Günter Wilkening
Roman
Der Franzmann
Günter Wilkening
published by: epubli GmbH, Berlin
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Konvertierung: Sabine Abels | www.e-book-erstellung.de
Der Roman, in dem der Autor die wechselvolle Geschichte einer Bauernfamilie während des zweiten Weltkriegs und der Zeit danach erzählt, spielt zwischen dem Frühjahr 1941 und dem Sommer 1959.
Die 24 Jahre alte verheiratete, hübsche Bauerntochter Anna Zurheide, deren Ehemann als Rittmeister bei der Kavallerie in Ostpreußen dient, und der 28 Jahre alte, ledige französische Kriegsgefangene Baptiste Carne, der dem Bauern Karl Brammer, Annas Vater, als Gehilfe auf dessen Hof zugewiesen wurde, verlieben sich ineinander – Anna nach erfolglosen inneren Widerständen gegen ihre aufkommenden Gefühle für den Franzosen – und haben wochenlang ein zunächst unbemerkt gebliebenes Verhältnis miteinander.
Als Karl Brammer, zu dieser Zeit noch ein überzeugter Nationalsozialist, durch Zufall auf die verbotene Liebesbeziehung aufmerksam wird, beschließt er gegen seine christliche Gesinnung, Baptiste, den er Franzmann nennt, zu töten, um seine Tochter, sein einziges Kind, vor einer Inhaftierung durch die Gestapo und einem Scheitern ihrer Ehe zu bewahren, aber auch, um, im Falle einer Aufdeckung der verbotenen Liebesbeziehung, einem möglichen Verlust seiner Ämter als Bürgermeister seines Dorfes, als Ortsgruppenleiter und Ortsbauernführer zu entgehen. Er erschlägt Baptiste eines Nachts und vergräbt den Leichnam in einem kleinen Wald hinter seinem Hof. Seine Angehörigen und seine Mitarbeiter glauben entsprechend der Absicht des Bauern, der Gefangene sei geflohen
Anna erwartet ein Kind von Baptiste, was sie jedoch ihrem Ehemann nach vorausgegangenen quälenden Zweifel verschweigt. Ihr Mann, der kurz nach dem Tod des Franzosen wegen eines auf Grund eines Reitunfalls erlittenen körperlichen Dauerschadens aus dem Militärdienst entlassen wird, nimmt an – wie alle vom Hof Brammer – er sei der Vater des Kindes, eines Mädchens. In der Folgezeit bekommt Anna noch zwei Söhne von ihrem Mann.
Die Überreste des Franzosen werden im Sommer 1959 durch Zufall gefunden.
In dem Roman wird auch die allmähliche Wandlung von Annas Vater von einem zunächst überzeugten Nationalsozialisten zu ihrem inneren Gegner geschildert, der jedoch aus Angst um seine Familie weiterhin als Bürgermeister, Ortsgruppenleiter und Ortsbauernführer eine Linientreue heuchelt und bis zum bitteren Ende so weiter macht wie bisher, obwohl er inzwischen erkannt hat, dass er bereits seit 1934 - auch als Angehöriger der SA - einem verbrecherischen Regime gedient hat. Der Autor lässt den Leser ferner teilhaben an mehreren tragischen Kriegsereignissen und dramatischen Erlebnissen der Familie Brammer unmittelbar vor Kriegsende und in den unsicheren Monaten danach.
Ich danke dem 2001 verstorbenen Rektor und Heimatforscher Hermann Banser aus Meerbeck, der in mir Jahre nach seinem Tod die Idee zu meinem Roman hat aufkeimen lassen. Hermann Banser hat das tragische Schicksal der Kriegsgefangenen, der Fremdarbeiter und der Fremdarbeiterinnen während des zweiten Weltkrieges in meiner engeren Heimat Schaumburg recherchiert und in seinem Buch "Vor unserer Tür" der hiesigen Öffentlichkeit bekannt gemacht. Anregungen für meinen Roman habe ich aber auch aus seinen Büchern bekommen "Pollhagen. Aus der Geschichte eines Dorfes am Schaumburger Wald" und "Meerbeck. Die Zwangsräumung eines Dorfes." Einzelne in meinem Roman geschilderten Ereignisse beruhen auf eigenem Erleben und auf Erzählungen anderer.
Die Handlungen meines Romans spielen im Wesentlichen auf einem Hofgelände mit dahinter liegenden Weiden und Wäldchen. Diese von mir ausgewählten Örtlichkeiten liegen in der Nähe meiner Heimatstadt und gehören einem befreundeten Ehepaar, das ich über die Auswahl ihrer Grundstücke für meinen Roman allerdings nicht in Kenntnis gesetzt habe. Trotzdem gebührt ihnen Dank, weil sie - ahnungslos - zahlreiche Fragen von mir zu den Örtlichkeiten und zum Ablauf eines landwirtschaftlichen Betriebes während des zweiten Weltkrieges und in den Jahren danach beantwortet haben.
Meinen Eltern und meiner Familie.
Günter Wilkening
Der Autor, Jahrgang 1933, studierte Rechtswissenschaften und war nach seiner Ausbildungszeit zunächst etwa drei Jahre als Staatsanwalt und anschließend bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1998 als Richter am Amtsgericht tätig, wo er hauptsächlich Strafsachen zu bearbeiten hatte, aber auch Familiensachen und Vormundschaftssachen.
Zum Schreiben von Geschichten fand er erst im hohen Alter. Für sein erstes Buch „Die kleine Tanne Carolina“, eine märchenhafte Erzählung (2012), wurde er von der schweizer „Stiftung Kreatives Alter“ mit einer Anerkennungsurkunde ausgezeichnet, die ihm am 28. Oktober 2014 in einem Festakt im Kongresshaus in Zürich überreicht wurde.
Für seinen Roman „Der Franzmann“, der Ende 2013 erschien, wurde der Autor von der „Stiftung Kreatives Alter“ am 25. Oktober 2016 im Kongresshaus in Zürich mit einem Preis ausgezeichnet, der mit 10 000 Schweizer Franken dotiert ist.
Anfang 2015 erschien der Roman „Zum Glück gab´s Tante Wanda“ – ein etwas anderer Roman.
Das vierte Werk des Autors „Mord im Kowloon–Park“ (Anfang 2016) ist ein Liebes – und Kriminalroman und gleichzeitig eine Hommage an Hongkong.
Es war an einem Sonnabendnachmittag Ende März 1941, und es war sonnig und warm. Vögel zwitscherten, und flauschige Kumuluswolken schwebten bei fast windstillem Wetter langsam von Südwesten nach Nordosten, als der Bauer Karl Brammer zufrieden und innerlich gelöst von seinem Hof aus über seine Weide schlenderte, die sich östlich der Hofgebäude in einer Länge von etwa zweihundert Metern und einer Breite von etwa hundert Metern bis zu einem Bach erstreckte, der sich in nördliche Richtung schlängelte und zu dieser Jahreszeit reichlich Wasser führte, das ihm aus zahlreichen Gräben zugeführt wurde, das aber im Wesentlichen aus einem einige Kilometer entfernten, etwa dreihundert Meter hohen Bergzug kam, wo sich die Quelle befand.
Die Weide zeigte bereits ansatzweise frisches Gras, und die naturbelassenen etwa zwei bis drei Meter hohen Büsche, die sie an beiden Seiten begrenzten, aber an einigen Stellen durch große Bäume unterbrochen waren, hatten erste grüne Triebe. Nur die knorrige Eiche, die sich unweit zweier Scheunen über einen Teil der Weide ausbreitete, und der schlanke, fast haushohe Birnbaum, der etwa in der Mitte der Weide in den Himmel ragte, waren noch kahl wie in den vergangenen Wintermonaten. Der Birnbaum hatte im Laufe der Jahre eine solche Höhe erreicht, dass sich schon seit langem niemand mehr von den Hofbewohnern traute, im Herbst die reifen Birnen mit Hilfe einer Leiter zu pflücken. Man ließ sie ins Gras fallen, wo die meisten von den Kühen gefressen wurden. Nur einige wurden aufgesucht, gleich gegessen oder geschält und eingekocht.
Wiederholt blieb der Bauer stehen und genoss das sich ihm bietende idyllische Bild. Es kam nicht oft vor, dass er die Zeit fand, einen Nachmittag für sich allein zu verbringen und ungestört seinen Gedanken nachzugehen, ohne von notwendigen Arbeiten getrieben zu werden.
Kurz vor dem Bach verließ er die Weide durch ein links befindliches etwa vier Meter breites, halb geöffnetes Gatter und trat auf einen Feldweg, der jenseits der Buschreihe parallel zur Weide verlief und in westlicher Richtung zu den Hofgebäuden führte und in östlicher Richtung zu einem etwa zweihundertfünfzig Meter entfernten quer verlaufenden Weg.
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