Ernst Meder - Es gibt kein Verzeihen

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Es gibt kein Verzeihen
Leichenteile scheinbar wahllos über Berlin verteilt geben der Polizei Rätsel auf, ob der Täter ein Ziel verfolgt oder ob die Morde aus purer Mordlust verübt werden. Die Suche nach der Verbindung zwischen den Toten entwickelt sich zu einem Rätsel, für das es keine Lösung zu geben scheint.
Ein Junge erlebt, wie nach dem Tod seines Bruders seine Familie zerbricht. Die Trennung seiner Eltern sowie die Zerstörung der wirtschaftlichen Grundlage lassen viele Frage offen.
Der fünfundzwanzigste Todestag seines Bruders sowie ein Zusammentreffen mit der Vergangenheit holen ein vor langer Zeit verschüttetes Versprechen zum Vorschein.

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Es gibt kein Verzeihen

Ernst Meder

Für Svenja Tabea

Man sollte seinen Feinden verzeihen, aber nicht, bevor sie am Galgen hängen.

(Heinrich Heine)

Verzeihen ist die Hoffnung der Täter ihrer gerechten Strafe zu entgehen

Es gibt kein Verzeihen

Ein Roman

von

Ernst Meder

Es gibt kein Verzeihen Ernst Meder published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de Copyright ISBN: 978-3-8442-8570-3Alle Rechte vorbehalten. Dieses Buch darf nicht

1. Kapitel

Es war noch nicht einmal neun Uhr und das an einem Sonntag. Immer am Sonntag begann dieser blöde Köter bereits vor neun Uhr mit seinem Gekratze und Gekläffe, um anzuzeigen, ich muss jetzt raus. Nicht in einer halben Stunde, sondern jetzt sofort, ist es äußerst dringend. Ein Stoß in seine Rippen ließ ihn endgültig wach werden, halb verschlafen klang eine weibliche Stimme Waldemar muss raus, kannst Du bitte gehen, ich mach auch Frühstück für uns.

Seit drei Jahren durchlebte er jeden Sonntag den gleichen Film, hatte, wie Bill Murray in dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“. In seinem Fall hatte er zwar nicht mit täglichen, aber doch wöchentlichen Wiederholungen zu kämpfen. In einem Anfall von Wagemut wollte er, nachdem sie ihre gemeinsame Wohnung bezogen, Waldemar untersuchen, ob dieser auch tatsächlich ein Hund und kein Murmeltier ist. Aber da hatte Elke, seit mehr als drei Jahren seine Lebensgefährtin, der dieses hässliche Ungeheuer auf vier Beinen gehört, einen Schuh nach ihm geworfen.

Mühsam quälte er sich aus dem Bett, als sie sich noch mal umdrehte, laut pupste, um wieder leise Schnarchtöne von sich zu geben. Sie hatte es gut, sie konnte weiterschlafen während er, bei Wind, Sturm, Schnee, Regen oder sogar bei einem Taifun, wegen dem Hund die häusliche Wärme verlassen musste.

Waldemar, der seine Aktivitäten nicht nur wahrgenommen, sondern sogar erwartet zu haben schien, stand schwanzwedelnd vor ihm. Woher wusste dieser verdammte Köter eigentlich, dass heute Sonntag war, überlegte er noch, während bei Waldemar die Zunge schief aus seinem Mund hing. Die Lautstärke, mit der er dabei hechelte, war ihm bis heute ein Rätsel bei seiner Größe. Dessen ungeachtet schluckte er, um erneut weiter zu hecheln. Waldemar, der sich am Ziel seiner Wünsche sah, setzte sich vor ihn, wobei er aufgeregt mit seinem Schwanz wedelte. Unabhängig davon, was um ihn herum geschehen würde, er würde ihn genau beobachten, wie er sich mühsam in seine Hose zwängte.

Brauchte er Socken oder war das Wetter so gut, dass er darauf verzichten konnte. Langsam stand er auf, ging zum Fenster um die Wetterlage zu prüfen, ob er auf Socken verzichten oder auf Regenschirm wechseln sollte. Wenigstens die Sonne schien, heute musste sein Glückstag sein. Schnell zog er ein T-Shirt über, stieg in seine Turnschuhe, während der Hund verrückt geworden zu sein schien, so führte er sich auf. Er rannte von einer Ecke der Wohnung zur nächsten, ohne groß abzubremsen. Dies geschah in der Regel rutschend an der Wand oder der Tür, als wollte er ihm zu zeigen, dass er unbedingt loswollte.

Schnell griff er nach der Leine, öffnete die Tür, da war der Hund auch schon auf dem Weg die Treppe nach unten. Wo er bestimmt wieder jaulend vor der verschlossenen Haustür warten würde. Langsam lief er die Treppe nach unten, wunderte sich über die Stille im Hausflur, als er auch schon die Leere im Flur wahrnahm. Waldemar stand bereits draußen, vor der Linde am Straßenrand auf drei Beinen wobei zu überlegen schien, ob er zuerst sein Geschäft verrichten oder doch lieber seine Schnüffelgewohnheiten nachgehen sollte.

Schnell trat er an den Baum, legte Waldemar schnell das Halsband um und legte ihn an die Leine. Dieser hatte ihn schon des Öfteren genarrt wenn er wieder einmal Lust verspürte einer Katze oder einer Taube hinterher zu jagen. Nun konnte nichts mehr schief gehen, mit noch müden halb geschlossenen Augen ließ er sich von dem Hund den üblichen sonntäglichen Weg ziehen. Dabei ließ er diesem die Zeit, überall da zu schnüffeln oder zu markieren, wo immer dieser es wollte.

Sie waren bereits mehr als eine viertel Stunde unterwegs, als er spürte, wie sich unvermittelt die Leine spannte. Waldemar hatte bestimmt wieder eine Katze gerochen oder eine Taube oder einen anderen Vogel erspäht. Inzwischen war er wach, blickte erstaunt auf den Hund, der mit aller Kraft, die in diesem kleinen Körper steckte, an der Leine zerrte. Sein ausgeprägter Geruchssinn kannte nur ein Ziel, die Bushaltestelle. Mit einer bisher ungekannten Heftigkeit versuchte er, ihn zu der Haltestelle zu ziehen, wo seine Nase etwas besonders Faszinierendes gerochen haben musste.

Erst auf den zweiten Blick konnte er das Objekt der Anstrengungen von Waldemar sehen. Unter der Bank, ganz nach hinten in die Ecke geschoben, befand sich eine blaue Mülltüte, aus der dieser Geruch kommen musste, die zu der Reaktion von Waldemar geführt hatte. Wahrscheinlich hatte wieder so ein Irrer oder Hundehasser vergiftete Köder ausgelegt, um sich an dem Leiden der Kreatur zu erfreuen. Vielleicht stand dieser Verrückte sogar noch mit einem Fernglas hinter einem der Fenster, um zu beobachten, wie erfolgreich er mit seinem Köder war.

Waldemar zog immer noch mit seiner ganzen Kraft, die er trotz des frühen Morgens entwickelte, um zu seinem Objekt der Begierde zu kommen. Hier half nichts, egal wie sehr er versuchte, ihn zurückzuhalten oder auf ihn einzureden. Nein, sitz, platz, bei Fuß, nichts funktionierte, die Befehlskette schien durch den Inhalt der Tüte aufgehoben. Er musste unbedingt verhindern, dass dieser blöde Hund einen vergifteten Köder fraß. Sollte dem Hund etwas Geschehen dann, da war er sicher, würde er heute noch sein Leben aushauchen.

Elke hatte ihm erzählt, wie sie zu ihrem Waldemar gekommen war, weshalb sie darauf bestand diesen Mischling, der sich bestimmt aus vierundzwanzig unterschiedlichen Rassen zusammensetzte, zu behalten.

Es war an einem Samstag, etwa vier Monate, bevor sie sich kennengelernt hatten, sie kam etwas beschwipst von einer Party, als ihr auf dem Weg nach Hause plötzlich übel wurde. Vielleicht war es auch ein bisschen mehr als nur etwas beschwipst, wie sie im Nachhinein zugab, als ihr Magen gegen die Menge an Alkohol rebellierte. Da sie, trotz ihres Zustandes feststellte, dass sie den Weg zu ihrer damaligen Wohnung nicht mehr bewältigen konnte, beschloss sie, den unmittelbar vor ihr liegenden Park aufzusuchen.

Ich hab mir meine Seele aus dem Leib gekotzt, so ihre drastische Ausdrucksweise, als sie ihm erklärte, weshalb sie gezwungenermaßen eine Rast einlegen musste. Danach war ich so müde, dass ich in der Nähe an einem Baum eingeschlafen bin. Als ich am Morgen durch die Sonne geweckt wurde, saß dieser kleine Tiger neben mir und verteidigte mich mit gefletschten Zähnen. Gottseidank oder leider, wie immer man es sehen mochte, war es im Sommer, weshalb der Park mit einer Vielzahl von irgendwelchen Joggern und Spaziergängern bevölkert war. Immer wenn mir jemand zu nahe kommen wollte, zeigte er diesem seine großen spitzen Zähne, knurrte und bellte, um ihn zu vertreiben.

Ich habe ihn in den Arm genommen, habe ihn geküsst, vielleicht hatte ich gehofft es sei ein verwunschener Prinz, was sich ziemlich schnell als Irrtum herausstellte. Danach habe ich mich mühsam aufgerichtet und bin mit immer noch weichen Beinen nach Hause gewankt. Wie selbstverständlich hat er sich mir angeschlossen, lief hinter mir her, achtete darauf, dass mir niemand zu nahe kam. Als wir bei mir zu Hause angekommen sind, ist er mir wie selbstverständlich in meine Wohnung gefolgt. Seit jenem Tag ist mein Retter bei mir, wer weiß, vielleicht würde ich ohne ihn nicht mehr leben. Er hat mich, unter Missachtung seines eigenen Lebens, verteidigt und beschützt, wie könnte ich ihn je wieder weggeben.

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