"Wa wa was ist lo lo los?" fragte er erschrocken.
"Schnell kommen, Fritz," rief Adam zurück, "Baptiste gefallen."
Fritz Tegtmeier kletterte so schnell er konnte die Leiter hinunter und beugte sich über Baptiste, der jetzt keine verdrehten Augen mehr hatte, aber Fritz groß anblickte.
"Wa Wa Was ist pa pa passiert? Bi Bi Bist du ver ver verletzt?"
Baptiste gab jedoch keine Antwort.
"Er ausgerutscht und mit Kopf gegen Trog gestoßen," erklärte Adam.
"Ich ho ho hole So So Sophie, die ke ke kennt sich be be besser aus als ich. Vie Vie Vielleicht hat er ei ei eine Ge Ge Gehirn er er erschütterung. Blei Blei Bleib du bei ihm," forderte Fritz Tegtmeier den Polen auf.
Dann eilte er über die Diele zur Wohnung von Sophie Brammer, klopfte kurz an ihre Tür und trat danach sofort ein, ohne eine Reaktion von ihr abzuwarten. Sophie Brammer, die auf ihrem Sofa saß und in der Bibel las, blickte erschrocken auf. Sie hatte vorher nie erlebt, dass der Knecht so hektisch in ihr Wohn-Schlafzimmer gekommen war.
"So So Sophie, Ba Ba Baptist ist ge ge gestürzt. Er lie lie liegt im Stall. Ka ka kannst du mal ko ko kommen?" presste er erregt hervor. "Du ke ke kennst dich in so so solchen Fä Fä Fällen be be besser aus als ich."
Sophie Brammer fragte besorgt, ob sich Baptiste verletzt habe, erhob sich dann leicht stöhnend vom Sofa und humpelte hinter Fritz Tegtmeier her, der gleich wieder zurück in den Stall geeilt war. Als sie dort ankam, hatte sich Baptiste bereits etwas aufgerichtet, saß aber noch auf dem Stallboden und hielt seine rechte Hand gegen seine rechte Kopfseite, an der er eine dicke Beule fühlte. Mit der linken Hand stützte er sich auf dem Boden der Stallgasse ab. Adam kniete neben ihm und hielt ihn mit beiden Händen an den Oberarmen fest.
"Mein Gott, was ist denn passiert?" fragte Sophie Brammer besorgt den Franzosen. "Hast du dich verletzt?"
"Ich bin ausgerutscht und gestürzt. Dabei bin ich mit meinem Kopf gegen einen Trog geschlagen und habe an der rechten Kopfseite eine Beule," antwortete jener langsam noch etwas benommen.
"Hoffentlich hast du keine Gehirnerschütterung." Und an Fritz Tegtmeier gewandt fügte sie hinzu: "Bringt Baptiste in mein Zimmer und legt ihn auf mein Sofa. Seid aber vorsichtig."
Der Knecht und Adam fassten Baptiste, jeder an einer Seite, unter den Oberarm, hoben ihn langsam hoch und führten ihn aus dem Stall über die Diele in Sophie Brammers Wohn-Schlafzimmer. Baptiste ließ das mit gesenktem Kopf mit sich geschehen. Beide legten den Franzosen aufs Sofa, standen dann davor und blickten besorgt auf ihn hinab.
Sophie Brammer hatte inzwischen einen kalten, feuchten Lappen aus der Küche geholt und legte ihn, als sie leicht stöhnend in ihr Zimmer zurückgekehrt war, auf die Beule an Baptistes rechter Kopfseite.
"Tut das gut?" fragte sie.
Baptiste nickte und sagte nach einer Weile, es gehe ihm schon wieder etwas besser, er könne nun seine Arbeit im Stall fortsetzen.
"Nein, nein," bestimmte Sophie Brammer, "das kommt nicht in Frage. Für heute ist Schluss. Fritz und Adam bringen dich in dein Zimmer, und du legst dich ins Bett. Es könnte sein, dass du eine Gehirnerschütterung erlitten hast. Das Abendbrot bringt dir nachher Adam."
An Fritz Tegtmeier und Adam gewandt ermahnte sie noch: "Seid vorsichtig, besonders auf der Treppe. Er darf nicht noch einmal fallen."
"Danke, Frau Brammer," sagte Baptiste mit leiser Stimme.
"Es ist schon gut," winkte Sophie Brammer ab.
Fritz und Adam unterstützten Baptiste beim Aufstehen und führten ihn - wie schon zuvor - gestützt über die Diele auf den Hof und dann durch den an der Nordseite der Leibzucht befindlichen Eingang in die Waschküche. Auf der steilen Holztreppe, die in das Dachgeschoss führte, hielt sich Baptiste mit seiner linken Hand am Geländer fest. Adam ging langsam vorweg, blickte sich aber wiederholt zu ihm um. Fritz Tegtmeier stieg unmittelbar hinter Baptiste die Treppe hinauf, die so schmal war, dass keine zwei Personen nebeneinander gehen konnten. Der Knecht drückte dabei mit seiner rechten Hand gegen das Gesäß des Franzosen, und mit seiner linken Hand hielt er sich wie Baptiste am Treppengeländer fest.
Im Zimmer der beiden Gefangenen halfen Fritz Tegtmeier und Adam dem Franzosen beim Hinlegen auf sein Bett. Adam zog ihm die Schuhe aus. Die übrige Kleidung behielt Baptiste an.
"Bleib lie lie liegen, und ver ver versuche nicht, al al allein auf auf aufzustehen," ermahnte Fritz den Franzosen, der dazu nickte. "Vie Vie
Vielleicht geht es dir mo mo morgen scho scho schon wieder be be besser."
"Nicht aufstehen, Baptiste. Ausruhen," ergänzte Adam. "Morgen besser, vielleicht."
"Ich ko ko komme nach nach nachher noch mal zu dir ho ho hoch," versprach Fritz. "Jetzt müs müs müssen wir wie wie wieder an die Ar Ar Arbeit."
Fritz und Adam verließen den Raum und setzten ihre Arbeit im Stall fort.
Kurz vor dem Abendessen kehrte Anna aus Grafenhagen zurück. Ihre Großmutter war zu dieser Zeit in der Küche und deckte den Tisch. Sie erzählte Anna, was mit Baptiste passiert war, und erwähnte auch, dass sie einige Butterbrote für ihn machen wolle, die Adam zu ihm hoch bringen solle.
Anna hörte besorgt zu und nahm sich vor, ohne jedoch zunächst etwas davon zu sagen, selbst Baptiste aufzusuchen und ihm die Butterbrote zu bringen. Dann kamen nach und nach Fritz und Adam und auch Marie Tegtmeier in die Küche.
Als alle mit dem Abendessen fertig waren und Sophie Brammer die Butterbrote für Baptiste geschmiert hatte, erklärte Anna etwas zögerlich und innerlich leicht erregt: "Ich bringe die Butterbrote zu Baptiste, weil ich sehen möchte, wie es ihm geht."
Als sie seitens ihrer Großmutter keinen Widerspruch hörte und auch die Eheleute Tegtmeier keine Äußerungen dazu machten, erhob sie sich vom Stuhl, suchte die Waschküche auf und holte daraus einen aus Weidenzweigen geflochtenen Einkaufskorb. Dann kehrte sie in die Küche zurück und stellte den Teller mit den Broten in den Korb. Anschließend holte sie eine kleine Milchkanne aus dem Küchenschrank, füllte sie mit Milch und tat auch die Kanne mit einem Glas hinein.
"Du bist sehr für für fürsorglich," lobte Fritz Tegtmeier, der Anna bei ihrem Tun beobachtet hatte.
Anna, die befürchtete, dass Fritz seine Bemerkung ironisch meinte, blickte ihn kurz an. Aber sie sah in ein ernstes Gesicht, ohne den geringsten Ansatz eines Schmunzeins oder gar Grinsens.
"Sag Ba Ba Baptiste, dass ich nach nach nachher noch mal zu ihm hoch ko ko komme."
"Ich werde es ihm ausrichten," gab Anna zur Antwort und verließ darauf mit dem Korb die Küche.
Wenn ihr Vater anwesend gewesen wäre, würde sie es nicht gewagt haben, allein zu dem Franzosen in die Leibzucht zu gehen. Darüber war sie sich im Klaren. Jetzt aber war sie froh, dass niemand eine Äußerung gemacht hatte, die den Verdacht hätte begründen können, dass jemand Anstoß an ihrem Tun nahm.
Anna ging über den Hof und dann von dem Weg aus, der zum Hochsitz und zur Jagdhütte ihres Vaters führte, durch die Tür in die Waschküche der Leibzucht. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie die Treppe zum Zimmer der Gefangenen hochstieg. Das lag aber nicht an der kurzen Anstrengung, die das Treppensteigen erforderte, sondern an der inneren Spannung, die sie empfand, weil sie von sich aus in Gegenwart ihrer Großmutter und der Eheleute Tegtmeier entschieden hatte, Baptiste aufzusuchen, und sie zum ersten Mal mit ihm allein in einem Zimmer sein würde. Vor der Begegnung mit ihm unter den gegebenen Umständen hatte sie auch ein bisschen Angst.
Sie klopfte zweimal zaghaft gegen die Tür, und als sie "ja, bitte" hörte, öffnete sie sie und trat in den halbdunklen Raum. Baptiste, der mit Annas Erscheinen nicht gerechnet hatte, richtete sich im Bett auf und blickte sie mit großen Augen irritiert und überrascht an.
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