Murat, Kurt und ich können heute leider fast nichts mehr sehen von der verblühten Schönheit der einstigen Prachtsstadt. Von den immer wieder erneuerten Stadtmauern liegen nur noch ein paar Ruinen in der wüstenähnlichen Landschaft verstreut. Bevor die Mongolenheere kamen, gab es hier Moscheen, Medressen, Paläste und Bibliotheken mit über 150’000 Büchern.
Das besterhaltene Bauwerk ist das Mausoleum des Seldschuken-Sultans Sandschar, das im Jahre 1140 fertiggestellt wurde, in einer Zeit, als Moskau gerade erst entstanden war. Die 38 Meter hohe Kuppel war damals mit blauen Fayencen verkleidet und schon aus einem Tagesmarsch Entfernung in der flachen Ebene sichtbar.
Weiter finden wir die Überreste von ein paar anderen Mausoleen, einer Karawanserei und eines Palastes, der bereits im 6. Jh. v. Chr. entstanden sein soll. Vor einer Grabstätte haben Pilger oder andere Besucher Stofffetzen an die Äste eines Gebüsches gebunden; ein Zeichen, dass sich der Schamanismus über all die Jahrhunderte doch noch ein bisschen gehalten hat und vom Islam nicht vollends ausgelöscht werden konnte. Es wird auch angenommen, dass mehr Mausoleen und Gräber als andere religiöse Bauten so lange überdauert haben, weil Eroberer und Zerstörer offensichtlich einen gewissen Respekt für die Toten empfunden haben mussten.
Das Ruinenfeld erstreckt sich über eine Fläche von mehr als 120 km², aber da wirklich nicht viel erhalten geblieben ist, gehen wir bald zur Tschai-Khana am Busstand und ins 30 km entfernte von den Russen gegründete hässliche Mary an der Transkaspischen Eisenbahnlinie und am Kara Kum-Kanal zurück.
Unsere Turkmenistan-Visa sind gestern abgelaufen und darum müssen wir heute wirklich ausreisen. Murat kommt nochmals in unsere Wohnung, wir geben ihm den Hausschlüssel und 20’000 Manat. Er gibt mir 10’000 Manat zurück; der genannte Preis, USD 2.50, galt für beide Nächte!
Wir haben den Bus verpasst und nehmen ein Taxi für die 220 km an die usbekische Grenze. Die Fahrt führt durch eine monotone Sandwüste mit vereinzelten Büschen, ohne Dorf und keiner einzigen Siedlung… Im Frühling soll die Wüste blühen, aber jetzt ist Juni und es ist erbärmlich heiss.
Kurz vor Tschardschou werden wir zum Anhalten gezwungen. Ein Polizist fuchtelt mit seinem Stock. Da stehen wir nun in der Wüste und der Natschalnik (russisch für Chef) fragt natürlich nach unseren Pässen und sieht, dass unsere Visa gestern abgelaufen sind. Wir müssen unsere Rucksäcke ins Haus bringen und die Polizisten – oder sind es gar schon Zöllner? - wühlen neugierig darin herum. Der Chef erklärt, dass wir nach Aschkhabad zum OVIR zurück müssen, um unsere Visa verlängern zu lassen. Die Hauptstadt ist fast 600 Kilometer entfernt! Wir machen unseren nächsten Bestechungsversuch, legen eine 20-USD-Note in einen Pass und strecken ihn ihm hin. Doch er fängt nur an zu grinsen und winkt ab! Ich schnall’ das nicht, ich dachte, die seien immer für Geld zu haben! Ein ungarischer Lastwagenfahrer wird auch festgehalten und zusammen flehen wir den Natschalnik auf herzerweichende Weise an, uns doch weiterfahren zu lassen. Ich habe keinen blassen Schimmer, was er eigentlich will. Tatsache ist, dass er uns nach rund zweistündigem Bitten weiterziehen lässt, ohne unsere verlockenden Scheinchen zu nehmen!
In der Stadt fahren wir sofort zum Bahnhof und haben grosses Glück, dass in ein paar Minuten ein Zug nach Buchara losfährt. Wir steigen ohne Billet ein, schmieren den Schaffner und kriegen sofort Sitzplätze in einem total überfüllten Waggon. Plötzlich erklären uns die netten Mitfahrer, dass wir uns schon auf usbekischem Boden befinden. Wir sind froh, dass keine Zöllner für Kontrollen in den Zug gestiegen sind. Kurt besitzt ja noch gar kein usbekisches Visum!
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Sofia, Murat, Damir und Kurt in Aschkhabad |
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Tatar Damir und Turkmen Murat |
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Mit Murat (2. von rechts) im Klapperbus von Old Merv |
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Turkmenische Kinder in Merv |
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