Sie redeten noch einige Minuten über dies und das, bis sie sich entschlossen, in ihre Feldbetten zu steigen, da sie unglaublich müde waren. Alle schliefen schnell ein.
Kapitel 9: Unerwünschter Besuch
Der Mond war hinter den riesigen Nebelschwaden verschwunden, doch der Falke mit den blutroten Augen konnte trotzdem alles klar und deutlich sehen. Nachdem seine Herrin eine Lücke in Asyras Verteidigung gefunden hatte und in ihren Geist eingedrungen war, hatte sie ihn hierher geschickt. Die Elfe war auf einer Überfahrt zu den Dracheninseln, doch vorher hatten sie bei Feen in der Nähe des Saphiertannenwaldes Zuflucht gesucht. Bei der Überbringung dieser Nachricht schien seine Herrin aufgewühlt und verunsichert. Er sollte diese Feen suchen, jedoch gefangen nehmen, nicht töten. Ansonsten würde sie ihn hart bestrafen, das hatte sie ihm eingebläut. Der Hass auf sie wuchs in ihm, als er wieder an sie dachte. Warum durfte er nicht töten?
Immerhin hatte Reane ihm erlaubt, sie zu foltern, wenn er den Auftrag gut ausführte. Sonst würde sie ihn wieder quälen, so wie sie es getan hatte, als er ihr erzählte, dass sein erster Auftrag misslungen war.
Er schaute nach unten und sah den See, den die Menschen Feensee nannten. Feen hasste er ebenso sehr wie Elfen, Menschen und die Zwerge. Sie alle waren von schwächlichem Gemüt und kein schwaches Wesen sollte durch Überzahl am Leben erhalten werden.
Er flog nur noch 15 Schritt über dem Boden, aber ein Haus oder Ähnliches konnte er nicht sehen.
Nach links und rechts schauend, suchte er nach irgendeinem Lebenszeichen, doch das einzige was er sah, war ein verschreckter Hirsch, der nun über die Wiesen zum Waldrand rannte. Der Falke ging nun zu einem Landemanöver über und landete auf einem unteren Ast einer großen Eiche. Noch einmal schaute er sich nach links und rechts um. Er wollte sichergehen, dass kein intelligentes Wesen ihn beobachtete, da er nun seine wahre Form annehmen wollte. In einem Moment auf den nächsten löste sich sein Körper in grauen Rauch auf, der sich langsam zu einem aufrecht gehenden, pechschwarzen Löwen verwandelte. Auch seine Augenfarbe änderte sich in giftgrün. Als der Rauch ganz verschwunden war, ließ er mit einem einzigen Gedanken bronzene Stahlhandschuhe und zwei Langschwerter, deren Klinge ebenso schwarz war wie seine Schuppen aus dem Nichts erscheinen. Der Gartak war nun bereit, den Feen entgegenzutreten, sie zu zermalmen und sie das Fürchten zu lehren. Er brüllte seine Kampfesslust in die mondlose Nacht und sein kräftiger, eineinhalb Schritt langer Schwanz schlug wild auf den Boden und hinterließ eine tiefe Kuhle in der feuchten Erde.
Erneut nutzte er den Zauber, den er bereits bei der Elfe angewandt hatte. Wieder wurde ihm kurz schwarz vor Augen. Er sah wieder alles wie durch eine beschlagene Scheibe, bis sich das Bild verschärfte und er einen Baum, mitten auf einer Wiese, sah. Es sah aus wie eine normale Fichte. Der Zauber jedoch durchdrang die gesamten Schutzzauber, die die Feen anscheinend um ihr Haus gelegt hatten, und von einem Moment auf den nächsten erschien ein kleines Haus, mitten in der Krone des Baumes gewachsen, vor dem drei Feen angsterfüllt zusammengedrängt standen.
Kaum hatte der Gartak das Bild richtig wahrgenommen, wurde ihm wieder schwarz vor Augen und er fand sich nach einigen Sekunden auf der Wiese wieder. Er schaute sich um und sah links von sich, kaum 50 Schritt entfernt, die Fichte, jedoch ohne Haus in der Krone. Kurz sammelte er seine Kraft, um an Geschwindigkeit zu gewinnen, immerhin wollte er die Feen nicht warten lassen. Als nach einigen Sekunden nur ein minimaler Anteil seiner Kraft verbraucht war, rannte er schneller als ein Gepard auf die Fichte zu. Mittlerweile hatte er seine Kraft für einen weiteren Zauber gesammelt. Mit einem ohrenbetäubenden Brüllen entlud er diese. Eine unsichtbare Kraftwelle ging von seinem Maul aus, die alle Schutzzauber der Feen wie trockenes Laub wegfegte. Nun sah er die Feen auch mit seinen richtigen Augen und auch ihre aufgebrachten Schreie waren kaum zu überhören.
Der vertraute Hass, der ihn immer vor und während eines Kampfes durchströmte, war nun schon fast mit den Händen greifbar. Eine der Feen ließ einen grünen Strahl aus ihrem Zeigefinger auf ihn herabfahren, dem er jedoch mit Leichtigkeit auswich. Es würde keine drei Sekunden mehr dauern und er wäre bei ihnen. Nun konnte er sie klar erkennen, ihre Gesichter, die ihm so hell und unschuldig entgegenblickten, jedes mit einigen Strähnen nussbraunem Haar im Gesicht. Der Gartak hasste Geschöpfe, die ihr Aussehen vor die Macht stellten, denn immerhin machte Macht schön!
Nun hatte er das Haus der Feen erreicht und stand direkt vor den kleinen Geschöpfen, die ihm aus ihren großen Augen ängstlich entgegenblickten. Nur eine der Feen schien zu wissen, was sie tun musste. Ihr Blick war wild entschlossen, als sie einen lauten, hohen Schrei von sich gab. Dieser war so von Kraft durchdrungen, dass man ihn mit allen Sinnen erfassen konnte. Bevor der Gartak wusste, was mit ihm geschah, wurden sämtliche Zauber, die er zu seinem eigenen Schutz angelegt hatte, gebrochen. Auch er hatte diesen Zauber verwendet, jedoch hätte er nie gedacht, dass diese kleinen Wesen über solch eine Kraft verfügten. Nun wieder deutlich langsamer, setzte er zum Schlag mit einem seiner Langschwerter an. Indem sie nur mit dem Zeigefinger auf ihn deutete, ließ die kleinste der drei Feen sein Schwert neben ihm aufschlagen. Der Gartak zögerte nicht lange und ging nun zum Angriff mit seinem zweiten Schwert über. Jetzt war die größte der drei Feen an der Reihe. Sie formte mit ihren Händen eine Schale und hielt diese von sich weg. Ein grüner Strahl entlud sich aus ihrer Handinnenfläche und lähmte für einen Augenblick den gesamten Körper des Gartaks. Die dritte, eine Fee mit smaragdgrünen Augen, pustete sich über die Handfläche. Das Pusten wurde zu einem heftigen Windstoß, der den Gartak drei Schritt in die Luft warf. Mit einem Salto landete der Gartak wieder sicher, schlug mit dem Schwanz auf den Boden und hob sein Langschwert zum Angriff. Er sammelte seine Kraft, lud sie in sein Schwert und ließ es durch die Luft sirren, wobei sich die Kraft in die Luft entlud. Diese manifestierte sich in einem hellen weißen Blitz. Im nächsten Moment sackte die Fee mit gelben Augen schreiend zusammen. Der Gartak wusste, dass sie nicht tot war, aber sie würde die nächsten Tage nicht mehr aufwachen, zu mächtig war die Magie, die er aufgebracht hatte. Während sich die zwei anderen schützend vor ihre Schwester stellten, sammelte der Gartak erneut einen Teil seiner Kraft, um seine Geschwindigkeit wieder zu erhöhen.
Die Fee mit den smaragdgrünen Augen formte mit Daumen und Zeigefinger ein Dreieck und visierte den Gartak an. Ihr Gesicht verzerrte sich vor Anstrengung und zwischen ihren Fingern entstand eine hellblaue, kleine Kugel. Fast schon natürlich bereitete sich der Gartak auf ein Ausweichmanöver vor. Mit einem lauten Schrei entlud sich die Kraft, die die Fee in der blauen Kugel gesammelt hatte. Der Gartak wollte mit einer Rolle zur Seite der Kugel ausweichen, doch sein Körper gehorchte ihm nicht mehr. Aus den Augenwinkeln bekam er mit, was die andere Fee tat. Seine Augen weiteten sich vor Entsetzen. Auch sie hatte die Hände weit von sich gestreckt, aber dabei die Augen geschlossen. Sofort war ihm klar, dass sie der Grund war, weshalb er sich nicht bewegen konnte.
Schnell wollte er den Zauber lösen, aber es war bereits zu spät. Die Kugel traf ihn in die Magenkuhle und erneut brüllte der Gartak, nun aber aus Schmerz, nicht aus Wut oder Kampfeslust. Staub, Steine und Erde flogen durch die Luft, als er fünf Schritt über den Boden geschleift wurde, dann vier Schritt nach oben gerissen und mit unglaublicher Wucht wieder auf die Erde gedrückt wurde. Nun wusste er, um was für eine Art Fee es sich handelte. Es war eine Kampffee, zu denen sich die wenigsten der Feen rechnen konnten. Kampffeen waren die einzigen ihrer Art, die wirkliche Kampfmagie beherrschten. Außer den Kampffeen gab es noch die Elementarfeen und die Formfeen. Die Elementarfeen waren Feen, die ihre Zauberkunst auf elementare Zauberfertigkeiten ausgerichtet hatten. Solche Feen bewachten meist alte Bäume, einzelne Berge, große Quellen oder riesige Vulkane, während die Formfeen wohl als „Standardfeen“ anzusehen waren, da sie ihre Magie aus allen möglichen Bereichen bezogen.
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