„Gut, dich zu sehen!“, sagte Stan und reichte Greg die Hand. Der nahm sie und schüttelte sie fest, auch wenn er sich nicht sicher war, ob er Stans Worten Glauben schenken sollte.
„Wie steht es hier?“, fragte Mav aufgeregt. „Haben wir etwas verpasst, während wir uns um Greg gekümmert haben?“
Stan winkte nonchalant ab. „Es ist nichts Aufregendes passiert. Hanson und Grub basteln immer noch an der verlassenen Scheune im Südwesten herum. Sie wollen dort eine Nachrichtenzentrale einrichten, um den Informationsfluss zwischen den Kolonien und Cities auszuwerten.“, wusste er zu berichten.
Greg hob fragend eine Augenbraue.
„Sie haben durch alle Wiesen und Wälder Kabel gelegt.“, berichtete Mara dem Jungen, der vor ein paar Monaten das letzte Mal in der Kolonie gewesen war. „Kurz nach eurem Aufbruch sind einige Ingenieure auch zu uns gekommen und haben eine Telegraphenstation eingerichtet. Seitdem ist Grub wie besessen von dieser neuen Technik.“ Beinahe belustigt schüttelte sie den Kopf.
„Und jetzt haben sie vor, alle Nachrichten, die über die Weißen Löwen gesendet werden, abzuhören, damit sie sich ein komplettes Bild machen können.“, merkte Nici mit einem gewichtigen Nicken an.
„Wie soll das denn funktionieren?“, fragte Greg skeptisch nach. „Sind das nicht eine ganze Menge Nachrichten?“
Stan nickte. „Genau das ist das Problem. Eine Person allein kann das unmöglich bewältigen. Seit ein paar Tagen nimmt die Anzahl der Nachrichten Ausmaße an, die ganze Heerscharen von Stenotypistinnen beschäftigen würden. Deshalb hat Grub eine Maschine entwickelt, die alle wichtigen Nachrichten aussieben und auf Papier drucken soll.“
„Leider klappt es noch nicht so, wie er sich das vorstellt.“, kommentierte Mara Grubs Versuche zynisch.
„Oder zum Glück.“, murmelte Greg.
„Wie meinst du das?“, fragte ihn Trisha beinahe empört. „Gönnst du Grub seinen Erfindungsreichtum plötzlich nicht mehr?“
„Nein, nein! Das ist es nicht.“, wehrte Greg entschieden ab. „Ich habe mir nur gerade vorgestellt, was geschehen würde, wenn die falschen Leute solch eine Maschine in die Hände bekämen.“
Alle starrten ihn verwundert an.
„Na, überlegt doch mal! Wenn Collin Rand die Möglichkeit gehabt hätte, jegliche Kommunikation abzufangen und auszuwerten, wäre er sicher erfolgreicher gewesen.“
„Und ich will mir lieber nicht vorstellen, was passieren würde, wenn die Weißen Löwen eine solche Maschine zur Verfügung hätten.“, stimmte ihm Mav zu.
„Ach, jetzt seht ihr schon wieder überall Gespenster.“, wollte Stan die Unkenrufe seiner Freunde beiseite schieben, aber Mara fuhr ihm in die Parade.
„Es stimmt. Eine solche Situation wäre schrecklich. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass die Bösen und Reichen auf dieser Welt schon längst an einem solchen Konzept arbeiten.“ Missmutig nickte sie vor sich hin.
„Also, was ist nun mit den Weißen Löwen?“, versuchte Greg, das Gespräch auf ein anders Thema zu lenken.
„Sie breiten sich aus wie ein Wirbelsturm.“, antwortete Stan. Greg war sich nicht ganz sicher, aber es kam ihm so vor, als könne er einen Hauch Bewunderung in Stans Stimme ausmachen. „Von überall her empfangen wir Berichte, dass sie den alten Eliten die Herrschaft abspenstig machen und dem Volk die Macht zurückgeben wollen.“
„Die Umstürze werden zahlreicher.“, mischte sich Mara ein, bevor Stan noch in eine Lobeshymne auf die Weißen Löwen verfallen konnte.
„Selbst in der Terapolis soll Aufruhr herrschen.“, platzte es aus Nici heraus.
„Und das sollte uns Sorge machen!“, mahnte Mav.
„Wieso?“, konterte Stan unbedarft. „Endlich gibt es mal jemanden, der den alten Machthaien die Stirn bietet. Ständig faseln sie von Demokratie und Reichtum für alle, aber am Ende scheffeln sie doch alles in die eigene Tasche. Ich kann nicht erkennen, was so falsch daran sein soll, wenn jemand kommt und mit diesen Seilschaften aufräumt.“
„Das Problem ist nicht das Aufräumen.“, entgegnete Mav geduldig. Offenkundig hatten sie dieses Diskussion schon öfter geführt. „Das Problem ist, dass sie selbst eine neue Gesinnungsdiktatur errichten, die schlimmer ist, als das, was wir bisher haben. Sie wollen alles verbieten, was nicht ihren Vorstellungen entspricht. Ihre so genannte Freiheit ist nur ihre eigene Freiheit. Wer anders denkt wird verfolgt, ausgeschlossen und notfalls auch gewaltsam beseitigt. Glaub mir, sie bringen keinen Frieden, sondern nur neues Leid.“
„Fragt sich nur, ob das Leid größer ist, oder eben nur neu.“, räsonierte Mara. „Am Ende bringt jede Form von Herrschaft Leid, egal wie man es dreht und wendet.“
Alle starrten sie entgeistert an. Dieses Argument war offenbar neu und die Freunde hatten erst einmal daran zu knabbern, denn so leicht wollte keinem von ihnen ein Gegenbeispiel einfallen.
Mav war der erste, der die Stille brach. Energisch hieb er Greg auf die Schulter und schob ihn vor sich her zum Ausgang des kleinen Bahnhofs. „Komm, wir sollten erst einmal Hanson und Pater Elia aufsuchen und von unserer gesunden Heimkehr berichten.“ Der Rest seiner Worte ging in dem ohrenbetäubenden Pfeifen der Lokomotive unter, die sich stampfend und fauchend wieder in Bewegung gesetzt hatte, um die nächste Kolonie oder kleine City anzusteuern.
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