So wächst und wuchert das Problem der Zeit über die Jahre hinaus zur Ewigkeit. Weit klaffen die Scherenblätter zwischen arm und reich, da fällt manch ein Erschöpfter in den modernden Teich.
Der Bauer, der die fremde Scholle pflügt, es ist der Arbeiter, der in der Härte der Lehn nicht lügt,
denn zur Lüge braucht es den Grundbesitz, den zu bekommen, das ist kein Witz.
Stophos.Das stimmt, es ist die nackte Wahrheit, dass der, der pflügt, nicht die Worte zur Rede hat. Es ist der Abstand vom Wort zur Tat, der aus der Ferne das Maß bestimmt zur Freiheit. Hohe Gewölbe sind zu sprengen, ganz andere sind der Lügen wegen aufzuhängen als die, die nicht frei reden können, weil die in ihrer Not sich selbst nicht mehr erkennen.
Golden sind Becher und Teller auf protzigen Tischen, wo gespeist und gezecht wird mit großen Fischen aus der Welt von Besitz und aufgeputzter Hoffart, von dem, was die Sprachlosen nicht haben. Die Keller der Reichen sind voll kostbarer Weine, da verläuft sich keiner der dünnen Beine. Für die Mageren gibt es weder hohe Tische noch gefüllte Keller. Was sie in ihren Händen halten, sind die schäbig gefüllten blechernen Teller.
Kritiker.Das ist, was ich meine, Besitz braucht starke Beine. Besitzende Hände kennen keine Schwielen, Besitzer-Füße schreiten weich über Teppiche und polierte Dielen.
Herr.Das alles ist mir doch nicht neu. Was mich stört, ist die lange Dunkelheit, in der wir ständig ziellos tappen, wenn wir um den Kreis der Wahrheit schlappen.
Kritiker.Viel mehr Licht ist vonnöten, dass es aufhört mit dem Rauben und dem Töten. Denn das weiß jedes Kind, dass Pokale auf den hohen Tischen verziert mit edlen Steinen sind. Was das Kind nicht weiß, ist, dass es einen solchen Pokal nie zu fassen bekommt.
Ein Freund.Der Pokale gibt es viele, die auf hohen Tischen stehn. Hohe Gläser haben lange Stiele, sie sind bunt und teuer anzusehn.
Doch bricht die Nacht für alle herein, da ist sich keiner mehr zu fein, wenn mit der Dämmerung der Glanz ergraut und sich jeder vor die eigene Stirn haut.
Seher [ mit dem Rücken zum Publikum ].Morgens schlafen hohe Kreise länger, trunken liegen sie vom süßen Wein. Die da draußen auf den Feldern, die sind bänger, die harte Arbeit mit dem wenig Schlaf schürt den Schmerz im Bein. Ich sage, die Bauernarbeit macht Euch groß, denn mit dem Fleiß der tausend Hände zieht ihr das große Los. Doch zahlt den Lohn honorig denen, denen er gebührt, um so heller leuchtet der Stein, der euch den Pokal verziert.
Hoher Herr!, und dann bedenkt, wie sich Fleiß mit Glück im Lohn verbindet, was weit voraus der Weise findet, wenn er aus der Verbindung die Gerade lenkt, mit der er Weg und Richtung weiterdenkt, die zum Ziel der Zeit der Menschheit führen. Wert und Würde lassen’s deutlich spüren, dass ohne sie das Licht nicht zündet und der Zug entgleist.
Stophos.Nun scharen sich zum großen Haufen Groß und Klein im dichten Handgemenge. Dringlich wird’s, wie hinterher die Chöre laufen bis tief hinein ins Kopf- und Fußgedränge. Die tausend Possen kommen im Gehen und Stehen. Es ist die neue wie die alte Welt, sie will sich als den großen Narren wiedersehen.
Menschen füllen den Marktplatz
Beobachter.Bauern, Holzfäller und Kohlenbrenner, Torfstecher, Gerüstbauer und Lastenträger, Männer mit verschwielten Händen und Sohlen, Männer und Frauen mit geraden und gekrümmten Rücken, alt und jung kommen aus den Häusern und füllen den Markt.
Anmut und Armut stehen beieinander und geben sich die Hand, als wären sie Zwillinge aus ein und derselben Mutterzelle, von denen der eine und der andere heißt. Oft stehen sie vor fleckig verschmierten Wänden, dass erst die Nacht den Ausgleich schafft hin zur friedlichen Gelassenheit.
Die Träger sind oft die Schwäger der Frauen mit den vielen Kindern. Unter den Brüdern gibt es die Steiger, sie fahren in Schachtkörben die Tiefen hinab und kommen nach Schichtende erschöpft und schwarz oben wieder an.
Schon der Anblick sagt’s: Die Menschen sind verschieden, verschieden krumm sind ihre Rücken, weil verschieden schwer sie tragen und sich täglich bücken. Kaum einer, der etwas Schönes in den Händen hält, Gesichter gibt’s, die blicken, als wären sie hierher bestellt.
Stophos.Felsige Wände klopfen zur Rache, da gibt es noch die ernste Sache, wenn Menschen sich entgegenblicken und dabei dem andern in die Arme zwicken. So sind Angst und Hoffnung eng verkettet,
die Frage ist: Wird so die Menschheit noch gerettet? Oft verklumpt das Wunder hart zu Stein. Wer möchte da der Engel sein, die Schlichtung mit weicher Zunge vorzunehmen und die Geduld endlos weiter auszudehnen?
Erster Marktsteher.Es gibt zu viele Zwerggestalten, mit denen nichts anderes zu machen ist als sie zu verwalten. Kaum einer ist gerade und hat den geradeaus gestreckten Mut, stählt Kraft und Willen über der Schmiedefeuers Glut fürs Volk, das sich in Not und Elend krümmt und sich längst hinab ins Schweigen stimmt.
Zweiter Marktsteher.Mit den aufgesetzten Masken ist es nicht getan, wenn Pflichten zu laden und zu tragen sind, wenn Verderbliches nicht ganz verderben soll, was in übelriechend penetrantem Tran
die feuchten Gänge und die nassen Gossen füllt.
Erster Marktsteher.Ja, es geht weit über die Haargrenze hinaus bis in die Füße. In den Sohlen sticht die bittere Not. Es brennt wie auf glühenden Kohlen. Das ist dann längst kein Spaß.
Zweiter Marktsteher.Und dann der Schmutz in den Straßen. Er überschreitet die Erträgnismaßen, denn Armut ist etwas anderes als Schmutz, das weiß schon jedes Kind.
Stophos.Weil es nicht begriffen wird, geht auch der Hände Griff daneben. Menschen sprechen allegorisch, dabei ziehen sie den Wortstreifen zerfleddert als Sinnstreifen hervor. Es war schon früher so, wenn man sie ruft und zu ihnen spricht, drehen sie die Köpfe weg mit stumpfem Gesicht, dass es den Rufern in den Ohren klingelt und schwirrt.
Gruppe junger Dichter.Für die ist auch die Poesie die reine Verschwendung, weil sie keiner hört, was auch keinem gehört, vom Verstehen ganz zu schweigen. Die Sprache bricht ab vor der Vollendung, was die grob-tauben Ohren aber nicht stört. Tief verkümmert und verbogen sind Bildung und Reigen, dass es schmerzt, hallend höhnt und kränkt, wenn laut der Eine mit dem andern zankt.
Das bessere Wort mit den wohlklingenden Silben verkommt und liegt geschrieben im Vergilben. Was soll aus dem Tiefstand der Bildung werden, wenn das Ohr gegen die Sprache vertaubt, dass sich die Dunkelheit hinzieht bis ins Sterben und der Lebensatem sich sinnlos verbraucht?
Die Sprache der Wahrheit wird uns Dichtern verwehrt, aber mit den verdrehten Worten sind wir verkehrt. Was ist das für ein verkommener Niedergang, wenn keiner Bescheid weiß den Zeitströmen entlang. Halbwüchsige Knaben laufen schmuddelig herum und schwingen vorlaut freche Lippen. Nein, in den Köpfen ist es dunkel und dumm, da werden die letzten ‘Kulturwaggons’ entgleisen und kippen.
Wir können schreiben und uns dabei drehen, von den Leuten auf der Straße wird uns keiner verstehen!
Philosoph.Nicht anders ist es im Halten der Ästhetik auf dem Boden des Denkens bei den Kurven des halsbrecherischen Lenkens. Vorbei geht der Wagen an Sprache und Ethik, den Unterricht dazu gibt es nur dem Namen nach. So liegt das soziale Denken hoffnungslos daneben. Die Denkkultur vergangener Generationen wird verkommen, dass die Erben uns Philosophen im Nachhinein noch verdammen.
Erster Marktsteher.Viele Begierden schürt der Taler, da verpinselt sich der Maler, und der Pflichtige schafft es nicht, die Miete zu zahlen und für den Verbrauch von Wasser und Licht. Das ist, wenn die Frau auch nicht mehr spart und die Begierden miteinander paart, dass beim Mann die Schulden steigen, ohne ihm die Schuld dafür zu zeigen.
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