Ach ja, Alan hatte ja seine eigene Vorstellung… von mir und Roman.
Zeugte es nicht von einem gewissen Grad an Eifersucht, wenn er ständig darauf zu sprechen kam? Nein, Sam. Tu dir das nicht an. Es ist Alan egal! Du bist ihm unwichtig! Das sollte mein Verstand lieber meinem Körper sagen, der erwartungsvoll summte, als Alan meine Handgelenke umfasste, sie an die Wand tackerte, seinen Körper an meinem rieb und meinen Hals küsste. Ich hörte ein Klicken und meine Hände hingen in Handschellen. Alans Hände strichen an meinen Seiten nach unten. Fuhren unter mein Shirt und schoben dieses nach oben.
Moooo-ment mal; ohne mich!
So viel Verstand besaß ich noch.
Ohne Mühe öffnete ich die Schlösser, befreite meine Hände und stieß Alan heftig von mir. Einen kurzen Augenblick schien er irritiert zu sein. Doch schon in der nächsten Sekunde hatte er sich wieder gefangen. Vielleicht hatte ich mich auch getäuscht. „Keine Lust? Ein Quickie mit dem Ex soll ziemlich berauschend sein.“ Hm, da müsste er eine andere Ex fragen. „Werde ich mir merken. Und jetzt bring mich zurück.“
Schnaubend packte er mich am Handgelenk und zog mich im Laufschritt hinter sich her, bis wir den Raum mit den Vampiren durchquert hatten. Dann ließ er mich augenblicklich los. Als hätte er sich an mir verbrannt.
Ich war stolz darauf, dass ich nicht weich geworden war. Und noch stolzer, dass ich keinen Drang verspürte in Tränen auszubrechen.
„Viel Spaß noch.“, raunte er, als wir endlich wieder den richtigen Teil des Clubs betraten. „Werde ich haben.“ Weder dankte ich ihm noch wünschte ich ihm dasselbe. So viel Nettigkeit hatte er von mir nicht verdient.
Chris war nach wie vor mit der Brünetten beschäftigt – ähm… sehr beschäftigt – und ich zwängte mich an die Bar, an der ich mir ein weiteres Bier bestellte.
Und einen Whiskey.
Und noch einen.
An Flirten war nicht mehr zu denken. Ich war angepisst. Aber sowas von! Dass ich den Club nicht vor lauter Wut abfackelte, machte mich stolz. Ich könnte es tun. Stattdessen trank ich weiter.
Als ich endlich daheim war, war es draußen schon hell. Notdürftig schminkte ich mich ab, wusch mich und fiel ins Bett.
Nur wenige Minuten später klingelte es. Warum um alles in der Welt klingelte mein Kopfkissen? Oder war es der Wecker?
Hatte ich den gestellt?
Nur langsam hob ich meine schweren Augenlider und warf einen Blick auf den Wecker, der mir zeigte, dass ich nur zwei Stunden Schlaf abbekommen hatte. Erst jetzt registrierte ich, dass das Klingeln von meiner Wohnungstür kam. Welcher Volltrottel schmiss mich an einem Samstagmorgen um sieben aus dem Bett? Ich wollte es ignorieren, aber wer immer seinen Finger auf den Knopf drückte, schien entschlossen zu sein, notfalls den ganzen Tag zu klingeln. Fluchend quälte ich mich aus dem Bett. Mit halb geschlossenen Augen trottete ich zur Gegensprechanlage und fauchte dort hinein, welcher Blödmann mich um meinen Schönheitsschlaf brachte.
Natürlich.
Alan.
Wer sonst sollte so unverschämt sein?
„Verpiss dich! Du bist hier unerwünscht.“
„Mach die Tür auf, Sam oder ich schwöre dir, ich trete sie ein!“ Oh bitte, für wen hielt er sich? „Versuch es und ich rufe die Polizei.“ Alan lachte leise. „Du weißt, dass die sich nicht in Rudelangelegenheiten einmischen.“ Selbst mit meinem halbkomatösen Hirn musste ich lachen. „Klar. Aber ich gehöre zu keinem Rudel. Und jetzt lass mich in Ruhe.“
Sein Fauchen war sehr, sehr eindrucksvoll.
„Mach. Die Tür auf. Sam! Es sei denn, du möchtest, dass ich den menschlichen Ordnungshütern einen gewissen Tipp gebe?“ Oh bitte! Wenn er noch lauter brüllte, würde die gesamte Nachbarschaft hellhörig werden.
Nur widerwillig drückte ich auf den Summer, ließ meine Wohnungstür angelehnt und taperte mit immer noch halb geschlossenen Augen in meine Schlafstube, schlüpfte in einen Jogginganzug, schmiss mir im Bad kaltes Wasser ins Gesicht und prallte auf dem Weg in die Küche gegen Alan. Erschrocken keuchte ich auf.
Das ‚Guten Morgen‘ sparte ich mir – es wäre ohnehin eine Lüge.
Ich zwängte mich an ihm vorbei in die Küche und setzte mir einen Kaffee an. Mir! Eine Tasse. Sollte er doch den Geruch inhalieren. „Ist Roman bei dir?“ Gedanklich schnappte ich nach Luft. Sonst noch was? Ich kochte vor Wut. „Jepp, ist er. In meinem Schlafzimmer. Im Wandschrank. Weitere Fragen?“ Seine Mundwinkel zuckten. Offenbar hatte er meinen Sarkasmus bemerkt.
Ich schenkte mir meinen Kaffee ein und lehnte mich – provozierend an diesem schlürfend – an die Anrichte. „Was willst du?“ Er war doch nicht hier, um Roman zu finden. „Das Rudel braucht deine Hilfe.“ Gut, dass ich nur an meinem Kaffee nippte. Sonst hätte ich mich daran verschluckt und ihn in Tröpfchenform in meiner Küche und über Alan verteilt. „Abgelehnt. Das hätte ich dir auch am Telefon sagen können.“ Alan schüttelte den Kopf. „Du verstehst mich nicht. Wir beanspruchen deine Dienste. Wir bezahlen dich dafür.“ Vorsichtig setzte ich die Tasse ab und verschränkte meine Arme. „Meine Dienste sind für dich und das Rudel nicht verfügbar. Das ist das schöne an meinem Job: Ich kann ablehnen. Zudem nehme ich im Moment aus gesundheitlichen Gründen gar keine Jobs an. Nimm es also nicht persönlich.“ Ich könnte mein Gesicht zu einem Grinsen verziehen, nur um ihn zu ärgern. Doch mir war nicht nach Lachen zumute. Noch nicht. „Wir bezahlen dich.“, fauchte Alan, der ein Nein nicht akzeptierte. Meine Problemchen überging er kurzerhand. „Das habe ich durchaus verstanden. Es ändert aber nichts an meiner Entscheidung. Such dir jemand anderen. Ich kann nicht.“
Ein Glucksen bildete sich in meiner Kehle, als er mir erklärte, er bräuchte jemanden, dem er und das Rudel vertrauten.
Es brach vollends aus mir heraus, als er erwähnte, dass ich nicht nur für, sondern mit ihm zusammen arbeiten sollte.
Ich bemerkte zu spät, dass Alan das nicht ebenso amüsant fand wie ich.
Doch da lag ich schon auf dem harten Boden meiner Küche. Alan hockte auf mir und fletschte seine Zähne. Trotzdem konnte ich das blöde Lachen partout nicht abstellen. Sobald ich sein todernstes Gesicht sah, brach ich erneut in wieherndes Gelächter aus. Vor lauter Lachen kamen mir die Tränen. „Reiß dich zusammen, Sam. Das ist nicht witzig!“ Jahaaa, für ihn vielleicht nicht . Ich hingegen fand es zum Brüllen komisch.
Mein Lachen erstarb durch einen gequälten Laut aus meinem Mund, weil Alan meine Handgelenke so fest auf den Boden drückte, dass sie knirschten. „Meinst du, ich werde dich anbetteln? Du wirst für das Rudel arbeiten, Sam. Entweder freiwillig oder ich zwinge dich dazu. Deine Entscheidung.“ Meine Entscheidung, hm? Entweder brach er mir alle Knochen oder ich gehorchte? Oh man, ich hasste ihn. Inbrünstig! War das wirklich der Mann, in den ich mich verliebt hatte? Der mir im ungünstigsten Moment immer noch das Herz brach?
Also, wenn ich die Wahl hatte zwischen gebrochenen Knochen und ein paar Tagen, die ich mit ihm aushalten musste und die mir auch noch bezahlt würden – haha, was waren schon ein paar gebrochene Knochen?
Wollte er mich mit etwas anderem zu einer Kooperation zwingen?
Das Risiko musste ich eingehen.
Mit geballten Fäusten und zusammen gebissenen Zähnen schüttelte ich den Kopf. „Nein. Ich werde nicht für dich arbeiten. Und jetzt geh von mir runter und verschwinde aus meiner Wohnung.“ Alan grinste eisig. „Sonst was?“ Oh, wie wäre es mit geröstetem Alpha? „Willst du mir drohen, Sam? Vergiss nicht, wer ich bin.“ Ok, sein grausiges Grinsen bekam ich ebenso gut hin. Wie könnte ich vergessen, dass er der größte, lebende Kotzbrocken war? Wo war Roman, wenn ich ihn brauchte? Oder Stépan?
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