengeld ist mehr als reichlich.“
„Einfach so.“ Sie schaute ihren Vater dreist an. Nun musste er sie doch schlagen! Am liebsten hätte sie ihm den Vorschlag gemacht. Doch ihre Strafe fiel milde aus. Sie bekam eine Woche kein Taschengeld. Enttäuscht ging sie aus dem Zimmer. Warum? Was musste sie tun, damit ihr Vater sie mit Schlägen bestrafte?
Immer diese Harmonie pur.
Obwohl sie sorglos bei ihren Eltern lebte, wollte sie weg, einfach leben, wild, unanständig, auf sich allein gestellt. Da bot ihr das Studium eine gute Gelegenheit, sich von ihren Eltern zu trennen. Diese Überfürsorglichkeit zu Hause hielt sie einfach nicht mehr aus.
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