Sergio Vesely - Mit Möwenzungen in der Mehrzweckhalle

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Mit Möwenzungen in der Mehrzweckhalle: краткое содержание, описание и аннотация

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Zwei Künstler, zwei Kontinente und über 40 Jahre gemeinsame Kultur- und Menschenrechtsarbeit: Der Erzählband Mit Möwenzungen in der Mehrzweckhalle gibt einen Einblick in die Lebensgeschichten der Autoren Urs M. Fiechtner und Sergio Vesely, der zugleich ein Einblick in die deutsch-chilenische Zeitgeschichte ist. Fiechtner und Vesely sind in Chile aufgewachsen und seit Jahrzehnten als Künstler in Deutschland aktiv. Sie beleuchten mit Witz und Humor Aspekte des deutschen Kulturbetriebs. Ergänzt wird der vorliegende Band durch einen Beitrag von Dr. Cornelia Gräbner (University of Lancaster) über die von Fiechtner und Vesely geschaffene Kunstform der Konzertlesung.

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Es ist nämlich ziemlich falsch zu behaupten, dass der deutsche Begriff „Weihnachtsmann“ dasselbe wäre wie Wine-Night-Man in der englischen Sprache. Das führt nur zu Missverständnissen, ja zu monströsen Ungereimtheiten. Aber mein Bruder will nichts davon wissen und bleibt bei seiner Übersetzung, obwohl sie quatsch ist.

Wenn er in dieser Stimmung ist — das weiß ich seit meiner Kindheit — macht es keinen Sinn, ihn von seiner Welle herunter holen zu wollen. Er hört nicht auf Dich. Du kannst ihm dann kirchliche Rituale oder wohlriechende Substanzen lang und breit erklären. Es geht an ihm vorbei. Er will jetzt etwas ganz anderes wissen und seine Laune könnte eine üble werden, wenn Du nicht mitmachst.

Deswegen schaute ich ihn nur kurz ein bisschen grimmig an, als er damit begann, merkwürdige Wortgebilde zu bauen wie „Wine-days-man“ oder „Wine-afternoons-man“. Ich fürchtete mich vor dem, was da auf mich zukommen würde und überlegte mit Eifer, wie ich mich aus der Affäre ziehen konnte.

Aber es wurde dann noch schlimmer, als ich gedacht hatte. Wir verbrachten einen geschlagenen Tag damit, über die unterschiedlichen Tageszeiten eines mutmaßlichen Weinmannes zu diskutieren und einige Begriffe der deutschen Sprache einzuüben, nur damit er sie an seine fixe Idee verschleudern konnte. Und ich half ihm auch noch dabei.

Die Germanisten mögen mir verzeihen. Mit meiner Hilfe wurde die deutsche Sprache verunstaltet. Fremde Völker lernten falsche Ausdrücke durch meine Schuld. Ich schäme mich dafür, denn die deutsche Sprache ist eine sehr ernsthafte Sache und wurde nicht geschaffen, um an Unsinn verschwendet zu werden. Aber, wie ich schon sagte: mein Bruder wollte nicht hören, und ich wollte wegen eines älteren Herren mit einem Übergewichtsproblem nicht unsere alte Freundschaft riskieren.

Am nächsten Tag erhielt ich die Quittung für meine Unvernunft. Ich hatte vergessen, dass mein Bruder nicht nur sehr stur sein konnte, sondern außerdem noch ein gutes Gedächtnis hatte. Was er sich einmal eingeprägt hatte, vergaß er nicht mehr.

Wir fuhren durch die Stadt. Auf einmal bremste er und zeigte auf ein Haus an der Straße. „Dort wohnt ein alter Freund von uns, der jetzt völlig alkoholisiert dahinvegetiert“, sagte er. „Dort wohnt der authentische Weinnachtsmann!“.

Ich, der um diese frühe Stunde noch nicht ganz erreichbar war für seine Witze, schaute ihn verständnislos an. Und er, als ob er sich darauf vorbereitet hätte, fing sprudelnd damit an, alles zu wiederholen, was wir am Vortag eingeübt hatten:

„Der Weinmorgensmann. Der Weinvormittagsmann. Der Weinmittagsmann. Der Weinnachmittagsmann. Der Weinabendsmann. Der Weinnachtsmann. Und der Weindenganzentagmann“ — beendete er seine Deutschlektion und jubelte ekstatisch wie ein erfolgreicher Torjäger. Dann schickten wir dem alten Freund gedankliche Grüße und Genesungswünsche über den Zaun und fuhren weiter. Ich stöhnte. Witze werden anstrengend, wenn man sie in die Länge zieht. Aber vielleicht war das ja nicht bloß eine Witzelei. Und die Deutschstunde war damit auch noch nicht beendet.

Tage später, kurz vor meiner Abreise — wir wussten, dass wir uns für eine lange Zeit nicht wieder in der alten Heimat sehen würden und es war uns eigentlich nicht nach Blödeleien zumute — nahm er mich beiseite und fragte mich ganz ernsthaft: „Warum haben die Deutschen eigentlich an Wein gedacht und nicht an ihr gutes Bier, als sie dem guten viejo pascuero diesen abscheulichen Säufernamen gegeben haben? Warum eigentlich nicht Biernachtsmann, na?!“.

Ich wusste keine Antwort. Ich dachte nur an Condorito, eine unsterbliche Comicfigur in meiner Heimat. Immer, wenn Condorito sich überfordert fühlt, fällt er stracks auf den Rücken und stammelt „ich verlange eine Erklärung“. Das hätte ich jetzt auch gerne getan. Allerdings bekommt Condorito nie eine Erklärung. Das ist bei uns so üblich, nicht nur in den Comics.

Unsere Welt ist voll von Dingen, die eine Erklärung fordern, aber keine erhalten — Armut, Hunger, soziale Ungleichheit, schreiende Ungerechtigkeit, politische Verfolgung und tausend Sachen mehr. Wir bekommen nie eine Erklärung.

Deshalb basteln wir uns unsere eigenen. Darauf sind wir trainiert und beherrschen diese Kunst, auch wenn manchmal seltsame Sachen dabei herauskommen. Außerdem sind wir sehr sture Leute. Wir verstricken uns gerne in die Erklärungen, die wir uns selbst geben müssen, weil man uns mit Erklärungen kurz hält. Wir diskutieren gerne und überall und pausenlos und über alles, aber wir tun das eigentlich nicht, um eine ernsthafte Lösung zu finden, sondern um unseren Stolz hoch zu halten, auch und besonders dann, wenn das Leben nichts anderes im Sinn hat als uns täglich zu demütigen. Das Leben ist gegen uns — also beharren wir darauf, es uns zum Freund zu machen und es so hinzubiegen, dass man mit ihm leben kann. Bei uns braucht man Sturheit, um zu überleben. Und mein Bruder ist eben ein Überlebenskünstler.

Fünf: Der Dolmetscher

Dass es zwischen den Völkern und Kulturen immer wieder zu Sprachverwirrungen kommt, ist nichts Neues und nur zu leicht verständlich. Die Sprache einer Kultur hat etwas mit ihren Gewohnheiten, mit ihrer Denkart und ihren Erfahrungen zu tun. Man kann das nicht 1 : 1 in die Lesart anderer Völker übertragen.

Schwieriger steht es mit der Sprachverwirrung innerhalb einer Kultur, nämlich wenn Worte für die Mitglieder einer Familie etwas ganz verschiedenes bedeuten. Dafür gibt es kein Lexikon. In meiner Familie hatte ich zum Beispiel eine Menge Probleme mit der Definition von Wörtern wie Zukunft, Gerechtigkeit, Fortschritt, Leben. Die meisten Probleme hatte ich mit meiner Mutter.

Sie war das jüngste Mädchen einer zehnköpfigen Familie und lebte in einem scheinbar gut erhaltenen Viertel des alten Santiago de Chile. Aber hinter den gutbürgerlichen Fassaden bröckelte die ökonomische und menschliche Substanz. Die schiere Verzweiflung war ein häufiger Gast im Haus ihrer Eltern. Mit den Jahren verschlechterte sich die Lage so sehr, dass sie die Schule abbrechen musste. Es gab kein Geld mehr, um sich den Luxus leisten zu können, dem jüngsten Mädchen eine Ausbildung zu bezahlen.

Aber es sollte noch schlimmer kommen. Die Eltern starben und sie musste für einen Hungerlohn arbeiten, um überhaupt zu überleben. Es gab keine soziale Absicherung, kein Netz, das einen Menschen in der Not vor dem Absturz ins Elend bewahren würde. Anstatt Wohlstand und Wärme zu spüren, lernte sie die bitteren Seiten des Lebens kennen — Ausbeutung, Einsamkeit und die von allen Seiten drohenden Gefahren des Absinkens in nackte Armut und Hoffnungslosigkeit. Sie musste alleine bestehen in einer Gesellschaftsordnung, in der alleinstehende Mädchen so gut wie keinen Platz hatten. Aber sie gab nie auf. Sie wollte raus aus ihrer engen, ärmlichen Welt. Sie hatte ein Ziel. Es stand alles gegen sie, aber obwohl sie übergenug Gründe hatte, um zu jammern, schwamm sie stolz und unbefleckt durch ihr Elend wie ein Schwan in einem Teich voller gewöhnlicher Enten.

Ihr Stolz und ihr Lebensmut erregten eines Tages die Aufmerksamkeit eines Architekten, der sie bald über alles liebte. Das war mein Vater. Und gemeinsam mit ihm schaffte sie es dann doch, ein bisschen von den süßen Seiten des Lebens zu erobern, soweit sie einem normalen Chilenen zur Verfügung stehen. Aber sie hatte nichts vergessen — kein bisschen von den Starthilfen, die ein junger Mensch im Leben braucht und die ihr versagt worden waren, kein bisschen von dem Leben am Rande des Absturzes und kein bisschen vor der alten Angst, eines Tages allein dazustehen und nichts zu haben als sich selbst. Sie hatte gute Gründe, das Leben so zu sehen, wie sie es sah. Und gute Gründe, einige Worte anders zu verstehen als ich es tat.

Als ich auf die Welt kam, lebten wir in Santiago wie die Maden im Speck. Uns fehlte es an nichts — jedenfalls an chilenischen Verhältnissen gemessen. Klar, wir spielten immer noch in einer untergeordneten Liga von Maden, aber wir hatten alles, was wir zum Leben brauchten. Formal betrachtet, gehörten wir zur gehobenen Mittelschicht einer Klassengesellschaft, in der weit über die Hälfte der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze vegetierte und eine winzige aber unermesslich reiche Minderheit sich die teuersten Extravaganzen leisten konnte.

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