Berndt Strobach
Privilegiert in engen Grenzen
Neue Beiträge zu Leben, Wirken
und Umfeld des Halberstädter Hofjuden
Berend Lehmann ( 1661−1730 )
epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de
Für Gisela
Titelbilder
Vorderseite
oben links: Einband des Protokollbuches der israelitischen Gemeinde Halberstadt aus dem 19. Jahrhundert (Central Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem)
oben rechts: Ausschnitt aus dem Grundriß von Halberstadt, F.W. Wenig, 1810, Beilage in: Ludwig Ferdinand Niemann: Die Stadt Halberstadt..., Halberstadt 1824. Reprografie: Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel
unten links: Schluss-Seite der Familien-Megillah des Isaak Behrens, 1738. Manuskript in der Bibliotheca Rosenthaliana der Universitätsbibliothek Amsterdam
unten rechts: Käte Lipke: Das Innere der Halberstädter Synagoge, Aquarell um 1930. Berend Lehmann Museum Halberstadt als Leihgabe des Städtischen Museums Halberstadt
Rückseite
oben links: Randnotiz König Friedrich Wilhelms I. in Preußen „Alle Juden die sindt Schelme“ in dem Bericht seines Ministers Ilgen über das Verhör Berend Lehmanns am 27.8.1721. Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden
oben rechts: Titelseite der Familien-Megillah des Isaak Behrens. Wie Vorderseite links unten
unten links: Siegel Berend Lehmanns auf einem Brief an Herzog Ludwig Rudolf von Braunschweig vom 9.11.1717. Niedersächsisches Landesarchiv, Staatsarchiv Wolfenbüttel
unten rechts: Adresse auf dem Brief wie unten links
Imprint
Privilegiert in engen Grenzen
Neue Beiträge zu Leben, Wirken und Umfeld des Halberstädter Hofjuden Berend Lehmann (1661−1730)
Berndt Strobach
published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de
Copyright: © 2013 Berndt Strobach
ISBN 978-3-8442-7093-8
1. Auflage
Covergestaltung und Satz: Carolina Friedrich
Erstellung der E-Book-Version: Richard Stickel
Als sogenannter Ruheständler bin ich in die reiche jüdische Geschichte meiner Heimatstadt Halberstadt quer-eingestiegen, von der ich weder als Kind während des ‚Dritten Reiches’ noch als Jugendlicher in der DDR etwas erfahren hatte. 1 1 Juden kommen weder vor in: Becker, Karl: Chronik der Stadt Halberstadt. Harz, Berlin 1941, noch in Scholke, Horst: Halberstadt, Leipzig 1977. 2 E-Mail vom 10.2.2010. 3 in Dok. 36. 4 Artikel „Lehmannn, 1. Berend[...]“ in Schoeps, Julius H. (Hg.): Neues Lexikon des Judentums, Gütersloh 2000, S. 504. 5 Ich erläutere jene Ausdrücke, die man nicht – oder in dem besonderen Sinne der Textstelle nicht – mit Englischkenntnissen erschließen oder im Duden-Fremdwörterbuch finden könnte. 6 Arbeitsgemeinschaft historischer Forschungseinrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland e.V., Arbeitskreis Editionsprobleme der Frühen Neuzeit: Empfehlungen zur Edition frühneuzeitlicher Texte, im Internet unter www.ahf-muenchen.de
Mit der Figur des in Halberstadt wohnhaften, in ganz Europa tätigen Hofjuden Berend Lehmann wurde ich durch Jutta Dick bekannt, die Leiterin des nach ihm benannten Halberstädter Jüdischen Museums. Lehmann faszinierte mich so sehr, dass ich mir lesend biographisches Wissen über ihn aneignete. Dabei ergaben sich unbefriedigenderweise nur disparate Einzelzüge, die sich aus der veralteten Literatur über den „Königlichen Residenten“ nicht zu einem wirklichen Porträt zusammenfügen wollten.
Unzufrieden mit dem Gefundenen, ging ich in die Archive, und das Material über Lehmann und das jüdische Halberstadt war überraschend reich, so reich, dass es mir unmöglich sein würde, etwa die neue Biographie über ihn zu schreiben. Ich begnügte mich mit einigen für seine Persönlichkeit aussagekräftigen Teilaspekten, die im Folgenden skizziert werden.
Inhalt
So folgt hier auf eine rezeptionsgeschichtlich notwendige Darstellung des überkommenen Berend-Lehmann-Bildes (Kapitel 1) zum ersten Mal Genaueres über seine Frühzeit in Halberstadt mit ihren vielen Bauprojekten, und zwar im Rahmen der damaligen dortigen jüdischen Gesamtsituation (Kapitel 2). Bereits hier geht es um die Spielräume, die ihm sein Residenten-Privileg öffnet und die Hemmnisse, die ihm als Juden dennoch überall begegnen.
Kapitel 3 behandelt seine aufgrund guter Geschäftsverbindungen umfangreiche Tätigkeit in Blankenburg, von der in der bisherigen Literatur nur in Nebensätzen die Rede war, und zwar geht es einmal (Abschnitt 3.1) um seinen dortigen Landwirtschaftsbetrieb mit dem prächtigen Herrenhaus und dann (Abschnitt 3.2) um seinen Versuch, dort hebräisch drucken zu lassen, sowie um das Scheitern dieses Projekts an der kirchlichen Zensur.
Ein Exkurs zeigt am Beispiel des von ihm seinerzeit engagierten Druckers, welche Brisanz jüdisch-hebräisches Publizieren in christlicher Umgebung auch im Preußen des aufgeklärten Großen Friedrich noch hatte.
In den Abschnitten 3.3 und 3.4 werden weitere Aspekte von Lehmanns breitem Blankenburger Wirken zusammengefasst; dann folgt als Exkurs ein Seitenblick auf seine dort ebenfalls tätigen nicht privilegierten Glaubensgenossen: ein kleines Kapitel jüdischer Sozialgeschichte.
Kapitel 4 schließlich schildert eine Episode aus seinem sechsten Lebensjahrzehnt, die ihn als Politiker in ganz neuem Licht zeigt und sein Persönlichkeitsbild erheblich verändert. Er überschätzt die Möglichkeiten seines Privilegs und erfährt Hohn und Erniedrigung. Die zugrundeliegenden Dresdner Akten erlauben gute Einblicke in die wechselseitige Wahrnehmung von Juden und adligen Diplomaten.
Das 5. Kapitel fasst zusammen, was sich am Bild Berend Lehmanns gegenüber dem im 1. Kapitel referierten durch die hier vorgelegten Untersuchungen verändert hat.
Ein Namensproblem
Die Benennung des Protagonisten dieses Buches hat ein Problem: Wenn man „Berend Lehmann“ einfach nur als „Lehmann“ bezeichnet, nennt man eigentlich nicht ihn, sondern seinen Vater. Hebräisch heißt unsere Hauptperson: Jissas‘char ben Jehuda haLevi: Bärmann, Sohn des Löwenmannes aus dem Levitenstamm. Und zwar gehen beide Namen auf den Segen Jakobs für seine Söhne (Gen. [1. Mose] 49) zurück, wo Jehuda mit einem Löwen assoziiert wird, deshalb „Löwenmann“, was wiederum eingedeutscht wird mit dem in Deutschland geläufigen Nachnamen „Lehmann“.
Jissas‘char dagegen wird von Jakob als Esel bezeichnet; Aus dem Esel wurde auf schwer erklärbare Weise der in besserem Ansehen stehende Bär; so wird Jissachar zu „Bärmann“, dies wird wiederum eingedeutscht zu „Bernhard“ oder „Bernd“ oder „Berend“ (alle drei Versionen finden sich in Lehmanns Originalunterschriften).
Lucia Raspe, der ich diese erhellende Erklärung verdanke 2 2 E-Mail vom 10.2.2010. 3 in Dok. 36. 4 Artikel „Lehmannn, 1. Berend[...]“ in Schoeps, Julius H. (Hg.): Neues Lexikon des Judentums, Gütersloh 2000, S. 504. 5 Ich erläutere jene Ausdrücke, die man nicht – oder in dem besonderen Sinne der Textstelle nicht – mit Englischkenntnissen erschließen oder im Duden-Fremdwörterbuch finden könnte. 6 Arbeitsgemeinschaft historischer Forschungseinrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland e.V., Arbeitskreis Editionsprobleme der Frühen Neuzeit: Empfehlungen zur Edition frühneuzeitlicher Texte, im Internet unter www.ahf-muenchen.de
, bezeichnet den Halberstädter Hofjuden als „Bärmann“ oder „Bärmann Halberstadt“, wie er zum Beispiel in hebräischen Buchtiteln genannt wird. Bereits der hebräisch gebildete Zeitgenosse Hermann von der Hardt spricht allerdings vom „Herr[n] Resident Lehmann“ 3 3 in Dok. 36. 4 Artikel „Lehmannn, 1. Berend[...]“ in Schoeps, Julius H. (Hg.): Neues Lexikon des Judentums, Gütersloh 2000, S. 504. 5 Ich erläutere jene Ausdrücke, die man nicht – oder in dem besonderen Sinne der Textstelle nicht – mit Englischkenntnissen erschließen oder im Duden-Fremdwörterbuch finden könnte. 6 Arbeitsgemeinschaft historischer Forschungseinrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland e.V., Arbeitskreis Editionsprobleme der Frühen Neuzeit: Empfehlungen zur Edition frühneuzeitlicher Texte, im Internet unter www.ahf-muenchen.de
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