Als der Mann ihn sah - mittlerweile ein Aussehen eines Siebzig- oder Achtzigjährigen - hatte er ein letztes kleines Lächeln auf den Lippen und sprach noch einige Worte die Sarbor trafen wie einen Pfeil ins Herz: “Wir sehen uns in Almonaras Reich, eher als dir lieb ist.” Damit erlosch das Licht in seinen Augen, er kippte auf seine linke Seite, er war tot.
Die Menge jubelte. Sarbor verschwand ohne ein weiteres Wort.
Wieder in seinem Thronsaal versuchte er in sich zu gehen und festzustellen, welche Krankheit der Verbrecher ihm übertragen hatte. Dies war einer der Vorteile von Magiern, sie merkten Krankheiten in ihrem Körper. Da die Magie über das Blut floss, verstanden sie sofort, wenn etwas im Blut war, was nicht dahingehörte. Das war einer der Gründe, warum Magier nie krank wurden. Wer sich darauf verstand Lebensenergie zu entziehen, konnte wenn er wollte sogar ewig leben, sofern niemand ihn ermordete oder die Götter ihn tot sehen wollten.
Doch das alles war Sarbor in diesem Moment egal. Er konzentrierte sich nur auf seinen eigenen Kreislauf und versuchte die Erreger dieser Krankheit aus seinem Körper durch die Wunde durch die sie auch hineingekommen sind, wieder heraus zu befördern, doch das gelang ihm nicht. Es schien so, als würden diese Erreger nicht nur an dem Blut hängen, sondern auch an seiner Magie. Jedes Mal, wenn er einen Teil davon aufspürte und mit Hilfe von Magie zu seiner Handfläche trieb, trat auch Magie aus der Wunde in Form eines Hitzestrahls aus.
Das versuchte er noch öfter, doch es geschah jedes Mal dasselbe. Wenn er die Erreger zu seiner Hand brachte, trat die Magie mit aus.
Er beschloss zu Almonara zu beten und sprach gedanklich die rituelle Formel: “Almonara du mein Herr und Gott erhöre mein Flehen und erweis mir die Ehre deines Beistandes…”
Es passierte eine Weile nichts, doch kurz bevor er es erneut versuchen wollte, kam Almonaras Stimme: “Hör auf verflucht, ich kann es nicht mehr hören. Was gibt es?”
“Meister, verzeiht die Störung, ich habe soeben eine Hinrichtung durchgeführt…”
“Ich weiß der Mann hat bereits angeklopft. Wie du weißt, kommen deine bescheidenen Opfer zu mir. Dies interessiert mich aber eher weniger. Weshalb störst du mich?”
“Herr, welche Krankheit hatte dieser Mann? Ich versuchte mich zu heilen. Jedes Mal entfernte ich nicht nur Erreger, sondern auch Magie aus meinem Körper. Ich befürchte, es würde mich töten, ich befürchte es wird mich auch so töten, aber es scheint, als wären die Erreger an meine Magie gebunden.”
Almonara schwieg kurz, dann kam etwas besorgt zurück: “Sarbor, das ist keine Krankheit, das war ein Gift, es muss ein Anschlag gewesen sein. Jemand muss gewusst haben, wen du hinrichten lässt oder jemand hat darauf gehofft. Es könnte auch sein, dass alle Verurteilten vergiftet sind. Es gibt Gifte, die gezielt den magischen Fluss besetzen und wodurch Selbstheilung unmöglich ist. Du musst dich von den Heilern Umodes behandeln lassen. Das sind die Einzigen, die eine solche Vergiftung aufheben können. Sie sind die Einzigen, die eine Technik entwickelt haben, das Gift vom Energiefluss zu trennen und ohne großartige weitere Schäden aus dem Körper herauszubefördern. Zurzeit hält sich eine größere Truppe von ihnen ganz in der Nähe von dir auf, am Rande des Bral Waldes. Du musst so schnell wie möglich zu ihnen. Ich verlasse dich nun. Lass die Abschiedsformeln weg, ich weiß, dass du meinen Willen ausführst und das alles.”
Damit war er aus seinem Geist verschwunden: “ Ich muss also zu den verdammten Naturisten, von denen hängt mein Leben ab, dann auch noch zum Wald Bral… Ich habe genug um die Ohren, aber gut, wenn ich sonst sterbe, muss das wohl warten. Die Verantwortlichen werde ich schon noch finden.”
Andru war etwas aufgeregt, endlich konnte er die Informationen, die ihn in Gefahr brachten vor anderen schützen. Altoren begann zu sprechen: “ Also dann, zuerst müsst ihr das System eures Körpers verstehen, um den Fluss der Energie so formen zu können, wie ihr es braucht. Wir sollten außerhalb deines Körpers mit Barrieren beginnen, bevor du sie in deinem Körper anwendest. Also, spürst du den Fluss deines Blutes? Oder anders ausgedrückt, weißt du, wie es fließt?” Er wusste einiges über den Körper, er hatte jede Menge in seiner Zeit als Leibsklave des Herrschers der Wüste mitbekommen: “ Ja, ich verstehe mich auf den Kreislauf des Blutes, als auch auf die Pumpe des Kanalsystems, das Herz.”
Altoren antwortete erleichtert: “Das ist gut, dann musst du nur noch wissen, dass im Kanalsystem bei jedem Lebewesen auch Magie befördert wird. Ja, sogar Tiere und Pflanzen besitzen magisches Potenzial. Wir vermuten, dass einige Tiere über dieses Potenzial Bescheid wissen und es auch für ihre Vorteile einsetzen, genauso wie Pflanzen auch. Nicht umsonst braut man aus Kräutern Tränke und Medizin sogar für Magier, denn auch Magier können erkranken, helfen sich aber meist sofort selbst.”
Andru verstand diese Aussage sofort und konzentrierte sich jetzt ganz bewusst auf seine Gefäße. Er spürte den Druck, mit dem das Herz sein Blut schubweise durch den Körper pumpte und plötzlich merkte er noch etwas, was er vorher nicht spürte, eine Art Aura. Als er verstand, dass dies seine Magie sein musste, fragte er sofort: “Die Magie pulsiert ebenso wie das Blut. Heißt das, wenn ich im Rhythmus meines Herzens die Energie ausführe, sie stärker und schwächer sein kann, je nachdem wann und wo ich sie einsetze?”
Darauf antwortete jetzt Ramir: “ Ja, das ist korrekt, aber die Ausmaße des Rhythmus sind so gering, dass sie kaum eine Rolle spielen. Jetzt versuche diesen Fluss der Magie noch genauer zu spüren, dann wirst du merken, dass es möglich ist die Magie aus jeder Pore deiner Haut auch nach außen zu tragen. Etwa so.” Er schien komplett zu strahlen. Sein ganzer Körper leuchtete. “ Das ist die reine Magie, meine reine Magie. Wie du siehst, ist sie hell und leicht golden, das heißt, sie beruht zu großem Teil auf der Macht Iknars. Wenn ich mal Iknars Einfluss weglasse, ist es pures Licht. Siehst du?” Plötzlich verschwand der goldgelbe Schein um ihn und er leuchtete nur noch schwach und war, wie er sagte, reines Licht. Er bedeutete Andru mit einer Handbewegung, dass er es auch probieren sollte.
Also versuchte er es. Er konzentrierte sich auf die Energie, diese Aura, die er in sich spürte und versuchte sie aus dem Blut heraus, über die Gefäße hinaus, über Muskeln und Haut hinauszuführen. Er merkte, wie sie seinen Körper verließ. Doch was er sah, erstaunte nicht nur ihn. Sein Licht war bunt. Altoren öffnete den Mund und schloss ihn wieder, um ihn dann erneut zum Sprechen zu öffnen: “Ich… ich habe so etwas noch nie gesehen. Das ist keine normale Magie.”
Andru war unsicher und fragte: “Habe ich etwas falsch gemacht?”
Ramir hatte sich jetzt auch wieder gefangen und fragte: “Denkst du an Farben, an irgendwas anderes als die Magie?”
“Nein, eigentlich nicht. Ich konzentriere mich ganz und gar auf die Magie”, antwortete Andru ihm wahrheitsgemäß.
Altoren versuchte möglichst ruhig und sachlich zu bleiben, obwohl ihm unglaublich viel durch den Kopf ging und es fast unmöglich war einen klaren Kopf zu bewahren, sprach er: “Wir werden fortfahren. Es ist äußerst interessant, aber es wird noch Gelegenheit geben dem auf den Grund zu gehen. Stell dir jetzt vor, du willst etwas schützen, du formst deine Magie nun zu etwas Härterem, einem Schild, einer Kugel am besten. Forme diese Kugel um die kleine Kugel hier vor mir.” Er legte eine Glaskugel auf den Tisch. Andru versuchte es, erstaunlicherweise gelang es ihm sogar beim ersten Mal. Auch das erstaunte nicht nur ihn, sondern auch seine Lehrer, sie sagten jedoch beide gleichzeitig: “Nimm die Farbe raus.”
Читать дальше