Ludwig Witzani - Die kleine Posaune der Freiheit

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Der Untergang des Kommunismus hat die baltischen Länder und Polen befreit, sie sind aus ihrem totalitären Kälteschlaf erwacht und dabei, eine noch ungewisse Zukunft zu gestalten. Anders verhält es sich noch mit dem Kaliningrad Oblast, mit Sankt Petersburg und Weißrussland, aber auch hier hofften die Menschen endlich Abschied nehmen zu können von den Verwüstungen des 20. Jahrhunderts. Ein anderes Europa nimmt Gestalt an, in unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Formen, und Ludwig Witzani wollte mit eigenen Augen sehen, wie sich diese Umbrüche vollziehen. Dabei trifft der Autor auf ein Europa, das dabei ist, einen stürmischen Aufbruch zu wagen, und dass doch zugleich noch immer an den Hypotheken einer Vergangenheit trägt, die nicht vergehen will: der Erinnerung an den nationalsozialistischen Massenmord und die Deformationen, die der Kommunismus den osteuropäischen Völkern nach dem Zweiten Weltkrieg zugefügt hat. In der Begegnung mit den historischen Zeugnissen dieser Epochen aber auch mit den Menschen, die ihm auf dieser Reise begegnen, gewinnt der Autor ein neues Bild von der europäischen Peripherie, die keine Peripherie mehr sein will – und eine neues Verständnis seiner deutschen Identität.

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Inhalt

Titel Ludwig Witzani Die kleine Posaune der Freiheit Osteuropäische Reisen zwischen Riga und Danzig, Warschau und Sankt Petersburg

Copyright Ludwig Witzani: Die kleine Posaune der Freiheit _________________________________________________________________ Copyright: Ludwig Witzani 2016

Karte

Vorbemerkung VORBEMERKUNG Glück heißt, im Augenblick zuhause zu sein - besser kann ich es nicht sagen. Gemessen daran, ist es für das Glück des Reisens von Vorteil, daheim nicht allzu viel zurück zu lassen: keinen Ärger, keine Schulden, keine Termine und schon gar keine große Liebe. Eine große Liebe passt nicht zum Reisen. Die Sehnsucht legt sich dem Reisenden wie eine Klappe vor die Augen, und er sieht nur seine Liebe und nicht die Welt. Da traf es sich gut, dass zuhause auf mich überhaupt keine Liebe wartete, weder eine große noch eine kleine. Ich war frei und offen wie ein Scheunentor für das, was es zu sehen gab. Das war die Stimmung, in der ich beschloss, eine Reise durch Osteuropa zu unternehmen. Der Untergang des Kommunismus hatte die baltischen Länder und Polen befreit, sie waren aus ihrem totalitären Kälteschlaf erwacht und dabei, eine noch ungewisse Zukunft zu gestalten. Anders verhielt es sich noch mit dem Kaliningrad Oblast, mit Sankt Petersburg und Weißrussland, aber auch hier hofften die Menschen endlich Abschied nehmen zu können von den Verwüstungen des 20. Jahrhunderts. Ein anderes Europa nahm Gestalt an, in unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Formen, und ich wollte mit eigenen Augen sehen, was dort geschah. Bald merkte ich jedoch, dass nicht nur die Zukunft wie eine Verheißung über diesem anderen Europa lag. Dieses Europa trug auch an den Hypotheken einer Vergangenheit, die nicht vergehen wollte. Eigentlich waren es zwei Belastungen, die mir auf Schritt und Tritt begegneten, einerseits die Spuren der nationalsozialistischen Massenmorde während des Zweiten Weltkrieges, und andererseits die mentalen und materiellen Deformationen, die der Kommunismus den osteuropäischen Völkern nach dem Zweiten Weltkrieg zugefügt hatte. So änderte sich, zuerst unmerklich, dann aber immer deutlicher, die Stimmung der Reise. Am Ende bin ich als ein anderer heimgekehrt. Nicht unbedingt klüger, aber demütiger vor dem, was den Esten, Letten und Litauern, den Russen, Polen und Weißrussen wiederfahren ist und was sie erwartet. Mein Dank gilt allen Mitreisenden, die mich eine Strecke begleiteten, allen neuen Freunden, die ich unterwegs gefunden habe und den Gastgebern, die mich eine Zeitlang beherbergten. Wo es erforderlich schien, wurden einige Namen aus Gründen der Diskretion verändert. Einige Abläufe wurden im Interesse der Lesbarkeit gestrafft. Für meine Perspektive und meine Urteile bin ich jedoch ganz allein verantwortlich. Wer anderer Meinung ist, soll sich auf die Socken machen und selber sehen…

START IN HELSINKI

ESTLAND oder: Was ist Osteuropa?

LETTLAND oder: Die Russen sind an allem schuld

LITAUEN oder: Der kleine Engel der Freiheit

KALININGRAD OBLAST oder: Palimpsest der Geschichte

OSTPOLEN oder: Der Christus unter den Nationen – Danzig

OSTPOLEN oder: Der Christus unter den Nationen – Warschau

OSTPOLEN oder: Der Christus unter den Nationen – Zakepie, ein Dorf in Polen

WEISSRUSSLAND oder: Im Herzen des Blutlandes – Brest

WEISSRUSSLAND oder: Im Herzen des Blutlandes – Grodna

WEISSRUSSLAND oder: Im Herzen des Blutlandes – Minsk

WEISSRUSSLAND oder: Im Herzen des Blutlandes – Khatyn

FINALE IN SANKT PETERSBURG

Literaturhinweise

Über den Autor

Ludwig Witzani

Die kleine Posaune

der Freiheit

Osteuropäische Reisen

zwischen Riga und Danzig,

Warschau und Sankt Petersburg

Ludwig Witzani: Die kleine Posaune der Freiheit

_________________________________________________________________

Copyright: Ludwig Witzani 2016

VORBEMERKUNG Glück heißt im Augenblick zuhause zu sein besser kann ich es - фото 1 VORBEMERKUNG Glück heißt im Augenblick zuhause zu sein besser kann ich es - фото 2

VORBEMERKUNG

Glück heißt, im Augenblick zuhause zu sein - besser kann ich es nicht sagen. Gemessen daran, ist es für das Glück des Reisens von Vorteil, daheim nicht allzu viel zurück zu lassen: keinen Ärger, keine Schulden, keine Termine und schon gar keine große Liebe. Eine große Liebe passt nicht zum Reisen. Die Sehnsucht legt sich dem Reisenden wie eine Klappe vor die Augen, und er sieht nur seine Liebe und nicht die Welt.

Da traf es sich gut, dass zuhause auf mich überhaupt keine Liebe wartete, weder eine große noch eine kleine. Ich war frei und offen wie ein Scheunentor für das, was es zu sehen gab. Das war die Stimmung, in der ich beschloss, eine Reise durch Osteuropa zu unternehmen.

Der Untergang des Kommunismus hatte die baltischen Länder und Polen befreit, sie waren aus ihrem totalitären Kälteschlaf erwacht und dabei, eine noch ungewisse Zukunft zu gestalten. Anders verhielt es sich noch mit dem Kaliningrad Oblast, mit Sankt Petersburg und Weißrussland, aber auch hier hofften die Menschen endlich Abschied nehmen zu können von den Verwüstungen des 20. Jahrhunderts. Ein anderes Europa nahm Gestalt an, in unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Formen, und ich wollte mit eigenen Augen sehen, was dort geschah.

Bald merkte ich jedoch, dass nicht nur die Zukunft wie eine Verheißung über diesem anderen Europa lag. Dieses Europa trug auch an den Hypotheken einer Vergangenheit, die nicht vergehen wollte. Eigentlich waren es zwei Belastungen, die mir auf Schritt und Tritt begegneten, einerseits die Spuren der nationalsozialistischen Massenmorde während des Zweiten Weltkrieges, und andererseits die mentalen und materiellen Deformationen, die der Kommunismus den osteuropäischen Völkern nach dem Zweiten Weltkrieg zugefügt hatte. So änderte sich, zuerst unmerklich, dann aber immer deutlicher, die Stimmung der Reise.

Am Ende bin ich als ein anderer heimgekehrt. Nicht unbedingt klüger, aber demütiger vor dem, was den Esten, Letten und Litauern, den Russen, Polen und Weißrussen wiederfahren ist und was sie erwartet.

Mein Dank gilt allen Mitreisenden, die mich eine Strecke begleiteten, allen neuen Freunden, die ich unterwegs gefunden habe und den Gastgebern, die mich eine Zeitlang beherbergten. Wo es erforderlich schien, wurden einige Namen aus Gründen der Diskretion verändert. Einige Abläufe wurden im Interesse der Lesbarkeit gestrafft. Für meine Perspektive und meine Urteile bin ich jedoch ganz allein verantwortlich.

Wer anderer Meinung ist, soll sich auf die Socken machen und selber sehen…

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START IN HELSINKI

Dass eine Reise durch den großen Osten in Helsinki beginnen sollte, dafür gibt es gute Gründe. Der unwichtigste ist noch der, dass die Flugverbindungen nach Helsinki ausgezeichnet sind, weniger wichtig ist auch, dass man sich in dieser Welthauptstadt der Intelligenten und der Fleißigen noch einmal so richtig an europäischer Normalität laben kann, ehe man das Reich von Schmalzbrot und Bortschsuppe betritt. Das bedeutendste Argument aber, das für Helsinki spricht, ist der Kontrast. Helsinki, die nördlichste Hauptstadt der Welt, liegt so nahe an Osteuropa, dass Stadt und Land nicht ohne Blessuren durch die gemeinsame Geschichte gekommen sind - aber auch in einer so hinreichenden Distanz, dass es den Finnen möglich war, sich nicht in den Strudel hereinreißen zu lassen, der von den Völkern Osteuropas so furchtbare Opfer abgefordert hat. Im Vergleich zu Kaliningrad, Minsk oder Riga ist Helsinki eine wohlhabendes Auenland, ein politischer Balkon, von dem aus man halb mit Schrecken und Grausen, halb mit Interesse und Mitgefühl auf die Völker jenseits des Meeres blicken könnte – wenn man es nur wollte. Aber dieses Interesse daran, was östlich der eigenen Haustüre geschieht, ist in Helsinki nur mäßig ausgeprägt. Das Land ist ganz und gar nach Europa ausgerichtet und hat damit schon lange genau das vollzogen, von dem der Großteil der Osteuropäer so lange vergeblich träumte.

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