„Schau Marcello, schau! Was hältst du davon?“ Und dann legten sie los und spielten, als ging es um Leben und Tod.
Er kommentierte ihre Leistungen mit einem:
„Mh...“
„Ja, warum nicht?!“
Oder „ach weißt du ...“
Mir war völlig unklar, was die Armen auf der Bühne damit anfangen wollten. Aber wie gesagt, es spornte sie scheinbar ungeheuer an.
Urplötzlich riss es ihn dann aber doch hoch und er euphorisierte ins Mikrofon:
„Ja, phantastisch, ja, perfekt! Großartig ... Großartig. Ihr seid super. SUPER!!!!!!“
Und zu mir: „Hast du das? Hast du das? Ja Wahnsinn!“
Gott sei Dank hatte ich Frau Sievert.
Und wie ging es mit Sven Mühe weiter?
Auf den war ich total sauer. Mein Rücken schmerzte und mir schossen die Tränen in die Augen. Ich zündete schnell eine neue Zigarette an und wartete.
Und dann, nach einer Ewigkeit trat Sven Mühe aus dem Notausgang. Keine Ahnung, warum das so lange dauerte, bis er rauskam? Er blinzelte mir entgegen und sagte so etwas Dämliches wie:
„Oh, da geht aber die Sonne auf“, oder so ähnlich.
Und dann?
Ja, nichts und dann?! Wir rauchten und ich versuchte, irgendwie nicht wie die letzte Ische rüber zu kommen. Dann ging es weiter mit den Proben.
Kein verlieben?
Quatsch! Ich war doch verheiratet und hatte zwei kleine Kinder.
Nein, nein.
Sven sagte mir später zwar, dass er sich schon in diesem Moment in mich verliebt hatte. Aber ich nicht.
Das wäre doch echt blöd.
Ach, das kann man sehen, wie man will. Ich glaube schon an die Liebe auf den ersten Blick. Aber sei es drum. Ich danke Ihnen und freue mich schon auf den nächsten Termin.
Sven Mühe Rauchen fördert die Begegnung Januar
Es heißt immer: „Rauchen gefährdet Ihre Gesundheit“, „Rauchen kann Krebs verursachen“, „Mit dem Rauch einer Zigarette belasten Sie sich und Ihre Umwelt“ „Rauchen ...“
Aber nirgendwo steht geschrieben: „Rauchen verändert ihr Leben positiv“, „Durch Rauchen lernen Sie Ihre Traumfrau kennen“, „Rauchen ermöglicht Ihnen die große Liebe!“
Die große Liebe! Gutes Stichwort. Hatten Sie wirklich das Gefühl, dass Katharina die Richtige für Sie ist?
Ja natürlich, durch und durch. Mann oh Mann, wer konnte das ahnen, auf was für einen Scheiß ich da reinfalle. Mit keiner Faser meines Denkens wäre ich darauf gekommen, dass das alles nur ein paar kleine Fluchten einer frustrierten Hausfrau war. Was für eine absurde Geschichte.
Aber sie wurde doch sehr erfolgreich durch sie, oder?
Ja schon. Sie ist echt eine wirklich große Nummer geworden in der Szene. Fette Inszenierungen an allen wichtigen Theatern. Wow. Und jetzt auch noch der Spielfilm. Alle Achtung.
Ich will nicht ungerecht sein. Sie ist schon okay. Ohne Frage.
Nein wirklich, sie ist brillant. Besser als ich. Viel besser. Und ich habe ihr echt viel zu verdanken. Echt.
Als wir uns das erste Mal trafen dachte ich, sie sei so ein kleines Assistenzmäuschen von Marcello, so wie all die anderen auch.
Obwohl, ne. Dazu war sie eigentlich zu alt. Aber sie sah echt jünger aus. Ich dachte sogar, dass sie jünger sei als ich.
Zwei Kinder, ich fasse es nicht. Das hat man ihr nun wirklich nicht angesehen. Was ein Body. Mann oh Mann. Und wenn sie im Bett loslegte, dann ging es aber richtig ab.
Wie soll ich das verstehen, hatte sie besondere Vorlieben?
Nein, nichts Außergewöhnliches. Nicht was sie vielleicht wieder glauben. Schreiben Sie jetzt bloß keinen Scheiß: Dass sie irgendwie Sadomaso war oder nur auf Analverkehr abfuhr. Ne, sie war einfach nur wild und nahm sich, was sie wollte. Und das fand ich geil. Und sie wollte echt viel. Sie war beispielsweise die erste Frau, die immer mehr wollte als ich. Sie hatte auch dann Bock mit mir zu vögeln, wenn wir schon stundenlang gearbeitet hatten und ich völlig im Sack war.
Was weiß ich? Vielleicht hat sie ihr Mann nicht mehr rangelassen und sie musste sich bei mir austoben. Der soll ja echt abgedreht sein. Die arme Sau. Kann ich echt verstehen. Das war ja auch zum Verrücktwerden. Im wahrsten Sinne.
Kannten Sie ihren Mann denn?
Den habe ich ja nur ein oder zwei Mal gesehen. Eigentlich ein cooler Typ. Viel älter als sie. So eine Vaterfigur.
Vielleicht konnte er ja nicht mehr. Ich meine im Bett. Der war echt alt. So gesetzt, mit Anzug und so und großer Karre. Jaguar oder so was. Echt fett.
Aber vielleicht sah er ja auch nur viel älter aus, als er war, nach all dem, was der durchgemacht hat. Und sie viel jünger.
Auf jeden Fall passten die beiden überhaupt nicht zusammen.
Aber cool war er.
Mann. Als ich ihm eine reingehauen habe, da war er wirklich lässig. Hut ab.
Eine reingehauen?
Ja, ja aber das ist eine andere Geschichte. Darauf komme ich später zu sprechen.
Sonst hatte ich nichts mit ihm zu tun. Ich war ja nur völlig besessen davon, das Stück von Katharina gut zu spielen. Das war die ganz große Chance für mich.
Und die hatten Sie dann ja auch. So gesehen hat es sich ja für Ihre Karriere schon gelohnt.
Ja klar, da habe ich voll hingelangt und alles gegeben. Mehr ging dann wirklich nicht mehr. Ich wollte immer ein großer Schauspieler sein. Aber irgendwie hat das bis dahin nicht geklappt. Jedenfalls nicht so, wie ich mir das vorgestellte hatte.
Sieben Mal musste ich zum Vorsprechen. Sieben Mal! Bis mich endlich eine Schauspielschule genommen hat. Ich hatte echt schon aufgegeben und mich mit dem Gedanken abgefunden, doch irgendwie Theaterwissenschaften oder irgendetwas anderes zu studieren. Einen letzten Versuch hatte ich mir noch gegeben. Und dann: zack, dritte Runde und Studienplatz. Yes!
„Mensch Mühe, jetzt geben sie sich doch mal dieselbe!“
Scheißspruch vom alten Nölle, meinem Lehrer. Alle anderen fanden es lustig.
Aber das erste Engagement habe ich bekommen und nicht einer von den Arschgeigen aus meiner Klasse. So schlecht war ich dann wohl doch nicht.
Aber immer ein wenig zu wenig.
Auch bei Marcello. Immer in der zweiten oder dritten Reihe. Nie die große Rolle.
Bis Katharina. Ab dann ging es los. Sie glaubte an mich. Oder nur an meinen Schwanz. Was weiß ich. War mir auch scheißegal.
Wie war das, als sie sich zum ersten Mal trafen. War ihnen da schon klar, dass Sie sich verlieben würden?
Aber klar. Natürlich. Es war Liebe auf den ersten Blick. Und zwar volles Programm. Das sag ich Dir.
Wir hatten an dem Tag mal wieder ätzend lange Probe. Marcello hat uns dermaßen durch den Wolf gedreht, dass ich dachte, ich pack das nicht mehr. Manchmal übertrieb er es wirklich.
Irgendwann war dann endlich Zigarettenpause. Aber weil ich der einzige Raucher war, waren die Raucherpausen echt kurz. Also ging ich nicht in die Kantine oder durch den Haupteingang raus, sondern öffnete die Tür des Notausgangs. Ein absolutes Verbot, ein No Go! Aber hey, bei einer Pause von 15 Minuten war es unsinnig, quer durch die Katakomben des Theaters zu düsen, um nach geschätzten 6,5 Minuten im Freien zu stehen. Bei einem Rückweg von 6,5 Minuten blieben mir nur noch beschissene 2 Minuten für eine Zigarette. Absolut bescheuert. Ich will die schließlich genießen. Wenn einem schon unaufhörlich suggeriert wird, dass man dabei sein Leben aufs Spiel setzt. Oder?
All das Gewese um das Rauchen geht mir unglaublich auf die Nerven. Ich habe generell nichts gegen das Rauchverbot. In Bussen, in der Bibliothek oder auf dem Amt. Meinetwegen auch noch in wirklich guten Restaurants. Da kann das echt nerven.
Aber bitte, was soll das, wenn ich in einer Bar oder in der Kneipe einen Cocktail oder ein Bier trinke und dann vor die Tür gehen muss, um eine zu rauchen. Wie bescheuert ist das denn? Da wird doch das Rauchen ad absurdum geführt. Da geht der Sinn des Rauchens doch völlig verloren. Hallo! Merkt hier einer noch was?
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