Schlecht wäre es nicht, wenn er neben einer fundierten Ausbildung im Personenschutz zum Beispiel auch eine staatlich geprüfte Werkschutzfachkraft wäre. Oder, nach neuem Berufsbild, eine Fachkraft für Schutz und Sicherheit. Diese Art der Qualifikation erlaubt es dem gut ausgebildeten Personenschützer, auf die unterschiedlichen Begebenheiten, die ihm im Laufe seiner Dienstzeit als ein solcher ereilen werden, stets gelassen, ruhig und besonnen zu reagieren. Ein erfahrener Personenschützer wird sich immer, bei allem was er tut, auf das Wissen dieser Ausbildung stützen können und dieses gewinnbringend im Berufsalltag umsetzen. Sie bildet das Grundgerüst für alle weiteren Schritte seiner Laufbahn.
Was aber beinhaltet diese Ausbildung, werden Sie sich berechtigterweise fragen und was macht sie in meinen Augen so unverzichtbar?
Sehen Sie, als staatlich geprüfte Werkschutzfachkraft oder Fachkraft für Schutz und Sicherheit verfügt der Personenschützer unter anderem über eine von den Industrie-und Handelskammern abgesegnete Ausbildung in den Hauptfächern der Werkschutzdienstkunde, der Kriminologie,
dem deutschen Recht und der Psychologie. Das ist schon eine ganze Menge, die er da lernt und wissen muss.
Folgend werde ich versuchen, Ihnen diese einzelnen Themenbegriffe anhand fundierter und durch Erkenntnis gesicherter Beispiele etwas näher zu bringen, ohne zu weit in die innere Materie vorzustoßen. Das würde hier absolut den Rahmen sprengen und ist zu Anfang auch weder wichtig noch zielführend.
Bleiben wir daher also für' s Erste an der Oberfläche der Ausbildungsrichtlinien.
Werkschutzdienstkunde
Nehmen Sie einfach einmal an, Sie wären in meiner Position.
Sie wären also der direkte Personenschützer einer hochgradig gefährdeten Person der freien Wirtschaft. Sie haben Ihren Schutzbefohlenen wie an jedem Morgen sicher und gut behütet bis auf das Firmengelände begleitet, wo er als Vorstandsvorsitzender eines international agierenden Wirtschaftskonzerns seiner geregelten Arbeit nachgeht. Dort angekommen sichern Sie wie immer das Verlassen der Limousine, in dem Sie überaus konzentriert die umliegenden Häuserfronten beobachten und nach versteckten Heckenschützen oder schussbereiten Panzerfäusten hinter Fensterglas Ausschau halten, die Ihrer Schutzperson die letzten Meter in das sichere Gebäude und damit den gesamten Tag versauen könnten.
Kaum hat Ihre Schutzperson die Eingangshalle betreten, lauert auch schon die nächste Gefahr in Form von Aluminium. Ihre Schutzperson ist nämlich gerade volle Kanne mit dem besten Stück des Mannes gegen das Drehkreuz gelaufen, das nicht wie gewohnt durch die gesteuerte Elektronik freigeschaltet wurde.
Verständlicherweise wird Ihre Schutzperson auf diesen Zwischenfall verärgert reagieren, zumal der Zusammenprall aller Wahrscheinlichkeit nach sehr schmerzvoll war. Die Pförtner am Empfang wissen nicht, wo der Fehler liegt und bekommen bereits Tennisball große Schweißperlen auf der Stirn. Die kleine, schüchterne Sachbearbeiterin aus der Finanzbuchhaltung versucht, den Schmerz ihres großen Chefs mit kaltem Wasser und einem Putzlappen aus der Damentoilette zu lindern. Der Chef selbst ist kurz vor dem Explodieren und will bitte sofort in sein Büro, um erstens die nasse Hose zu wechseln, weil das auf dem hellen Anzug nicht wirklich vorteilhaft aussieht und zweitens, um einen Eisbeutel auf sein schmerzendes Gemächt zu legen.
Jetzt kommt Ihnen Ihre Ausbildung im Rahmen der Werkschutzdienstkunde bereits mehr als zu Gute. Selbstsicher, wie das der Job ja von Ihnen fordert, betreten Sie die Pförtnerloge, werfen einen flüchtigen Blick über die elektronischen Bedienelemente der Drehkreuze und drücken auf genau den Knopf, der die Notfreigabe aktiviert. Der Durchgang ist frei, Ihr Chef verschwindet fluchend und vornübergebeugt im Aufzug. Sie haben mal wieder einen Stein bei ihm im Brett, die Pförtner verlieren in der nächsten halben Stunde ihren Job und die schüchterne Kleine aus der Finanzbuchhaltung springt kurz nach diesem Vorkommnis vor lauter Verlegenheit vom Dach der Firmenkantine.
Fazit: Sie – der Personenschützer – sind der Retter dieser Situation und haben Schlimmeres verhindert. Und das alles konnten Sie nur wissen und werden, weil Sie genau bei diesem Thema der Ausbildung in Werkschutzdienstkunde anwesend und ausnahmsweise auch mal wach waren.
Kriminologie
Kriminologie ist ein ganz wichtiges Thema der Ausbildung und steht allem anderen voran.
Im Laufe Ihrer Ausbildung in Kriminologie erfahren Sie alles Wissenswerte über Einbruchstechniken an zum Beispiel Türen und Fenstern und erlernen die Vorgehensweisen osteuropäischer Verbrecherorganisationen und internationaler Terroristen. Danach wissen Sie verdächtige Personen anhand ihrer Art, sich zu bewegen und wie sie sich geben, aus der Masse der lieben und braven Menschen herauszufiltern.
Wenn Sie also verstehen können, wie Verbrecherbanden und Terroristen vorgehen, um beispielsweise einen Menschen, vielleicht ausgerechnet Ihre Schutzperson, zu entführen, werden Sie durch diese intensive Schulung in die Lage versetzt, genau das zu verhindern. Und tun damit genau das, weswegen Sie eingestellt wurden.
Außerdem wissen Sie, sollten Sie einmal in die prekäre Lage geraten, mit Ihrer Schutzperson zusammen in einen Hinterhalt zu geraten und gefangengenommen werden, wie Sie es gegebenenfalls schaffen können, Fesseln und verschlossene Fenster, Türen und Tore mit primitivsten Hilfsmitteln zu öffnen, um anschließend und bestenfalls gemeinsam mit Ihrer Schutzperson die Flucht anzutreten.
Im Fachjargon ist diese taktische Vorgehensweise der Spezialkräfte, mit den geringsten Hilfsmitteln, als das »MacGyver Syndrom« bekannt:
Atombombe! – Taschenmesser reicht!
Guerilla Krieg! – Taschenmesser reicht!
Flugzeugentführung! – Taschenmesser reicht!
Wozu jede der Spezialeinheiten dieser Welt dann doch noch das ganze andere Equipment brauchte, hat sich mir in all meinen Berufsjahren sowieso nie erschlossen.
Sollten Sie in der Hektik Ihre Schutzperson dann doch mal vergessen, müssen Sie eben nochmal zurück, sofern Sie Ihren Job und Auftrag auch tatsächlich ernst nehmen. Ist ja letztlich auch eine Frage des Gehalts.
Kriminologie ist daher angesichts der von mir geschilderten und durchaus realen Umstände, die auf Sie zukommen könnten, ein Ausbildungsfach, dem besondere Aufmerksamkeit gebührt. Wer möchte, der kann sich im Rahmen dieser Ausbildung auch gerne für die Teilnahme an einer Obduktion in der Pathologie einschreiben lassen. Das ist zudem eine gute Möglichkeit, sich die Folgen eines möglichen beruflichen Versagens schonungslos und direkt vor Augen führen zu lassen.
Verhörtechniken
Verhörtechniken werden auch immer wieder sehr gerne gebucht.
Allerdings ist die spezielle Anwendung der so erlernten Methoden dem Personenschützer nur bis zu dem Moment möglich, wenn die Polizei eintrifft. Freunde des Verhörs sollten ihre Technik also dahingehend verfeinern, dass sie nicht allzu viel Zeit in Anspruch nimmt, um an die dringend benötigten Informationen zu gelangen.
Sie sind überrascht? Womöglich schockiert über das, was ich da geschrieben habe?
Recht haben Sie, denn das war bloß ein ironischer Scherz! Ich distanziere mich augenblicklich, deutlich und sicherheitshalber.
Personenschützer sollen und werden niemals nach einer gedachten oder tatsächlichen Tötung, oder eines Attentats auf ihre Schutzperson die eigenen Emotionen an dem überwältigten Verursacher auslassen!
Personenschützer der heutigen Generation arbeiten streng und grundsätzlich nach dem »Twitter-Prinzip« von Frau K. und schießen, wenn sie überhaupt schießen, erst ins Bein. Ganz gewissenhafte und überzeugte Personenschützer, die regelmäßig »Grün« wählen, sogar nur in ihre eigenen. Dann leisten sie aber sofort Erste Hilfe. Im Weiteren sprechen sie alle Themenbereiche der Resozialisierung mit dem Attentäter durch und entscheiden unter Berücksichtigung aller Vergangenheitsbewältigungsstrategien, die diesen Menschen zu einer solchen Tat veranlasst haben könnten, wie es weitergeht. Wirkt der Täter hier überzeugend und kann einen gültigen Personalausweis oder bei Asylsuchenden einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung vorlegen (Ausreisepflichtige bitte nur nach Rücksprache mit dem Kanzleramt), spricht selbstverständlich nichts gegen die sofortige Freilassung. Schließlich regelt das deutsche Recht sehr genau, wo er sich aufzuhalten hat und wo nicht. Man wird ihn also auf jeden Fall finden, falls da noch offene Fragen wären.
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