Frühling – die Mauern beginnen zu wachsen
Das Frühjahr kam. Wir bauten an den Wänden weiter, bis auf 2,60 Metern Höhe. Für die Türen sparten wir 2x1 m aus, für die Fenster 1,5 m breit, 1 m hoch. Meist bereitete ich am Vorabend die Baustelle vor. Ich stellte mit dem Traktor eine Palette Steine bereit oder bereitete das Gerüst vor. Anfangs mauerte ich auf dem Boden stehend. Als die Mauer höher wurde, legte ich zuerst zwei Hohlblocksteine hin und ein Brett darauf. Dann nach und nach mehrere übereinander. Neben der Arbeitsplattform schwebte griffbereit im Frontlader die Palette mit Hohlblöcken, möglichst mit einem Gerüstteil abgestützt, zur Sicherung. Mittwochs waren wir in der Regel zu dritt, einen oder zwei andere Tage zu zweit. Da ging es mit dem Mauern schneller voran. Einer brachte den Mörtel aus, reichte die Steine oder füllte mit der ‚Katzenzunge‘, der schmalen Kelle, die Zwischenräume der Blöcke auf. Meistens setzte ich die Steine. Das ging am schnellsten und war am geradesten. Ging aber auch gehörig ins Kreuz. Wurde es höher, stellten wir die Gerüste auf. Darauf wurden dann einige Blöcke gestapelt, so, dass man noch darüber schreiten konnte, die Wanne mit Mörtel in die richtige Höhe gebracht, damit man einfaches Arbeiten hatte. Ich arbeitete mit weichen Gummihandschuhen und konnte somit auch mal den Zement berühren. Jemand, der vorbeikam sagte mal: „Ein richtiger Maurer arbeitet nicht mit Handschuhen!“ „Dann bin ich halt kein richtiger Maurer. Ich bin ein Bauer! Ein Mauer-Bauer!“, gab ich lachend zurück.
Zuerst zwei Würste Mörtel auf die 27 cm breiten Blöcke, auf eine möglichst lange Strecke, mit einem flinken Kellenstrich etwas abgeflacht, dann die Steine setzen, mit der Wasserwaage von oben und seitlich entlang der Schnur ausrichten und mit dem Fäustelstiel anschlagen, bis sie richtig saßen. Wehe, wenn sich mal ein Steinchen im Mörtel befand! Dann wackelte der Stein und man musste ihn wieder wegheben und den Kiesel suchen. Die Stiele der Fäustel hatte ich an ihrem Ende mit Isolierband umwickelt oder mit einem Schlauchbinder, damit sie nicht ausfransten. Als letztes mit der Kelle noch flink innen und außen über die frischen Fugen fahren und Überstand wegziehen oder mit dem Handschuh glattstreichen. Denn nichts ist übler beim Verputzen, als wenn man vorher die Fugen mit dem Meißel glätten muss!! Beim Mauern heißt es, von Anfang an gute Gewohnheiten annehmen. Sonst ist man aufgeschmissen!
Schweißen einer stabilen Plattformstütze mittels zweier Baustützen
Ein Freund hatte uns ein System ausgeliehen womit man einfach eine Richt-Schnur spannen und auch schnell in der Höhe verstellen konnte. Das waren zwei feste an den Ecken des Gebäudes stehende regulierbare Füße, an denen die Schnur eingehängt wurde. Ansonsten wickelte ich die Schnur um einen Stein am Anfang der Reihe, dann um einen anderen am Ende, gab ihr Spannung und klemmte sie unten drunter ein. Manchmal ist es praktisch, eine Alu-Abzieh-Leiste an die gelegten Steine zu halten und sie danach auszurichten, vor allem bei kürzeren Abschnitten oder wenn man mal keine Schnur gespannt hat, bevor man sie anschlägt. Nie ohne Wasserwaage und Schnur arbeiten! Eine schiefe Wand fällt sogar einem Laien auf! Abgesehen davon, dass sie schlecht den Druck der weiteren Steine verteilen kann. Einige der Hohl-Steine sind so geformt, dass man sie mit einem Maurer-Hammer oder -Beil halbieren oder dritteln kann. Das geht auch mit dem Fäustel. Den Stein aufrecht in der Hand halten, sodass eine Ecke den Boden berührt, und nun mit der Hammerkante ein paar leichte Schläge auf einer Seite an der vorgesehenen Bruchlinie machen. Dann gegenüber auf der anderen Seite etwas fester schlagen. Erst klingt der Stein hell, dann plötzlich dumpf, das Zeichen, dass er gleich aufbricht.
Meist verlegte ich zwei bis drei Reihen. Stein um Stein, Palette um Palette. Wie viele Tausend mögen es gewesen sein? Das zog sich hin, über Monate, so wie auch meine Arme sich in die Länge zu ziehen schienen. Da war abends die Stallarbeit die reinste Entspannung! Während dieser Zeit räumte der Helfer, wenn einer da war, die Baustelle auf: Steinreste beseitigen und den runtergefallenen Mörtel gut zusammenkratzen. Diesen wieder befeuchten und in die Zwischenräume füllen, damit alles aufgebraucht wurde. Die Gerüstbretter umdrehen oder abkratzen, damit sie wieder sauber wurden. Anschließend mit dem Straßenbesen die Baustelle gründlich kehren. Nichts ist frustrierender, als nach Tagen mit dem Meißel die gehärteten Mörtelklumpen vom Boden loszuschlagen! Nun noch Werkzeuge waschen, aufräumen. Meist reichte die Zeit noch für eine gemütliche Flasche Bier, bei der man regelrecht spürte, wie der Körper sich wieder einrenkte, und einen Joint zur Entspannung.
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Nun schalten wir mit den 3-Meter-Brettern, 15 cm breit, die Spalten zwischen den einzelnen Mauerabschnitten ein, dort wo wir die Vierkantgeflechte stehen hatten. Oben von einer Zwinge zusammengehalten, nach unten hin von mehreren geknickten, durch Bohrungen gesteckte Weidenzaundrähte, von Nägeln gehalten und durch Drehen derselben auf Spannung gebracht. Diese Drähte wurden später beim Entfernen der Schalung abgezwickt und verblieben im Beton. In den Beton steckten wir die im Voraus durchbohrten U-Schienen, an denen die Dachstuhl-Binder befestigt werden sollte.
Schalung für Pfeiler in der Mauer
An der Rückwand, gegen den Hang, gossen wir nun die dreieckige Stützwand fertig. Anschließend gossen wir oben herum auf der gesamten Mauer einen 20 cm hohen, mit Vierkantgeflecht armierten Betongürtel, der zusätzlich die in den Pfeilern eingelassenen U-Schienen umschloss. Deren untere Ecken hatten wir mit dem Vorschlaghammer leicht verbogen, damit sie vom Sturm nicht aus dem Beton gerissen werden könnten. Vor und hinter den zwei Pfeilern im Mittelgang, die den Heuboden tragen sollen, stellten wir noch stählerne 20 x 10 cm Doppel-T-Träger auf, zur Verstärkung der Pfeiler, obwohl diese laut Statik ausreichend waren. Ich stellte mir mit meinem Röntgenblick vor, wie der riesige, bald volle Heuboden von diesen zwei Säulchen getragen wurde! Ich wollte auf Nummer sicher gehen. Diese Träger verschweißte ich an zwei Punkten mit dem Oberträger, unten sicherte ich sie im Beton. Nun konnte auf den Stahlteilen der erste Schlag Rostschutz aufgetragen werden. Ich hatte in Deutschland bei einem Discounter einen Restposten ergattert, für nur 1 Euro die Dose, weil sie schon über dem Verfalldatum waren. Was für ein Quatsch. Jetzt gab es schon Verfallsdaten für Farben! Für Käse gab es die ja schon lange. Welches Amt kontrollierte die Farben? Ich nahm einen ganzen Karton voll mit. Ich dachte mir, die wird nicht mehr viel taugen. Doch mit etwas Verdünnung als Zusatz erwies sie sich als einzigartig!
Ringanker, Pfeiler und U-Eisen
Anschließend hob ich von der Vorderseite des Gebäudes her noch alle zwischen 10 und 11 Meter langen Bodenbalken auf die inzwischen durchgehärteten Mauern, die glattgeschnittene Seite nach unten, damit sie sich gut anpassen konnten, denn manche hatten sich über den Winter ein wenig verzogen.
Auflegen der Bodenbalken
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