Bei meiner Besichtigung des Doms nehme ich schon am Eingang das angenehme Kühle Klima im Dom war. Jetzt wo es wieder 38 Grad warm ist, bringt mir der Besuch des Doms eine angenehme und willkommene Abkühlung. Die kostbarste Reliquie des Trierer Domes ist der Heilige Rock, die „Tunika Christi“. Die Echtheit kann wohl nicht eindeutig belegt werden, wobei es dem Christen mehr um die Symbolik, als um die garantierte Beurkundung geht. Die Reliquie weist hin auf Jesus Christus selbst. Seine Menschwerdung und die weiteren Ereignisse seines Lebens bis hin zur Kreuzigung und seinem Tod. Der ungeteilte und nahtlose Rock ist auch ein Zeichen der ungeteilten Christenheit und erinnert an die verbindende Kraft Gottes, wie sie im Trierer Pilgergebet zum Ausdruck kommt.
*So nachzulesen auf der Internetseite des Trierer Doms. Hier auch noch der Hinweis für Jakobuspilger*
-Trier ist aber auch Stadt am Weg auf den Pilgerstraßen nach Santiago de Compostela im äußersten Westen Spaniens und nach Rom. Seit dem Jahr 2003 kümmert sich die neu gegründete Sankt Jakobusbruderschaft Trier wieder um diese Pilger.-
>> Das habe ich bemerkt, siehe meine Notunterkunft . <<
Nachdem ich den Dom wieder verlassen habe, gehe ich zur Konstantin Basilika. Leider ist dieses evangelische Gotteshaus wegen einer Trauung geschlossen. Das macht aber überhaupt nichts, denn so kann ich in meinem Tagebuch Notizen aus dem Stadtführer übernehmen. Ich wollte aber unbedingt dort hinein, denn das hatte ich meinem Pfarrer Wolf aus Hilden ja versprochen.
Die sogenannte Basilika, der Thronsaal Kaiser Konstantins, ist der größte Einzelraum, der aus der Antike überlebt hat. Die Römer wollten durch die Architektur Größe und Macht des Kaisers ausdrücken, was ihnen hier besonders eindrucksvoll gelang.
Die riesige Halle ist so groß, dass ein sieben Sekunden-Nachhall auf die große Orgel antwortet. Die Ausmaße der Basilika verblüffen selbst im 21. Jahrhundert noch. Die „Aula Palatina“ ist 27,2 Meter breit, 33 Meter hoch, 67 Meter lang und mit der vorgelagerten Eingangshalle sogar 75 Meter.
Nachdem die Trauung vollzogen war, wurde der Zugang der Basilika wieder geöffnet und ich hole mir sofort meinen mit Datum vom 20.07.2013 versehenen siebten Pilgerstempelab. Ich merke bei der Pfarrerin noch an, dass ich diesen Stempel grausam finde. Ein einfacher Schriftzug der da lautet:
>>“ Konstantin Basilika Evangelische Kirche Zum Erlöser “ <<
>> In Anbetracht der historischen Geschichte dieses Bauwerkes und der einfachen Ausführung des Stempels ist wohl die Krönung Kaiser Konstantin mit einer Papyrus Rolle vollzogen worden . <<, merke ich der Pfarrerin gegenüber an.
>> Auch, wenn ich mich wiederhole, bitte erinnere mich irgendeiner daran, dass ich dieser Kirche einen anständigen Stempel spendiere ! <<
Dieses beeindruckende Volumen der Basilika lädt mich zum Verweilen ein. Ich will alle Eindrücke aufsaugen. Die, wie ich finde, sehr hübsche Pfarrerin Kerstin König- Thul, erkundigt sich noch bei mir, zu meinem Vorhaben bis Santiago de Compostela zu radeln und wünscht mir Gottes Segen für meine Reise.
Unmittelbar neben der Konstantin-Basilika, quasi direkt um die Ecke befindet sich das Kurfürstliche Palais und es gilt als einer der schönsten Rokoko-Paläste der Welt.
Durch den Palast Park vorbei an den alten Stadtmauern erreiche ich das Amphitheater. Leider ist mir der Besuch in diesem Theater, bedingt durch eine Veranstaltung eines großen dunklen Brauseerfrischung Getränkeherstellers, zu kostenintensiv, so dass ich darauf verzichte. Ich habe aber auch nicht mehr so viel Lust und Kraft. Denn es sollte ja ein Ruhetag werden, und jetzt bin ich schon fast den ganzen Tag auf den Beinen und erkunde die Stadt Trier. Da es sich aber bis hier hin für mich gelohnt hat, und alles sehr interessant war, beschließe ich, jetzt nicht mehr das Geburtshaus von Karl Marx zu besichtigen, sondern nur noch den Tag in Ruhe ausklingen zu lassen.
Also habe ich erst mal wieder ein schönes Lokal aufgesucht und einen Kaffee Latte auf der schattigen Terrasse am Hauptmarkt zu mir genommen. Während ich die Pause genieße und das leichte Brennen in den Beinen verspüre, stelle ich für mich fest, dass die Römerbauten Triers zu Recht zum UNESCO-Weltkulturerbe zählen.
Da ja heute noch „Mitte Esse Grille Fleisch“ auf meinem Menü Plan steht, und es fast 18:00 Uhr ist, gehe ich nach der Kaffeepause zurück in mein Schlösschen.
>> Wunderbar, es ist ja schon alles aufgebaut! <<, lobe ich und stelle fest, dass meine Wirtin jetzt sogar eine saubere Schürze über ihren langen grauen Baumwollkittel umgelegt hat.
>> Ich werde sowieso nur durchgegartes Fleisch essen . <<, beschließe ich in Gedanken.
Ich bin dann aufs Zimmer, natürlich nicht ohne, ja RICHTIG, nicht ohne nach meinem Rad zu sehen!? Dann mache ich mich für den Abend frisch und bin dann bewaffnet mit meinem Smartphone und meinem Notizbuch runter. Denn, ich hatte jetzt richtig Hunger!
Die Wirtin teilte mir in der äußersten Ecke des Pavillons einen kleinen Tisch zu und ich bestelle erst mal zwei kleine Bierchen, um meinen Durst zu löschen.
Da es in diesem Häuserdurchgang außer sanierungsbedürftigen Fassaden nichts zu beobachten gibt, aktiviere ich mein Internet, um die Sachen mit den Radprofis zu recherchieren. Und tatsächlich, die ziehen nur die gepolsterten Radfahrhosen auf das nackte Fleisch. Wenn ich das mal vorher gewusst hätte. Aber warum auch, es hat mich ja nie so richtig tangiert. Bei all meinen Tagestrecken war es nie so heiß. Und drei Tage in Folge bin ich noch nie über die 100 Kilometer am Tag gefahren.
>>Aber nicht ärgern Gerd, da hast Du wieder, wenn auch schmerzhaft, etwas dazu gelernt<<, schlussfolgere ich.
Ich öffne mein Notizbuch und halte meine Tageserinnerungen fest. Dabei registriere ich aus den Augenwinkeln, dass sich der Pavillon mehr und mehr füllt. Die entfachte Holzkohle lockt auch schon mit dem unverwechselbaren Geruch - Fleisch trifft Holzkohle und glühende Holzkohle küsst Fleisch!
Bei mir läuft beinahe der Sabber die Mundwinkel herunter. Jetzt aber schnell mein Büro geschlossen. Erst mal einen Salat vorab vom Buffet geholt, die erste Portion Fleisch geordert und den Bestellkupon dafür entgegengenommen. Der Salat schmeckt richtig gut und eine leckere Vinaigrette rundet den Geschmack fruchtig und passend zur Jahreszeit ab.
>> Geht doch <<, denke ich und spüre aufkommende Tiefenentspannung und Zufriedenheit mit mir und der Welt.
Es ist schon richtig voll jetzt. Ich wurde gerade aufgerufen, mir mein Muskelstück abzuholen, da kommt „ Sie“ und Sie kommt zielstrebig - von weitem schon lautstark rufend auf mich zu. Das Licht am Ende des Tunnels erlischt.
J a - es - erlischt - vor- meinen – Augen.
Ich bekomme sofort eine mittelschwere Gänsehautentzündung.
Diese Dame, groß gewachsen, in weißem knielangen Spitzenkleid, mit roten (ich konnte es am Klang hören, wenn der Stahlnagel auf Kopfsteinpflaster trifft) abgelatschten Stöckelschuhen und einem ins Auge stechenden feuerroten Lippenstift. Ihr Alter, um die 60 Jahre mit Rubensfigur. Die fette Speckplauze quillt über ihren grünen mit Pailletten versehenen Hüftgürtel bestimmend hervor und brennt sich in meiner Netzhaut ein. Ihre blonden mit Spliss belasteten dünnen schulterlangen Haare waren zu einem Mittelscheitel gestylt und hängen ohne Spannkraft flach auf ihre halslosen Schultern. Ihre fade und schlecht durchblutete Gesichtshaut mit den dicken Augenrändern und den aufgeblähten Wangen hatten nicht den geringsten Hauch von Glanz.
Da steht sie nun vor mir und stellt fest:
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