»Dreierlei muss ich dir erfüllen, nach alter Regel. Nicht mehr, nicht weniger, im Tausch gegen deinen Hexenstein. Jedoch darf ich weder töten noch verletzen, so will es das uralte Gesetz. Achte dies! Nun, Schöner, so soll es denn sein… Ein Handel wurde geschlossen, bei allen Teufeln und Dämonen!!!«
Ihre Stimme hallte durch die Dunkelheit, und Kaspar schien, als würde plötzlich ein Windhauch durch die Hütte wehen und das Feuer anstacheln noch höher zu steigen. Kleine Funken flogen umher, und einen kurzen Augenblick lang schien alles hell erleuchtet.
»So sage mir, was du begehrst!«, forderte sie.
»Mein erster Wunsch lautet, der Junge soll leben! Kein Haar wirst du ihm mehr krümmen. Heile seinen Leib, sofort!«, forderte er sie auf und deutete dabei auf den blutbesudelten Tisch und das Bündel Elend, welches dort lag.
Die Hexe zuckte und ihre Augen verengten sich, denn sie sträubte sich sichtlich dagegen ihre Beute herauszugeben. Doch nickte sie schließlich, stimmte dem zu, in der Gewissheit, etwas weitaus Lohnenderes dafür im Tausch zu erhalten.
So hob sie ihre Hand, und ihre Finger kreisten beschwörend in der Luft umher. Kaspar glaubte erkennen zu können, wie sie dabei wohl etwas an Kraft zu verlieren schien, denn ihre Gestalt wurde immer schwächer. Er beobachtete das seltsame Geschehen, doch nichts passierte. Der Körper des armen Jungen lag immer noch regungslos da, doch dann, nach einer Weile, schien er sich langsam zu regen und seine Glieder begannen zu zucken. Zuckten immer stärker. Die Augenlieder öffneten sich, ebenso tat es der Mund. Er hustete und prustete, rang sichtlich nach Luft, dann konnte Kaspar erleichtert auch die Bewegung des sich auf und ab bewegenden Brustkorbs erkennen. Der Bub war am Leben. Die Welt hatte ihn wieder und Kaspar sah zufrieden zu, wie sich die Wunden langsam schlossen, bis sie gänzlich wieder verheilt waren. Auch das Blut löste sich in Luft auf, und so war nichts, rein gar nichts mehr, von dem Grauen übrig geblieben.
»Er muss jetzt noch etwas ruhen, dann ist er wieder wie neu.«, sagte die Hexe erschöpft, und der Junge schlief ein.
»Alles kannst du haben, und du Dummkopf wählst das Leben eines armseligen Jungen? Ich werde euch Menschen nie verstehen.«, fügte sie spöttisch hinzu.
»Nun, was ist dein weiteres Begehr? Gold, Silber, Edelsteine, Macht?«
»Ich möchte einen Namen!«, antworte Kaspar, dann zog jener ein uraltes Schriftstück hervor, auf dem mit einer dunkelroten Flüssigkeit etwas in Menschenhaut eingeritzt worden war.
Die Hexe schrie entsetzt auf.
»Luzifer, Satan, alle Teufel und alle Dämonen der Hölle!!! Nein, nicht! Verlang dies nicht von mir! Unmöglich!«
»Du bist an unseren Handel gebunden, Hexe!«, rief Kaspar ihr unbeeindruckt hinterher, während sich Walburga vor seinen Augen langsam in Luft auflöste.
»Nein, nimmer!!!«, schrie sie, und er meinte dabei Furcht aus ihrer Stimme heraushören zu können.
War dies bei solch einer mächtigen Hexe überhaupt möglich, Furcht?
»Du musst ihn mir sagen!!!«, beharrte er, doch bekam er keine Antwort mehr und so wartete er ab.
»Gut, dann werde ich den Handel für nichtig erklären, und der Stein verliert seine Macht für dich. Töte mich dann ruhig, es bedeutet mir nichts.«
Stille, nur der Wind blies leise um die einsame Hütte.
»Bist du dir sicher, dass du das auch wirklich willst? Weißt du, was du da von mir verlangst, mit wem du dich da anlegst?«
Ihre Stimme war leise und gespenstisch.
»Lass dies meine Sorge sein, sag mir nur den Namen!«, beharrte Kaspar.
Der Wind schien stetig heftiger zu werden.
»Satan hilf!!!«, hallte es plötzlich durch die Dunkelheit, und begleitet von einem mächtigen Donnerschlag fuhr ein gewaltiger Blitz hernieder und spaltete eine der hohen Fichten, die vor der Hütte standen.
Die Tür schlug weit auf, fiel dann wieder kräftig zurück in ihr Schloss, und das Feuer unter dem Kessel verfärbte sich und wurde giftig gelb. Nebel stieg auf, und eine gespenstische Hand kam aus jenem hervor. Lange Fingernägeln kratzten Buchstaben in das harte Holz, und das Geräusch schmerzte in Kaspars Ohren. Kaum war der letzte Buchstabe eingeritzt, fing die Tür auch schon Feuer, und die Flammen verzehrte das Holz an der Stelle, an der zuvor noch der Name gestanden hatte. Die gesamte vordere Hütte schien nun allmählich Feuer zu fangen, und Kaspar spürte die glühende Hitze unangenehm auf seiner Haut.
»Du weißt nicht, was du tust!«, hörte er die Stimme klagen.
»Verflucht seiest du, dass du dies von mir verlangtest!«
Kaspar war es egal, denn er wusste nun endlich das, was er schon so lange hatte wissen wollen. Nur dies war für ihn von Bedeutung.
»Einen letzten Wunsch habe ich noch frei!«, forderte er sie auf.
»Ich möchte, dass niemand mehr durch dich zu Tode kommt!«
»Das geht nicht, das darfst du nicht wünschen.«, antwortete sie ihm empört.
»Schwöre es!«, befahl Kaspar unnachgiebig.
Er wartete auf Antwort und nach einiger Zeit bekam er sie.
»Ich schwöre, dass ich niemanden mehr töten werde…«, begann die Hexe, und ein kräftiger Donnerschlag ließ die Hütte ein letztes Mal erzittern.
»…in meiner Hütte!«, fügte sie leise hinzu, noch bevor dieser ganz verhallt war.
Der Wind beruhigte sich, der Nebel löste sich wieder auf, und das Feuer unter dem großen Kessel verlor seine unnatürliche Farbe.
»Damit habe ich meinen Teil erfüllt, nun gib mir, was ich begehre!«, forderte sie ihn auf.
»Du bist gleichwohl an unser Geschäft gebunden.«
Kaspar legte das goldene Säcklein behutsam vor sich auf den Boden. Er beobachtete, wie die geisterhafte Hand, die zuvor schon die Buchstaben eingeritzt hatte, nun vorsichtig das kleine Säcklein an sich nahm. Kaum hatten die blassen Finger es umschlossen, leuchtete dieses plötzlich auf, und aus den Flammen kam die nun noch strahlender wirkende junge Hexe hervor.
Niemals zuvor hatte Kaspar derart Wunderbares gesehen. Wie ein Engel sah sie nun aus. Schön und rein wirkte sie auf ihn, und er musste einen kurzen Augenblick lang seine Augen schließen, so strahlend hell war ihre anmutige Erscheinung. Geblendet sank er in Gedanken vor ihr auf die Knie. Etwas schien mit ihm zu passieren, er konnte sich nicht dagegen wehren.
Vor lauter Verzückung stöhnte die Hexe laut auf. Ihre Augen strahlten. Mit einem kurzen, beinahe beiläufigen Wink ihrer Hand entfachte sie rings um sie beide herum kleine, magische Lichter, die nun die Hütte in den buntesten Farben erstrahlen ließen. Die sengenden Flammen erloschen und wohlige Wärme durchfuhr Kaspars Körper. Er hatte das Bedürfnis sich ausruhen zu müssen.
»Ich mag dich, Fremder! Ich mag dich sehr. Bleib doch noch bei mir, nur diese eine Nacht. Morgen können du und der Junge gehen. Es ist schon spät, die Nacht ist dunkel, der Weg hinaus aus dem Wald lang und beschwerlich. Lass uns unseren Handel gebührend feiern… Oder hast du etwa Angst? Vor mir?«, hauchte sie.
Kaspar spürte ihren warmen Körper.
»Bin ich nicht schön und begehrlich für dich? Nach all den Strapazen, nach all dem Leid und Schmerz? Davon werden du und ich noch genug haben, doch sei dir gewiss, nicht hier und jetzt! Dieser Moment gehört nur uns.«, hauchte sie, und ihr zartes Kleid fiel wie von selbst herab.
Ihr nackter, wohlgeformter Körper war makellos. Kaspar begehrte sie, je mehr er auch versuchte sich dagegen zu wehren. Ein Zauberbann hielt ihn gefangen, vernebelte ihm die Sinne. Wie berauscht bemerkte er, wie sich nun auch seine Kleider wie von selbst öffneten. Er spürte die warmen Hände auf seiner Haut, die ihn nun zärtlich liebkosten. Spürte die zarten, feuchten Lippen auf seinem Gesicht, seinem Hals, seiner Brust. Den angenehm warmen und sehr verlockenden Atem.
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