Andru konnte seinen Augen nicht trauen. Er hatte nie geglaubt, dass so etwas möglich war. Sein Arm war wie neu, keine Schmerzen, keine Wunden, keine Narben. Das Einzige, was er hervorbringen konnte, war ein geistesabwesendes: “Danke”
Pymos lächelte nur kurz und ging auf seinen Platz zurück.
Darion hatte während der Verhandlung eine geistige Verbindung mit Pymos. Er wusste nicht weshalb, aber das Urteil erfreute ihn.
Auch freute er sich, seinen Bruder wieder zu sehen. Er war früher neidisch auf seinen jungen Bruder gewesen, welcher die magischen Kreise, zumindest schien es ihm damals so, in einer Leichtigkeit meisterte, die er als ungerecht empfand, bis er zu sich selbst sagte, dass es sein eigener Verdienst war, kein anderer Magier, weder in seiner Familie, noch in irgendwelchen anderen Familien, die er kannte, stürzte sich so in die Lehre und die Weisheiten Iknars.
Darion vermutete, dass sein Bruder versuchte etwas zu verstehen, etwas über sich selbst, er glaubte es zu wissen, doch traute er sich diesen Gedanken nicht auszusprechen oder mit seinem Bruder darüber zu reden. Er schütze diesen Gedanken in der Gegenwart anderer Magier.
Dadurch hoffte er ihn nicht an die Öffentlichkeit kommen zu lassen, denn es wäre ein Skandal, der seines gleichen suchte. Trotz allem, war er sich sicher, dass sein Bruder es tief in sich auch schon wusste, es aber aus demselben Grund wie er, nicht traute zu akzeptieren.
Als er nun in das Heiligtum eintrat und seinen Bruder sah, verbarg er den Gedanken schnell in seinem Hirn mit Hilfe einer kleinen magischen Membran, die ihm half nur Menschen auf die Information zugreifen zu lassen, denen er es erlaubte, auch wenn er sich sicher war, dass sein Bruder niemals seine Gedanken lesen würde, war ihm diese Maßnahme doch sicherer.
Das Urteil war verkündet und Ramir brachte Andru zu Meister Larban. Dieser sollte ihm seine Roben und seine Aufgaben als Lehrling erklären. Danach würde er zurück in das Heiligtum gehen und zusammen mit seinem Bruder und dem Hohen Rat alles Weitere besprechen, den Weg auf dem Andru nach Largon gebracht werden sollte. Natürlich hatte ihm sein Bruder die Information schon längst übermittelt und es freute ihn für seinen Bruder, dass er seine Angebetete Marga von Dak mehrmals sehen durfte.
Pymos war ein gerechter und liebherziger Anführer und Iknar sei Dank, legte er einen unglaublich hohen Wert, auf die Meinung von Darion und ihm. Sie waren damals zusammen Lehrlinge gewesen, auch wenn Pymos um einiges älter war, durfte er doch erst spät die Lehre des Lichts in Largon, in der damals noch sehr kleinen und recht primitiven Universität, beginnen. Den Glanz, den die Universität heute erreicht hat, hat sie nur dem neuen Hohen Rat zu verdanken, dennoch war ihre Lehre damals nicht weniger lehrreich gewesen. Nur legten die Altmeister nicht so viel Wert auf die Ausbildung neuer Magier. Diese wurden jetzt jedoch benötigt, um die höheren Ziele zu erreichen.
Ramir lieferte Andru ab und sprach zu Meister Larban: “ Er ist nicht weiterhin ein Gefangener. Behandelt ihn als unseres Gleichen. Er ist durch den Willen der Götter zum Lehrling ernannt worden. Er wird einige Tage Dienste für das Kloster verrichten und dann mit meinem Bruder Meister Darion nach Dak aufbrechen, Marga von Dak wird ihn auf sicherem Weg nach Largon geleiten. Stellt keine Fragen Meister Larban, ihr seid nicht befugt den Willen des Hohen Rates oder der Götter in Frage zu stellen.”
Larban war erst seit kurzen ein Magier des Lichts und steckte noch in der Phase der Selbstüberschätzung, seiner Befugnisse und Möglichkeiten als Magier des 1. Kreises. Diese Phase hatte jeder neue Magier. Er fühlte sich nun berufen, wichtiger und über alles erhaben, weil er nun ein Erwählter Iknars war. Nur wenige wussten, dass dies nicht wahr ist, denn die Magier wurden zwar Erwählte genannt, dennoch waren die Erwählten der Götter ganz andere und bei weitem nicht so zahlreich auf dieser Welt, wie das gemeine Volk glaubte.
Der kleine Kreis der Wissenden, zu dem er gehört, ist sich der Macht und Kraft, der wahren Erwählten bewusst.
Der sichtlich verärgerte Larban antwortete kurz und knapp:” Ihr sprecht wahr, Meister Ramir, Herr über den 5. Kreis der Magie, ich werde den Willen des Rates akzeptieren.” Nun richtete er sich an Andru: “ Dein Name Lehrling der Magier?”
Ramir antwortete für ihn:” Er nennt sich Andru, mehr wissen wir nicht. Vielleicht verrät er dir mehr als dem Hohen Rat, zu dessen Versammlung ich geladen bin. Ich bitte um Entschuldigung und betone erneut, Meister Larban, Gebieter über den 1. Kreis des Iknars, behandele ihn nicht weiterhin als unseren Gefangenen und vergiss sämtliches, was du über seine Vergangenheit weißt, wie bei jedem neuen Lehrling beginnt von seiner Aufnahme in unsere Reihen an, ein neues Leben für ihn.”
“Ja Meister” antwortete Larban wie ein Lehrling. Dennoch dachte Ramir: Vielleicht war ich doch ein wenig zu hart. Der Hohe Rat meinte zwar, ich soll ihn nicht verschonen und durchgreifen, aber da bin ich gar nicht der Richtige für. Ich bin einfach zu gutherzig… Geh ohne ein weiteres Wort, Ramir.
Das tat er dann auch, als Larban sich sicher fühlte, fügte er den Gedanken Ramirs hinzu: Was für ein weichlicher Magier er ist, was findet der Hohe Rat überhaupt an ihm, besonders wie Meister Altoren ihn immer anguckt, als wäre er ein zu begehrendes Weib.
Ramir ging zurück in das Heiligtum und tat als hätte er die verschwommenen Gedanken Larbans nicht gehört. Er verbarg seine Gedanken nun mit einer magischen Membran und überlegte dennoch die Worte, die er in Larbans Gedanken hörte: Meister Altoren sieht mich an wie ein zu begehrendes Weib? Nein, das konnte und durfte nicht sein, niemals es ist nichts als die Ehrfurcht, die Altoren und mich verbindet, anders darf es einfach nicht sein. Was wäre wenn doch? Wenn ich ein Abtrünniger wäre, wenn am Ende Altoren sich darauf einlassen würde? Will ich das nicht vielleicht? Ist das die Lösung aller meiner Rätsel, so simpel? Empfinde ich einfach Liebe anders? Nein niemals. Ich habe die
Richtige einfach noch nicht gefunden, nicht wie Dorian und Marga. Ich darf mir nicht mehr solche Gedanken machen.
Doch jetzt stellte er fest, dass diese Gedanken ein Gefühl von Leichtigkeit in ihm auslösten, war es tatsächlich so, als er das Heiligtum erreicht hatte und Meister Altoren sah, dessen Blick sofort auf ihn fiel, war ihm heiß und kalt, er wusste nicht, ob er in der Lage war zu reden. Liebe ich tatsächlich einen Mann und dazu noch ein Mitglied des Hohen Rates?
Damit verbarg er sämtliche dieser Gedanken in einer magischen Membran und ließ alle anderen Gedanken wieder frei. Diese Gedanken durften niemals jemanden erreichen. Er lächelte Altoren höflich an und begrüßte, seit einigen Monaten, seinen Bruder endlich mal wieder persönlich.
Kapitel 4
Andru wollte es immer noch nicht glauben, aber es war die Wahrheit. Er als ehemaliger Sklave der gegnerischen Partei wurde in die Reihen der Magier des Lichts aufgenommen. Er konnte nicht erwarten innerhalb der nächsten Jahre zum Magier erwählt zu werden. Dennoch wurde er nun der Magie unterwiesen. Wenn seine Mitverurteilten das wüssten, sie würden grün vor Neid.
Er glaubte nicht, dass aus einem verurteilten Verbrecher wie er einer war - deswegen war er erst in die Sklaverei gekommen - zu einem der hohen Herren, ein Magier werden konnte. Vielleicht hatte er jetzt sogar die Möglichkeit an einem historischen Ereignis teilzunehmen, der Befreiung der Altmeister aus dem verlorenen Tal und das Ganze sogar aktiv.
Rakon sah Andru auf seiner Suche nach seinem Geist, genau das überlegen. Er wurde das Gefühl nicht los, dass Pymos Recht hatte.
Dennoch wollte er sich sicher sein. Deswegen schickte er immer wieder ein oder zwei seiner Kreaturen aus reiner Magie aus, die jedoch bis jetzt noch keinen Erfolg brachten. Er wusste noch nicht genau was die Kommunikation zwischen den Magiern der Ebene Artona und ihnen verhinderte, doch es musste irgendetwas mit dem Dämon zu tun haben, den er gebannt hatte.
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