„Ist alles klar mit dir?“, riss Charly sie aus ihren Gedanken.
„Ja. Ja, ich bin okay“, antwortete Lory und kniete sich neben der Toten nieder. Sie fing an, in den Taschen der Frau zu suchen.
„Was machst du denn da?“, fragte Charly angewidert.
„Die Typen wollten ihre Credits, also muss sie Geld oder eine Art Kreditkarte bei sich haben. Vielleicht hilft uns das weiter“, antwortete Lory.
In einer Tasche am Gürtel fand sie schließlich, wonach sie gesucht hatte. Die Karte hatte eine goldene Farbe und war mit einer ihr unbekannten Schrift bedruckt. Neben der Karte fand sie noch etwas, was wie eine ID-Karte aussah und ein Schreiben, das in einer Folie steckte.
„Sieh! Hier haben wir es. Wir müssten nur herausbekommen, was auf der verdammten Karte und dem Zettel hier geschrieben steht.“
Charly schaute sich unsicher um.
„Meinst du nicht, wir sollten sehen, dass wir von hier verschwinden?“
„Ja, du hast recht. Lass uns von hier verschwinden. Wir suchen uns erst einmal ein Gasthaus und probieren diese Kreditkarte hier aus. Komm!“
„Aber wenn die merken, dass die Karte gestohlen ist? Dann buchten die uns bestimmt ein.“
„ No risk, no fun “, sagte Lory lachend. „Na komm schon, Angsthase. Wir kriegen das schon geschaukelt. Ich hab so das Gefühl, dass wir hier unser Ticket nach Hause gefunden haben. Komm schon!“
***
Tatsächlich hatten siereibungslos mit der Karte bezahlen können. Sie hatten etwas gegessen und getrunken und Lory fühlte, wie ihre Lebensgeister wiedererwachten.
„Kann ich dich mal etwas fragen“, sprach sie die Bedienung an, als diese die leeren Teller abräumen wollte.
„Ja, natürlich.“
„Aber ich muss sicher sein, dass du verschwiegen bist. Ich gebe dir eintausend Credits, wenn du mir die Informationen geben kannst und wenn du verschwiegen bist. Niemand darf davon erfahren, was ich dich jetzt frage.“ Lory hoffte, dass sie nicht zu hoch gepokert hatte und die Karte über genug Credits verfügte.
„Okay“ gab sich die grünhaarige Bedienung mit den vier Armen damit einverstanden. „Frag mich. Ich bin verschwiegen.“
Lory hielt der jungen Frau die ID-Karte und den Zettel hin.
„Ich muss wissen, was dort draufsteht.“
Die Bedienung schaute sich zuerst die ID-Karte an.
„Dieses Karte gehört einer gewissen Kirilyla Man'krishar. Sie kommt von Verliyx3 und ist dreißig Jahre alt.“
„Gibt es eine Möglichkeit, das Bild auszutauschen?“, fragte Lory leise.
„Ja. Ich kenne jemanden, der macht dir das für zweitausend Credits.“
„Ich weiß nicht genau, wie viel ich auf der Karte habe“, gab Lory zu.
„Das ist eine goldene Tik-Karte. Die ist ohne Limit“, antwortete die Bedienung. „Ich kann dich zu Moross bringen, das ist der Mann, der so was machen kann. In einer Stunde habe ich Schluss, dann kann ich mit euch zu ihm gehen.“
„Gut. Und was ist mit diesem Schreiben hier?“
Die Bedienung las das Schreiben aufmerksam durch.
„Es ist eine Besitzurkunde für ein Sklavenmädchen mit Namen Nunuk. Es stehen nur Details über die Herkunft des Mädchens und den Kauf auf der Urkunde.“
„Perfekt!“, sagte Lory zufrieden und grinste Charly an, die ein wenig skeptisch dreinschaute.
„Wartet einfach hier, bis ich fertig bin“, sagte die Bedienung. „Jetzt muss ich wieder an die Arbeit.“
„Okay, danke!“, sagte Lory.
„Bist du wahnsinnig?“, zischte Charly leise, als die Bedienung gegangen war. „Wenn die uns nun verpfeift?“
Die will das Geld und diese ID und die Urkunde sind unsere vielleicht einzige Chance, hier wegzukommen. Diese Gelegenheit können wir nicht ungenutzt lassen, nur weil du dir vor Angst in die Hosen machst. Diese kleine Karte ...“, Lory hielt die Kreditkarte vor Charlys Nase, „... wird uns das Ticket nach Hause kaufen und ohne die ID und die Urkunde kommen wir nie an den Wachen vorbei in den Spaceport. Ich bin ab sofort Kirikyla und du bist mein Sklavenmädchen Nunuk. Ich muss mir nur noch etwas anderes zum Anziehen besorgen. Ich glaube, dieser Fummel ist ein wenig zu billig für eine Frau mit unbegrenztem Kredit.“
„Warum muss ich die scheiß Sklavin spielen und du machst hier einen auf vornehme Lady?“, brummte Charly missmutig.
„Weil es meine Idee war und weil ich die Karten und die Urkunde organisiert habe. Ich hab die beiden Wichser ausgeschaltet. Noch Fragen?“
„Ja! Warst du schon immer so ein kaltes Biest?“
Lory starrte Charly perplex an. Die Worte hatten getroffen. Sie wusste, dass sie eine Zicke war, aber das war ein wichtiger Teil ihres Panzers, den sie sich zugelegt hatte. Wenn sie konstant Gift versprühte, dann hatte niemand die Zeit, sie anzugreifen und zu verletzen. Außerdem half es ihr dabei, eine der besten Agenten des FBI zu sein. Nette Mädchen schnappten keine Killer.
„Wenn ich uns nach Hause gebracht habe, dann kannst du mich hassen, so viel du willst, doch bis dahin solltest du dich an das halten, was ich sage. Es sei denn, du willst lieber hierbleiben und für einen verdammten Alien die Beine breitmachen!“, gab sie leise, aber bestimmt zurück.
„Du kannst davon ausgehen, dass wir geschiedene Leute sind, sobald ich meinen Fuß auf die Erde gesetzt habe“, gab Charly zurück.
„Kein Problem.“
Die Bedienung hattesie zu dem besagten Mann gebracht, der die ID in wenigen Minuten mit ihrem Abbild versehen hatte. Danach hatte Zola, so hieß die Bedienung, ihnen geholfen, sich neu einzukleiden. Lory kaufte sich ein sündhaft teures Kleid aus einem schimmernden nachtblauen Stoff und noch ein weiteres in Sonnengelb. Charly bekam ein einfaches weißes Gewand, das die besseren Sklaven zu tragen pflegten. Außerdem schleppte Zola sie zu einem Schönheitssalon, wo drei reptilienartige Frauen Lory eine standesgemäße Frisur verpassten und sie dezent schminkten. Lory, die nicht viel von Make-up hielt, hatte protestiert, als man ihr die Lippen blau schminken wollte, und nach langer Diskussion hatten die drei Frauen ihre Lippen nur mit einer Art silbrig schimmernden Lipgloss versehen.
„Danke für deine Hilfe“, sagte Lory und gab Zola ihren versprochenen Lohn von tausend Credits. Zola hatte ihr gezeigt, wie sie mit der Karte an den mobilen Cashrobotern eine Art Scheck ausstellen konnte. Die Cashroboter waren kleine Kästen, etwa in der Größe eines Schuhkartons, die mithilfe eines Propellerantriebes durch die Straßen flogen und auf Wink mit der Karte angeflogen kamen. Man musste die Karte nur in einen Schlitz stecken, wie bei einem Geldautomaten, dann gab man die Summe ein und ein Scheck wurde gedruckt. Lory war froh, dass man für diese Karten keine Geheimnummer benötigte, was fatal wäre. Nicht besonders sicher das System hier auf dem Alien-Planeten, doch das kam ihnen nun zugute, also beschwerte sie sich nicht darüber.
„Kein Problem. Wenn du mal wieder Hilfe brauchst, du weißt, wo du mich findest“, sagte Zola und nahm den Scheck entgegen.
„Komm“, sagte Lory zu Charly, nachdem Zola gegangen war. „Je eher wir im Spaceport sind, desto besser. Ich glaube nicht, dass die uns dort so schnell suchen. Niemals werden sie denken, dass wir es in ein so scharf abgesichertes Gebiet geschafft haben.“
Die beiden Wachen,die der Black Guard angehörten, welche alle galaktischen Spaceports kontrollierten, waren schwer bewaffnet. Sie hatten ein undurchschaubares Pokerface aufgesetzt, doch Lory sah, wie Lust in den Augen der beiden aufblitzte, als sie in dem tief ausgeschnittenen Kleid auf die Männer zuging. Sie hatte ein arrogantes, wenngleich verführerisches Lächeln aufgesetzt und das blieb nicht ohne Wirkung. Der größere der beiden Guards ließ seinen Blick langsam an ihrem Leib auf und ab gleiten und sie hoffte, dass sie nicht zu dick aufgetragen hatte. Sie wollte nicht, dass der Kerl dachte, er könne mit ihr hier irgendwo eine schnelle Nummer schieben.
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