„Sprechende Dildos?“
Als sie auf das Grundstück der Mausens zurückkehrten, kam Herr Maus gerade von seinem Spaziergang oder was auch immer er gemacht haben mochte zurück. Sein Bademantel wehte im warmen Wind und offenbarte, dass er nichts darunter trug.
„Das scheint ein sehr offener Planet zu sein“, kommentierte Pinogretto.
„Möchtest du dich hier niederlassen?“
„Ich weiß nicht, ob ich so viele Liebhaber verkraften könnte.“
„Freudige Grüße“, krähte Maus und winkte, was seinen Bademantel nur noch mehr für fremde Blicke öffnete. „Waren Sie erfolgreich?“
„Ein bisschen“, log Lee, wobei er sich nicht ganz sicher war, ob er sich vielleicht nur vorlog, dass er log.
„Wie steht es um den Kampf Mensch gegen Mannschine?“
„Die Mannschine führt immer noch.“
„Ach, wie schade.“ Maus blieb stehen, während der Wind weiter sein grausiges Spiel mit ihren Augen trieb. „Wissen Sie, dieses wunderbare Gerät ist nicht zu viel nutze, muss ich leider sagen. Es ist eine wunderbare Idee, ein Sklave für den Haushalt, aber in seiner Umsetzung dann leider nur wenig gelungen. Es war ein Geschenk. Von Chun. Für mich.“ Er legte den Kopf schief. „Obwohl ich nicht sicher war, ob er sich damit vielleicht für etwas rächen wollte. Freund Mannschine kann nämlich nicht besonders viel. Aber wir haben ihn bei uns aufgenommen wie einen von uns. Also einen niedriger gestellten von uns. Wie einen Diener. Einen unbegabten Diener. Der sehr viel Hilfe brauchte. Und den man nicht mit vielen Aufgaben betrauen konnte.“ Maus zuckte die Axeln. „Er war eine Last für uns, mehr Last als Hilfe. Aber wir haben ihn behandelt wie den Sohn eines Dieners den wir nie hatten und mehr kann man da wohl nicht erwarten. Eine wundervolle Maschine, aber völlig wertlos. Allerdings, eine Sache kann man nicht von ihm sagen…“
„Dass er verschwiegen ist?“
Der halbnackte Mann lüpfte die Augenbrauen.
„Sie wissen davon?“
„Ja.“
„Wovon?“
Lee deutete über die Schulter in Richtung Nachbarin.
„Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie das für sich behalten könnten.“
„Wir werden es versuchen.“
„Vielen Dank. Sie müssen wissen, hier auf Venedig sind wir ein bisschen prüde, was solche Sache angeht. Und wir sind sehr, sehr eifersüchtig!“ Sprach’s und entschwand wehenden Bademantels ins Haus.
Pinogretto musterte ihren Captain.
„Was?“
„Versteh ich das richtig? Die haben alle Verhältnisse miteinander, aber keiner weiß was davon?“
„Es erweckt ganz den Anschein. Vielleicht ist die Mannschiene ja verschwiegener, als alle glauben.“
Die Dinge, die das Team von Technikern über Menschi die Menschine herausgefunden hatte, hielten sich in Grenzen. Es gab keinen physischen Beweis dafür, dass sie die Tat begangen hatte. Und sie blieb bei ihrer Aussage, dass sie „Zeuge“ der Tat gewesen sei.
„Stellt das Ding für andere eine Gefahr dar?“ wollte der Captain wissen.
„Das wissen wir nicht“, gestand der Techniker. „Es hat ein paar unserer Regale umgestoßen, also von dem Standpunkt…“
„Das Ding ist also tölpelhaft und ungeschickt. Sonst noch irgendwas?“
„Es hat jede Menge Notfallprotokolle. Eigentlich ruft es schon einen Arzt, wenn sich jemand nur in den Finger schneidet. Die Ärzte in der Umgebung haben sich auch schon darüber beschwert, wie sich herausgestellt hat.“
„Also ein übervorsichtiger Tölpel, der eigentlich zu nix nutze ist.“ Captain Lee seufzte. Es war nur eine Maschine und das Schlimmste, was er ihr antun konnte, war sie abzuschalten und auseinandernehmen zu lassen. Trotzdem blieb die Frage, ob sie eines Verbrechens fähig war. Ob sie, falls sie die Tat begangen hatte, es überhaupt als ein Verbrechen und falsch ansehen würde? „Kann das Ding lügen?“
„Wir haben diverse Tests gemacht“, sagte der Techniker, „es sieht nicht danach aus.“
„Sie sagt also die Wahrheit“, murmelte Lee. „Und es gibt keinen Beweis dafür, dass sie die Tat begangen hat oder dass von ihr irgendeine Gefahr ausgeht.“
„Was bedeutet das?“ fragte sein erster Offizier.
„Das, liebe Lydia, weiß ich leider auch nicht“, gestand er. „Ich muss mir überlegen, was ich mit ihr mache. Wenn wir sie ausschalten kommt das ja in gewisser Weise einem Todesurteil gleich. Und wenn ich die Maschine zum Tode verurteile, möchte ich vorher wirklich sicher sein, dass sie auch schuldig ist… und am besten auch ihre Schuld versteht.“
„Das klingt sehr philosophisch.“
„Das ist es auch.“
„Und was hast du jetzt vor?“
„Für den Fall, dass wir ihn wirklich ausschalten müssen, gönnen wir ihm ein paar letzte Stunden an dem einzigen Ort, den er kennt.“
„Ist das denn nicht gefährlich für die Mäuse und ihre Nachbarin?“
„Ich hoffe nicht.“
„Und wenn doch?“
„Wissen wir, dass die Mannschine schuldig ist!“
Die Freude auf beiden Seiten hielt sich in Grenzen, als die beiden Offiziere die Mannschine zurück an ihren alten Arbeitsplatz brachten.
„Ah“, sagte Hyronimus Maus nur und wandte sich wieder anderen Dingen zu.
„Oh“, sagte Fionulla Maus nur und wandte sich wieder ihren Fingernägeln zu.
„Ih?“ meinte Lady Elladottir unsicher, die nicht nur bislang einen Vornamen schuldig geblieben, sondern auch Gast im Hause Maus war und nicht ganz sicher zu sein schien, wie ihre Reaktion in dieser Situation ausfallen sollte.
„Warum nicht?“ nickte der Captain. „Wir wollten… sehen, wie sich Ihre Mannschine in ihrer natürlichen Umgebung so gibt“, erklärte er, nicht ganz sicher, ob das wirklich das war, was sie sehen wollten.
„Dieser wundervolle Trottel wird eh nur irgendwas kaputt machen“, seufzte Herr Maus.
„Vielleicht kann er sich ja mal nützlich machen?“ schlug Lady Maus vor.
„Er könnte die scheiß Getränke bringen“, warf Lady Elladottir in die Runde.
„Mixen kann er sie ja nicht“, kam es von Maus.
„Weil er uns ja vielleicht vergiften könnte“, ergänzte Mausi.
„Zu viele beschissene Sicherungen“, schloss Dotti.
„Also gut“, ließ sich die Dame des Hauses breit schlagen, „Menschi, ich hätte gerne einen Rotwein. In einem Glas. Steht beides in der Küche.“
„Oh, bestellst du mir bitte einen Whisky.“
„Und einen Whisky für meinen Mann. Ebenfalls im Glas.“
„Danke. Dotti?“
„Menschi, ich nehme auch einen Rotwein. In einem scheiß Glas.“
Lady Maus sah die beiden Offiziere an, die der Szene verwundert folgten. „Es gibt nur eine Flasche Rotwein, also kann er da nichts falsch machen.“ Aus der Küche hörte man Klirren wie von Gläsern, die zu Bruch gingen. „Kaputt schon!“
In einer Haltung, die man nur als geknickt bezeichnen konnte, kam die Mannschine wenig später mit einem Tablett und drei Gläsern darauf wieder zurück in das Wohnzimmer, aus dem man die Leiche des auf unnatürliche Weise verstorbenen Chun inzwischen entfernt hatte. „Wir können sie nicht als Dekoration behalten, oder?“ hatte Maus gefragt. „Das wäre sicher der Renner auf Partys.“
„Aber dann wollen alle eine haben“, hatte der Captain eingewandt.
„Richtig. Das sehe ich ein.“
„Ich habe-“, begann die Mannschine.
„Haben wir gehört!“ schnitt ihm die Hausdame das Wort ab. „Ich werde… deine Hilfe vermissen.“
„Danke. Lady Maus.“
Er reichte ihr ein Glas und sie lächelte Lee und Pinogretto an. „Ironie kann er nicht.“
„Das ist sehr bedauerlich, Lady Maus.“
„Es erfüllt seinen Zweck.“
Menschi ging zu Lady Elladottir und reichte ihr vorsichtig ein Glas Rotwein.
„Danke, Menschi“, sagte sie und nahm es ihm ab.
„Wo soll ich den Whisky für Signore Maus hinstellen?“ fragte die Mannschine dann.
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