* Achat und Turmalin: Königliche Schwestern der Sidhé (ein den Hochlandelben sehr ähnliches Volk, welches sich jedoch durch seine matriarchalische Gesellschaft unterscheidet)
* König Bjalvi: der König der Norrgen (Feldgeister menschlicher Statur, jedoch am ganzen Körper mit moosgrünem Haar bedeckt und Ziegenhufen statt Füßen)
* Ilva Vyn: die „große Mutter“ der Saligen Fräulein (ein nymphenhaftes Volk von hervorstechender Schönheit)
* Fürst Uvithan: Herrscher der Silavaner (die Schwarzen Männer, schwarzhäutige Waldmenschen aus Umbarien)
* Bruder Tolkun: Mönch im Nang-Tsé Kloster
* Bruder Gonpo: ein weiterer Mönch des Nang-Tsé-Klosters
* Brenon: ein zehnjähriger Junge aus Dysthirthéth, er begegnet Aldrĭn auf der Flucht im Wald von Umbarien
* Vahan von Galahad: Kastellan von Tir’dahall, ein Mann von Arkils Schlag und Alter, engster Berater und Statthalter von Marius von Jalúa; bis vor sechs Jahren Sekretarius des königlichen Rates
Maßeinheiten
(Albenbrücker Maße, umgerechnet in unsere Längen)
Zoll: etwa 3 cm
Handbreit: etwa 10 cm
Fuß: etwa 30 cm
Spanne: eine halbe Elle
Elle: etwa 50 cm
Schritt: knapp 75 cm
Klafter: drei Ellen
Mannshoch: etwa 1,75 m
Albenbrücker Meile: 1524 m
Von Albenbrück, der alten Stadt
erzählt man eine Mär
Zwei Prinzen sollen dort
in dunkler Zeit, derer
Man noch lange sang
dem Schicksal, das ihn’ zugeteilt
Sich nicht entwand
obwohl es schwer, bald ohne Heil
doch Leides gross, im Feuer
wie im tosend Meer
Von Hünen und Dämonen
den Alben unterworfen
dereinst ausgerungen
was kein Mann könnt’ lohnen.
Prolog
Die altvertraute Furcht überkam den Jungen und er schreckte von seinem Lager auf. Das Herz pochte ihm bis zum Hals, verschreckt sah er sich um. In der Kammer herrschten Dunkelheit und Totenstille. Eine Grabkammer war dieser Raum für ihn wahrhaftig.
Der Mond warf seinen fahlen Schein durch das hohe Fenster des Turmes und tauchte die Betten um ihn herum in ein gespenstisches Schummerlicht. Schemenhaft konnte der Knabe die schlafenden Wächter erkennen, die dort lagen.
Es dauerte einen Augenblick, bis er begriff, dass er ganz Herr seiner Sinne war. Er war frei! In den Nächten ließ der Dämon von Zeit zu Zeit von ihm ab, jedoch nur, wenn der Junge schlief. Am Morgen dann dauerte es wenige Augenblicke, bis er wieder in sein Inneres fuhr. Selbst der böse Geist schien eine Ruhezeit zu brauchen.
Doch so plötzlich aus dem Schlaf erwacht, hatte sein Meister noch nicht vom ihm Besitz ergreifen können. Ein ungeheurer Gedanke überkam den Knaben: er konnte fliehen!
Er konnte entkommen und zurückkehren.
Nach Hause.
Nach Albenbrück.
Gerade wollte er sich von der Schlafstätte erheben, da ließ ihn eine Gestalt an der Wand erstarren. Das grässliche Schattenbild des Dämons war dort erschienen und prangte nun mit ausgebreiteten Schwingen über ihm. Das ausgefranste Federkleid und der Hakenschnabel waren trotz des begrenzten Lichtes deutlich zu erkennen. Ebenso zeichnete sich der kräftige Menschenkörper unter dem Gewand des Raubvogels auf der Mauer ab. Der Junge ließ alle Hoffnung fahren.
Er spürte, wie ihn der Geist mit kalten Händen umklammerte und ihn zurück auf das Lager drückte. Anfangs hatte er sich noch dagegen gesträubt. Längst aber hatte er begriffen, dass er dem Dämon machtlos ausgeliefert war, sobald dieser sich ihm zuwandte.
Lass endlich ab von mir! , sprach der Junge zu seinem Herrn. Er hatte rasch begriffen, dass ihr Gespräch ohne Worte auskam. Er konnte den Dämon zwar laut und deutlich hören, als stände er in Fleisch und Blut vor ihm. Doch seine eigenen Worte an den Geist sprach er nur in seinem Kopf aus: Ich bin dir doch längst nichts mehr wert!
„Du bist wertvoller als jeder andere Krieger. Es bedarf mehr als eines kräftigen Mannes für unsere Pläne“, raunte ihm der Geist zu, „denn das Fleisch ist schwach und auch der stärkste Hüne zerfällt alsbald zu Staub. Für unsere Pläne bedarf es viel mehr.“
Dein Wille ist nicht der meine, ist es nie gewesen!
„Ich spüre, wie sich eine Bedrohung auftut, die uns vernichten könnte.“
Du allein musst dich fürchten. Für mich gibt es nur Erlösung.
„Schweig still, du Narr!“, herrschte ihn der Dämon an und der Junge spürte, wie sich eisige Klauen um seine Gurgel legten.
„Wirst du mit mir vernichtet, verschmelzen unsere Geister bis in die Ewigkeit. Du wirst noch an mich gebunden sein, wenn das ganze Menschengeschlecht längst von dieser Welt hinweggefegt ist.“
Allmählich löste sich der Würgegriff wieder und der Junge atmete auf. Doch anstatt nun zu Kräften zu gelangen, schwanden ihm die Sinne und er fiel in einen dämmerartigen Schlaf, ohne aber ganz das Bewusstsein zu verlieren.
„Es wird sich bald unser Feind erheben und das Schwert aus seinem Verlies befreien, wo es schlummert seit so langer Zeit“, zischte der Dämon bedrohlich, „doch werden wir darauf gefasst sein. Wir werden ihn erwarten. Und wir werden ihn vernichten, so wie ich es dir weise.“
Ganz in seiner Trance gefangen, war dem Jungen, als gingen fremde Worte durch seinen Kopf.
Wer ist es, der das zustande bringen kann?
„Er ist erwacht“, zischte der Dämon, „es wird vollbracht. Das heilige Schwert aus der Dunkelheit zu bergen, Ödnis über die Insel zu bringen, Tod und Verderben. Es ist der Ariowist erwacht!“
Teil I : Ein Reich in Flammen
Über dem Schloss stand der Mond am Himmel und tauchte die Dächer in ein blasses Licht. Dirion schob den schweren Vorhang vor dem Fenster ein Stück zur Seite, um herausschauen zu können. Die Wolken wirkten so unerschütterlich, wenn sie am Mond vorbeizogen, immer im gleichen Tempo, nur an die Launen des Windes gebunden, aber sonst frei und unendlich weit von den Fesseln der Erde entfernt. Es war ruhig, in der Ferne glaubte Dirion den Waldkauz schreien zu hören. Seit er ein kleiner Junge gewesen war, hatte sich das Geräusch für ihn angehört wie die Einladung eines Vagabunden, der ihm zurief „Komm mit!“, bevor er wieder in der Dunkelheit verschwand.
Dirion ließ den Vorhang zurückfallen und nahm den gusseisernen Kerzenständer wieder in die Hand, den er auf einem Tisch nahe dem Fenster abgestellt hatte. In diesen Nächten musste man die Vorhänge immer geschlossen halten, sonst fuhren böse Geister durch die Fenster ins Schloss, denn es war Vollmond. Dirion amüsierte der Aberglaube des Volkes, der auch vor dem Hofstaat nicht Halt machte. Aber aus irgendeinem Grund schauderte es ihm bei dem Gedanken, dass vielleicht doch ein Funken Wahrheit daran sein mochte, wie es so oft bei Erzählungen der Fall war.
Lautlos ging Dirion durch die langen Gänge von einem prachtvollen Saal in den nächsten. Was würde der nächste Tag bringen? In den letzten Wochen war es immer wieder zu Angriffen der Triganer gekommen, die von der Küste her in das Land einfielen. Nun musste sein Vater reagieren, wenn ihm die Krone lieb war. Lange würden es die Grafen und Herzöge nicht mehr hinnehmen, dass ihre Ländereien nach und nach überfallen und geplündert wurden, ohne dass der König es zu verhindern wusste.
So in Gedanken versunken hatte Dirion nicht auf seinen Weg geachtet und stand auf einmal im Thronsaal. Langsam durchschritt er die hohen Gewölbe, bis er an der hinteren Wand angelangt war, über die das königliche Banner auf mannsgroßem Leinen gespannt hing.
Dirion setzte seine Füße bedächtig auf die vier Treppenstufen, die hier den Saal trennten und stand schließlich vor dem ehrerbietenden Thron. Kraftlos ließ er sich darauf sinken. Den Kopf auf seine linke Hand gestützt und den Arm auf das Polster des Throns gelehnt, sah er in den dunklen Saal hinein, der nur vom Mondlicht beschienen war und von dem kleinen flackernden Licht seiner Kerze, die er wieder neben sich abgestellt hatte. Ein paar Mal tanzte die Flamme wild umher, dann erlosch sie plötzlich. Ein kalter Luftzug hatte sie ausgeblasen.
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