Janina Nikoleiski - Die blutige Windrose

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Eine unbekannte magische Welt, mit Wesen, wie man sie sonst nur aus Märchen kennt. Genau solch eine Welt entdecken Ben und Cassandra, während der Renovierung eines frisch geerbten Hauses. Schnell zeigt sich, dass auf die Beiden eine große Aufgabe wartet. In diesem Abenteuer findet Ben nicht nur seine große Liebe, er muss auch noch um sie kämpfen. Wird ihm das mit seinen neuen Gefährten gelingen?

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Die blutige Windrose

von Janina Nikoleiski

Überarbeitete Neuauflage

Copyright: © Janina Nikoleiski

Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

ISBN 978-3-7375-1078-3

Für Yavuz, den besten Freund, den man sich nur wünschen kann

und für Kyra, sie wird irgendwann wissen, warum.

Kapitel 1

Schon vor dem Öffnen der Augen hörte ich bereits die schweren Regentropfen an meiner Fensterscheibe. Plötzlich hatte ich es gar nicht mehr so eilig aufzuwachen. Vielleicht noch einmal umdrehen?

Nein, erst mal einen Kaffee. Dann sieht die Welt vielleicht nicht mehr so trüb aus. Ich entschied mich also, aufzustehen.

Beim ersten vorsichtigen Blick, vorbei an den dunklen Vorhängen, aus dem Fenster sah ich, dass es mehr als eine Tasse sein müsse. Typisches Hamburger Schietwetter. Würde es heute überhaupt richtig hell werden?

Nach ein paar Griffen in den mehr als unordentlichen Kleiderschrank, und einer dampfend heißen Dusche war auch der Kaffee fertig. Schwarz, kräftig und eine Menge davon, genau, wie ich es mochte. Dazu einen Blick in die Zeitung. Nichts Interessantes für heute.

Normalerweise las ich sie in der Bahn, auf dem Weg zur Arbeit. Die nächsten drei Wochen jedoch, hatte ich Urlaub. Nicht um wegzufliegen, was bei dem Wetter die bessere Wahl gewesen wäre, sondern um meine beste Freundin Cassandra bei der Renovierung ihres neuen Hauses zu unterstützen.

Sie hatte es unerwartet geerbt, als ihre Großtante Meredith Klix gestorben war. Leider war es sehr alt und es musste viel gemacht werden. Also musste ich meinen Mann stehen und ihr helfen. Und ich tat es gern. Dem langweiligen Büroalltag zu entfliehen war, so oder so, nicht schlecht.

Als ich ankam, bekam ich wie immer ein mulmiges Gefühl, als ich das alte Haus sah. Irgendetwas stimmte hier einfach nicht.

Cassandra liebte dieses Haus von Anfang an, und wollte es unter keinen Umständen verkaufen. Wie sehr ich sie auch immer damit aufzog, es sähe aus wie ein kleines gruseliges Hexenhäuschen, sie blieb bei ihren Plänen.

Das Haus war ein kleines Fachwerk und die Vorderseite fast vollständig mit tief grünem Efeu bewachsen. Der Schornstein war aus unterschiedlich großen Steinen und braunem Lehm gebaut worden und sah nicht sehr vertrauenerweckend aus. Die Sprossenfenster und die Haustür waren aus Holz und in demselben dunklen Braun wie die Balken gestrichen worden. Im Vorgarten wucherten unzählige Pflänzchen, von denen ich die meisten nicht benennen konnte. Wenn sie erst mal blühten, würde es hier bestimmt hübsch aussehen.

Drinnen war es bedrückend und dunkel. Cassandra war davon überzeugt, dass es alles heller und freundlicher wirken würde, wenn wir nur erst alles gestrichen und geputzt hätten. Also stand noch viel Arbeit an.

Oben, im ersten Stock, befanden sich ein Schlaf- und ein Arbeitszimmer, sowie auch ein Bad. Dort waren wir mit den Arbeiten an den vergangenen Wochenenden schon gut vorangekommen. Es musste nur noch der Dielenboden im Schlafzimmer und im Flur ausgebessert und geschliffen werden. Das Badezimmer war bereits von uns neu gefliest worden.

Die alte Badewanne hatte uns vor eine Herausforderung gestellt. Es war eine freistehende große weiße Wanne mit goldfarbenen Füßen und Cassandra wollte sie unbedingt behalten. Auch das ist uns nach viel Arbeit gelungen.

Die hölzerne Treppe und das Erdgeschoss hatten wir uns für diese Woche vorgenommen.

Hätte ich Cassandra nicht schon seit dem Sandkasten gekannt, hätte ich sie für verrückt gehalten. Nur wer sie wirklich kannte, stellte dieses Vorhaben nicht in Frage. Sie war in ihrem Element und nichts konnte sie aufhalten.

Als ich das Haus betrat, hörte ich sie schon summend hin und her rennen. Wie immer trug sie ein abgetragenes Bandshirt, heute Linkin Park, und verblichene, rissige Cargoshorts.

Sie war attraktiv, und wären wir nicht die besten Freunde von Kindesbeinen an gewesen, hätte ich mich wahrscheinlich glücklich geschätzt, wenn sie meine feste Freundin gewesen wäre.

Ihre langen haselnussbraunen Haare hatte sie mit einem Pinsel hochgesteckt und nur ein paar lose Locken hingen ihr in den Nacken. Einen zweiten Pinsel hatte sie zwischen die Lippen geklemmt und mit einem dritten Pinsel strich sie gerade eine Farbprobe an die Wand, an der schon viele andere zu sehen waren. Scheinbar konnte sie sich wieder nicht so richtig entscheiden, und würde mich gleich zu Rate ziehen.

Mich. Einen Mann. Bei Farben.

Mir graute es schon davor.

Als sie mich entdeckte, legte sie Farben und Pinsel zur Seite und begrüßte mich wie immer, mit einem Kuss auf die Wange und einer herzlichen Umarmung. Sie schien aufgeregt zu sein, denn ihre lindgrünen Augen waren geweitet und hektische rote Flecken zierten die Wangen.

„Ben, wie schön, dass du endlich da bist“, grinste sie mich an. „Ich muss dir unbedingt etwas zeigen! Du weißt doch noch, am Freitag sahen wir, dass in der roten Ziegelsteinwand ein paar Steine beschädigt sind und die Fugen verschlossen werden müssen, stimmt´s?“ Da das eine der Arbeiten war, die ich möglichst lange herauszögern wollte, wusste ich sofort was sie meinte und nickte nur, damit sie gleich fortfahren konnte. Denn so wie sie mich anschaute, wäre sie sonst bald geplatzt.

„Naja“, begann sie, „als ich versucht habe, etwas Mörtel aus den Fugen zu bekommen, damit ich die passende Mörtelfarbe besorgen kann, kamen mir die Steine gleich mit entgegen! Aber schau mal!“ Sie ergriff meine Hand und zog mich zu der Wand, in der jetzt ein kleines Loch klaffte. „Hier hinter der Wand scheint ein Hohlraum zu sein. Würdest du mir helfen, die Mauer noch ein bisschen mehr zu öffnen, um zu sehen, wie groß er ist? Ich meine, es wäre die perfekte Stelle für einen Kamin, findest du nicht auch? Es würde uns zwar ein bisschen im Zeitplan zurückwerfen, aber ich bin mir sicher, dass es sich lohnen würde.“ Sie sprach schon wieder ohne Punkt und Komma, und wie gesagt, nichts konnte sie aufhalten, wenn sie so war. Was blieb mir also anderes übrig als sie zu unterstützen? So stimmte ich zu.

„Die Idee ist gut, aber da kommt einiges auf uns zu.“ Ich strich mir mit der Hand durch die Haare, wie ich es immer tat, wenn ich in Gedanken war.

Cassandra wollte mir immer mit der Schere an meine blonden, etwa kinnlangen Haare, aber ich ließ sie nicht. Mir gefielen sie so recht gut.

„Na, dann mal ran an die Arbeit!“, rief sie begeistert.

Als wir uns mit ein paar Werkzeugen und Handschuhen ausgestattet hatten, machten wir uns daran, die Wand einzureißen. Ich war froh, dass wir im Wohnzimmer noch keine weiteren Arbeiten erledigt hatten, denn es staubte gewaltig und wir mussten uns Staubmasken aufsetzen, um nicht so sehr husten zu müssen.

Einmal schlug Cassandra sich mit dem schweren Hammer auf den Daumen und fluchte laut vor sich hin. Als sie sich wieder beruhigt hatte, ging sie in die Küche, in der bereits eine kleine Padkaffeemaschine angeschlossen worden war. Wir waren beide verrückt nach Kaffee.

Sie kam mit zwei dampfenden Tassen zurück, und der Daumen war schon fast wieder vergessen.

“Unter dem Dach, wo der Efeu noch nicht hinreicht, scheinen sich Schwalben eingenistet zu haben. Wenn wir leise sind, hört man sie leise zwitschern. Horch mal!“ Sie deutete mir leise zu sein und neigte den Kopf ein wenig. Wie wir beide so still dasaßen und lauschten, konnte ich sie tatsächlich hören. Ganz leise.

„Mal sehen, was wir noch für weitere Bewohner in deinem Hexenhäuschen finden“, versuchte ich sie wieder aufzuziehen. „Vielleicht einen Raben oder einen Waschbären auf dem Dachboden. Fehlt nur noch, dass wir die Treppe für die Luke geliefert bekommen“, zog ich sie auf.

Meine kleinen Neckereien überging sie einfach und antwortete: „Die Treppe soll erst nächste Woche geliefert werden. Solange werden wir das Obergeschoss erst mal in Ruhe lassen.“ Sie nahm einen tiefen Schluck aus ihrer Tasse und setzte fort: „Aber mal was anderes! Wie war dein Wochenende? Warst du gestern nicht mit dieser kleinen Rothaarigen verabredet? Ihr wolltet doch frühstücken gehen, oder? Erzähl doch mal, wie war es? Wirst du sie wieder treffen?“ Immer diese Neugierde.

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