1 ...7 8 9 11 12 13 ...17 Pymos unterbrach das freudige Wiedersehen nur ungern, doch blieb ihm keine Wahl: “Meister Darion, Meister Ramir, so leid es mir tut, ich werde gerne an eurem gemütlichen Beisammensein heute Abend teilnehmen. Ihr dürft eure Pflicht heute vernachlässigen Meister Ramir. Ich werde Meister Larban damit beauftragen die Bibliothek zu überwachen. Dennoch haben wir jetzt Wichtiges zu besprechen, wir müssen planen wie Andru zur Universität kommt, ohne das es so aussieht, als sei er unser Schützling.
Ihr wisst selbst, dass er es ohnehin schwer haben wird. Er braucht einen neuen Namen, besser noch eine komplett neue Identität. Seinen Namen sollte er behalten.”
Die anderen Meister des Hohen Rates waren alle gleichermaßen verwirrt. Sie dachten Pymos würde verrückt. Dann sprach Meister Garon aus, was alle bedrückte und beschäftigte:
“Verzeiht Meister Pymos, doch ich denke ihr überschätzt eure Fähigkeiten. Wie wollt ihr einem Sklaven aus Marillien, und wie ich seinen Gedanken entnehme, auch noch der private Sklave von Schwarzmagier Sarbor persönlich, zu einer neuen Identität verhelfen? Welcher Marillier würde ihn nicht wiedererkennen? Wie sollen wir einen mächtigen Magier wie Sarbor, und wir wollen nicht anzweifeln, dass er mächtig ist, nur weil er die Magie des Almonaras nutzt, täuschen? Es ist selbst bei uns bekannt, dass er ebenso mächtig ist wie wir, er Gedanken lesen kann, er einige Runen beherrscht.”
Pymos grinste: “ Ich verstehe eure Sorge, ich verstehe eure Bedenken, doch glaubt nicht, dass ihr, nur weil ihr Meister des 7. Kreises seid, über alle magischen Geheimnisse, alle Mächte aufgeklärt seid. Es gibt neue Magie, es gibt alte Magie. Die traditionelle Lehre des Iknars ist mächtig, dennoch schadet es nicht auch mal neue Schritte zu wagen. Deswegen sind Meister Darion und Meister Ramir heute bei uns und nicht nur weil wir alte Studienfreunde sind. Nein, während unserer Zeit an der Universität, als keiner von uns ahnte, was wir eines Tages sein würden, geschweige davon, dass ich oberster Magier des Ordens werde, haben wir oft experimentiert. Meine Freunde darf ich vorführen oder wollt ihr? Ihr wisst was ich meine, habe ich Recht?”
In diesem Moment schaute er Darion direkt in die Augen und nur Darion konnte sehen, dass seine Augen die Farbe wechselten, von braun zu grün und wieder zu braun. In diesem Moment wusste Darion, was Pymos meinte und tat dasselbe. Er stupste seinen Bruder leicht mit dem Fuß an. Als Ramir ihn ansah, konzentrierte er sich auf seinen Körper, seine Augenmuskeln, seine Iris, sein gesamtes Sehorgan und sendete leichte Magie aus. Seine Augenfarbe änderte sich von blau zu grau und zu braun, letztendlich wieder zu blau. Er sah eine Art des Begreifens in den Augen seines Bruders, die ihm klar machte, dass Ramir verstanden hatte.
“Was soll dieser Unsinn? Wir haben keine Zeit für alberne Kindheitsgeheimnisse, wir stehen kurz vor einem Krieg. Die Altmeister sitzen immer noch im Tal fest. Was sollen diese Albereien?”
Garon war in letzter Zeit öfters schlecht gelaunt, weil er dachte, er müsse etwas bewegen. Er war im Hohen Rat und sehr vernarrt in die Götter. Er war beinahe fanatisch in seinem Glauben.
Ramir lächelte und bemerkte, dass Meister Altoren ihn schon wieder ansah. Er wechselte schnell die Blickrichtung und sah nun Pymos an: “ Ich denke, Meister Pymos, du solltest deinem Ratsmitglied unsere kindischen Albereien persönlich vorführen“, er lachte auf. “Lass ihn nicht zu gut aussehen, im Spiegel sieht er sich ja doch.”
Pymos stand auf: “Nun Meister Ramir, du solltest dennoch ein wenig Respekt zeigen, aber ich berücksichtige deinen Wunsch.”
Plötzlich war seine Konzentration im ganzen Raum spürbar. Es war, als hätte ein jeder im Raum Angst auch nur zu atmen, um den mächtigsten Mann des Lichtordens in seiner Konzentration nicht zu stören. Als ein jeder bis auf Darion und Ramir dachten, es passiert nichts mehr, veränderte sich die Haut des Vorsitzenden des Hohen Rates. Sie nahm eine Farbe an, die immer mehr Garons ähnelte. Als Pymos in die Höhe wuchs, unglaublich schnell an Gewicht verlor, sein Gesicht schmaler wurde, dämmerte es allen im Raum.
Spätestens als ihm der Kinnbart von Garon wuchs und sein Gesicht dem eines Habichts ähnelte, war allen klar, er hatte sich in Garon verwandelt.
Sprachlosigkeit und eine gespenstische Ruhe war im Heiligtum eingekehrt.
Nur Ramir und Darion mussten sich beherrschen, dass sie nicht lauthals loslachten. Mittlerweile hatte Meister Pymos seine Gestalt wieder angenommen und fragte Garon mit einem breiten Lächeln im Gesicht: “Nun hätten die anderen Mitglieder des Rates erkannt, dass ich nicht du wäre, wenn du nicht im Raum gewesen wärest? Das Problem mit der Wiedererkennung wäre damit behoben. Was seine Gedanken angeht, ich glaube nicht, dass Andru dermaßen begriffsstutzig ist, dass unsere Lehrmeister an der Universität ihn nicht das Schützen seiner Gedanken lehren könnten. Sonst noch Fragen oder Bedenken? Können wir fortfahren mit der Planung seiner Reise und seiner Aufnahme an der Universität?”
Garon schirmte seine Gedanken ab und dachte sich: Er hält sich wohl für witzig. Neue Magie, heidnische Magie, wie konnten wir ihn an die Spitze unseres Ordens lassen? Wir nehmen jeden in unsere Reihen auf, jeder Penner der magische Kraft in sich trägt. Es ist reine Blasphemie. Die anderen Ratsmitglieder werde ich jetzt schneller überzeugen können. Wer weiß, wie oft er schon einen von uns dargestellt oder uns in Form eines anderen ausspioniert hat. Damit spielt er mir in die Hände, ich werde ihn absetzen, wenn nötig auch ein gewaltsamer Putsch. Er besudelt die heilige Lehre des Iknars.
“Selbstverständlich Meister Pymos, eine unglaubliche Gabe? Wie seid ihr damals darauf gekommen?”
Pymos hatte keine Lust ihm seine jugendlichen Experimente offenzulegen, also drängte er: “Wenn es euch interessiert könnt ihr gerne an dem heutigen Abend teilnehmen. Ich denke nicht das Meister Darion und Meister Ramir etwas dagegen hätten. Doch sollten wir noch heute mit der Planung beginnen, denn sonst gibt es heute Abend kein gemütliches Beisammensein. Meister Darion, du bleibst einen Monat hier. Ich denke, ein Urlaub von dem ganzen Unterrichten wird dir guttun. Danach brichst du mit Andru nach Dak auf. Selbstverständlich solltet ihr den Teleporter benutzen. Die Straßen und Wege sind für einen Lehrer und einen Lehrling der Magie zu gefährlich. Du bist kein starker Kämpfer. Dort solltet ihr eine Weile bleiben, damit Andru sich erholen und an seinen neuen Körper gewöhnen kann. Sobald Marga von Dak mit Andru aufbricht, teleportierst du dich zur Universität, verrichtest weiter deine Arbeit und passt auf, dass Andru gut aufgenommen wird. Meister Ramir, du wirst mit mir und Meister Altoren Andru in der Gestaltwandlung unterrichten. Ich denke, Andru wird es besser verstehen, wenn Meister Altoren ihm die Vorgänge in seinem Körper erklärt. Niemand versteht sich besser auf die Anatomie und den Organismus des Menschen als Meister Altoren. Wenn Andru es nicht innerhalb dieser Woche lernt, muss Meister Darion den restlichen Unterricht vornehmen. Gibt es zu dem Plan noch irgendwelche Fragen?”
Meister Altoren meldete sich zu Wort: “ Wenn ihr erlaubt, dass ich heute Abend an eurem Treffen teilnehme?! Ich würde die Gestaltwandlung gerne selbst begreifen, bevor ich sie wem anders begreiflich mache und ich persönlich begreife besser bei einem guten Schluck Wein.”
Pymos wusste um Altorens Vorzüge bei der Wahl der Liebe. Er selbst hatte keine Probleme damit und war ein toleranter Mensch. Doch was die restliche Welt und Gesellschaft anging, war dies besonders unter Magiern des Lichts, eine Art moralisches Verbrechen. Es war erlaubt, aber verschrien. Und der Ruf jener Menschen war für alle Zeit besudelt.
Er sah auch wie er Ramir ansah, er wusste, dass er ein Auge auf ihn geworfen hatte. Doch wie war es mit Ramir? Soweit Pymos sich erinnerte, war er immer zu beschäftigt für eine Frau oder nahm er dies nur als Schutzschild, als Selbstschutz? “Ich denke, sofern die Meister Ramir und Darion einverstanden sind, lässt sich das einrichten.”
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