Doch konnte der Unterricht noch immer nicht beginnen. Andru sprach erneut: „ Meister, wenn ich noch eine weitere Bitte äußern dürfte?“
Ramir war langsam ein wenig genervt und antwortete: „Nun, ihr seid kein Gefangener mehr, überschätzt nicht eure Befugnisse, aber sprecht, wir werden sehen, was wir tun können.“
„Sehr großzügig Meister…“ sagte Andru und musste sich zwingen keine Verbeugung zu machen. „Ist es wohl möglich, dass mich auf meiner Reise nach Dak und letztendlich auch nach Largon noch eine weitere Person begleitet?“ Ramir war jetzt vollends genervt: „Jetzt sprecht schon, wer?“ Andru war der energische Unterton nicht entgangen: „Der Lehrling Golan. Ich habe in ihm den ersten wahren Freund meines Lebens. Ich möchte ihm die Möglichkeit bieten an der Universität zu studieren, auch wünsche ich mir, nicht nach kurzer Zeit von ihm getrennt zu werden, ich…“
„Es reicht jetzt! Wir werden sehen, was in unserer Macht steht. Nun, beginnen wir den Unterricht.“ Auch Altoren war jetzt sehr genervt von dem Andrus Verhalten. Daran merkte man, dass er niemals kranionische Erziehung genossen hatte. „Verzeiht meine Erdreistung, ich bin etwas hervorgeprescht. Vielen Dank für eure Geduld. Sehr wohl werde ich Gehorsam beweisen.“ Andru hatte sofort gemerkt, dass er nun zu weit gegangen war.
Ramir atmete auf und war erleichtert: „ Also dann, beginnen wir mit dem Unterricht.“
Rakon, war aus einer tiefen Trance erwacht, ihm fiel sofort auf, dass seine magische Kraft wieder recht stark war. Sofort sandte er seinen Geist aus und suchte seinen Arkani. Er brauchte nicht lange, dann traf ihn schon das erste übermittelte Bild seiner Schöpfung: „ Rakon? Falls du diese Nachricht erhältst, ich bin aus deiner Festung direkt durch die undurchdringbare Bergkette in ein Tal gestoßen. Ich sehe hier etliche alte Gebäude einer älteren Generation. Ich gehe davon aus, dass das Tal einst reich war und zwar nicht nur an Bevölkerung sondern auch an Wissen, militärischer Stärke und Besitztümer. Ich habe auch das Gefühl, dass hier einige menschliche Wesen wohnen. Das kann ich allerdings nicht mit Sicherheit sagen. Ich übermittele dir einige Bilder.“
Rakon sah ein sehr verwildertes Tal, alte Gebäude einer uralten Kultur, tiefe Täler, dicht bewachsene Wälder. Kaum etwas erinnerte an einen riesigen Stadtstaat, aber wenn man genau hinsah, konnte man in dem gesamten, verwilderten, wüsten und urwaldartigen Tal eine Struktur erkennen, die auf eine riesige Stadt schließen ließe. Dennoch sah er auch frisch gerodete Gebiete und kleine Hütten, womit ihm klar war, dort lebten auch heute noch Menschen.
Rakon antwortete dem sphärischen Teil seines Ichs sofort: „ Gut gemacht, dass hilft uns in dieser Sache sehr viel weiter. Nun begib dich aber zum heiligen See, verschwende keine Zeit mehr, die Götter ruhen auch nicht.“
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: „Meister, ich bin sie und damit schon längst ein gutes Stück über der Ebene Kranon fortgeschritten. Keine Stunde mehr und ich habe Andru erreicht. Meint ihr, ich kann die Schutzmaßnahmen durchbrechen?“
Rakon war erneut beeindruckt von seiner eigenen magischen Schöpfung: „Ich hatte vergessen mit wie viel Kraft ich dich gespeist hatte. Verzeiht, nun, macht euch keine Gedanken um die Schutzmaßnahmen des Klosters. Ich bezweifle, dass sie neue Magie entdeckt haben, welche ich nicht schon kenne oder Schutzzauber, welche ich nicht brechen könnte. Wenn ich ehrlich bin, bezweifle ich, dass sie den Schutz des Klosters überhaupt seit meiner Abwesenheit erneuert haben. Es werden immer noch meine magischen Schilde und Zauber sein, die das Kloster schützen. Sei trotzdem vorsichtig. Auch ich bin nicht unfehlbar und kann mich irren. Meister Pymos war schon als Schüler sehr experimentierfreudig. Es kann sein, dass in seinen Experimenten neue Zauber zustande gekommen sind.“
Rakon war sich dieses Problems schon länger bewusst, aber er hoffte, dass Pymos seine Experimente, die damals schon recht weit fortgeschritten waren, von den älteren engstirnigeren Magiern erfolgreich unterdrückt wurden. Er wusste jedoch nicht, wie stark Pymos‘ Herrschaft war, ob er sich durchsetzen konnte oder nicht. Als er selbst der oberste Magier war, konnte er seine verblendeten Narren von Ordensbrüdern nicht für neue Magie begeistern, nicht für die physische an die Erde gebundene Magie. Aber vielleicht war er auch ein zu gutmütiger und zu alter Mann um eine solche Revolution als Oberhaupt der Kirche des Iknars durchsetzen zu können. Er hatte jedenfalls versagt. So kam es ihm recht, dass Kaiser Boranto II., den hohen Magiern befohlen hatte in dieses Tal zu ziehen.
Dennoch war er sich nicht sicher, ob es nicht Iknars Wille war, weil er sah, was Rakon getan hatte, was ihm selbstverständlich nicht gefiel.
Aber bevor Rakon die Götter verstand, musste er erst zwei von ihnen täuschen. Das war nicht so leicht. Iknar hatte er geschafft, doch bei Almonara wurde es schwieriger… Denn Almonara selbst ist ein großer Meister der Täuschung und des Verrats. Er hat sie so gesehen erschaffen, doch bis jetzt hatte Rakon es ja auch geschafft sich vor ihm zu verstecken und das machte ihm Mut. Jedes Mal wenn er spürte, dass sich der Gott näherte, erschuf er etliche kleinere Arkani in allen möglichen Formen. Almonara musste denken, dass hier eine Ansammlung vieler verschiedener Wesen mit magischen Potenzial waren, was ihn nicht weiter kümmerte, da es sich um weltliche Magie handelte, war sie für ihn wertlos. Rakon selbst nahm die Form eines Fuchses an. Auch das hatte er herausgefunden. Durch weltliche Magie und körpereigenes Potenzial konnte ein geschickter Magier, wenn er sich und seine Energieflüsse verstanden hatte, komplett wandeln, nicht nur sein Aussehen ändern sondern auch verschiedene tierische Formen annehmen.
Dadurch war es ihm gelungen, zumindest Almonara nicht auf sich aufmerksam zu machen.
Er wusste nicht wie lange er nun in Gedanken versunken war, doch mussten es einige Stunden gewesen sein, denn sein Arkaniadler meldete sich bei ihm: „ Meister, ich bin nun am Kloster, doch es ist mir unmöglich in diese Gemäuer einzudringen. Die Schutzzauber sind enorm und von einer Magie, die uns unbekannt ist.“
Das wunderte Rakon. War es Pymos tatsächlich gelungen mächtiger zu werden als er selbst? „Ok, versuche es durch den Erdboden. Meist vernachlässigt man den Schutz unter den Gebäuden, da sie nicht mit einem rein magischen Eindringen rechnen.“
„Es tut mir leid, Meister, auch dies habe ich versucht. Das gesamte Gelände ist mit gleichwertigem Schutz umgeben, wie in einer Blase eingeschlossen.“
Der einsame Magier musste kurz nachdenken, als er dann eine mögliche Lösung hatte, übermittelte er seinem Arkani diese: „Finde heraus aus welcher Macht der Schutz ist, prüfe ob es auf göttlicher Macht oder weltlicher beruht. Wenn es göttliche ist, müsste sie beständig sein und seinen Fluss zum jeweiligen Gott zeigen, als auch zu der menschlichen Quelle. Wenn sie weltlich ist, wird es etwas schwieriger, aber leichter zu erkennen, dann holt sich das Schild die Magie aus den umliegenden Flüssen, was natürlich alles Mögliche sein kann. Also hättest du etliche Verbindungen und könntest auch nicht direkt auf die menschliche Quelle schließen, welche das Schild erschaffen hat.“
Der Arkani hatte verstanden und da es ein Teil Rakons Selbst war, konnte er sich auch auf die Energieflüsse konzentrieren, als auch herausfinden aus welcher Energie und von welchem Magier der Zauber ausgeführt wurde.
So tat er es auch und konzentrierte sich auf die Energieflüsse, doch sie verwirrten ihn, sie hatten göttlichen als auch weltlichen Ursprung. Diese Schilde bestanden aus verschiedenen Kräften und es war ihm nahezu unmöglich herauszufinden, welcher Magier sie erschaffen hatte. Doch eins konnte er klar sehen, es war Iknars Magie mit im Spiel.
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