Christa Baich / Dorothea Gnau / Christine Klimann
Wenn wir an Grenzen kommen
Hoffnung leben – Hoffnung geben
Ignatianische Impulse
Herausgegeben von Stefan Kiechle SJ, Willi Lambert SJ
und Martin Müller SJ
Band 81
Ignatianische Impulsegründen in der Spiritualität des Ignatius von Loyola. Diese wird heute von vielen Menschen neu entdeckt.
Ignatianische Impulsegreifen aktuelle und existentielle Fragen wie auch umstrittene Themen auf. Weltoffen und konkret, lebensnah und nach vorne gerichtet, gut lesbar und persönlich anregend sprechen sie suchende Menschen an und helfen ihnen, das alltägliche Leben spirituell zu deuten und zu gestalten.
Ignatianische Impulsewerden begleitet durch den Jesuitenorden, der von Ignatius gegründet wurde. Ihre Themen orientieren sich an dem, was Jesuiten heute als ihre Leitlinien gewählt haben: Christlicher Glaube – soziale Gerechtigkeit – interreligiöser Dialog – moderne Kultur.
Christa Baich / Dorothea Gnau / Christine Klimann
Wenn wir an Grenzen kommen
Hoffnung leben – Hoffnung geben
echter
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© 2018 Echter Verlag GmbH, Würzburg
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E-Book-Herstellung und Auslieferung:
HEROLD Auslieferung Service GmbH
www.herold-va.de
ISBN
978-3-429-05326-0
978-3-429-05002-3 (PDF)
978-3-429-06412-9 (ePub)
Inhalt
Vorwort
1. Eine Hoffnungsgeschichte? (D. G.)
2. Hoffnung in Stichworten (C. K.)
Lebenselixier und Grundmotor
Optimierungsdruck
Vertröstung
Durchkreuzte Hoffnung
Geläuterte Hoffnung
Himmel
Verbundenheit
3. Hoffnung begleiten (C. B.)
Wem glaubt man, was er sagt?
Hoffnungsblick
Heilsgeschichte hier und heute
Wie Gott mir, so ich dir
System je nachdem
Hoffnungsetüden
4. Ein Übungsweg (D. G./C. K.)
Erste Woche: Hoffnung aufspüren
Zweite Woche: Hoffnung, die herausruft
Dritte Woche: Um Hoffnung kämpfen und sie läutern lassen
Vierte Woche: Hoffnung in die Welt tragen
5. Verantwortung für die Welt (D. G.)
Mitarbeit an der Verwandlung der Welt
Beispiel: Flucht und Vertreibung
Anregungen für einen hoffnungsvollen Umgang
6. Kirche zwischen Traum und Wirklichkeit (C. B.)
Im Wechselspiel von Hoffnung und Enttäuschung
Beispiel: Frauen in der Kirche
Anregungen für einen hoffnungsvollen Umgang
7. Schluss
Anhang: Von der Hoffnung inspiriert: die Helferinnen und ihre Gründerin (D. G.)
Anmerkungen
Vorwort
Grenzen sind ambivalent. Sie zu überwinden kann Ansporn sein für Höchstleistungen, oft aber ist es schmerzhaft, an sie zu stoßen. An äußeren Grenzen reiben Menschen sich vergeblich wund, an inneren Grenzen tun sich Abgründe auf. Träume zerplatzen, Selbstverständlichkeiten brechen ein, aus Wegen werden Sackgassen.
Auch der Glaube kann an Grenzen stoßen – und wie viele Menschen erfahren das schmerzlich in ihrem Leben –, aber ihm wohnt auch eine Dynamik inne, die an die Grenzen hindrängt. Jesus hat seine Jünger »bis an die Grenzen der Erde« gesendet (Apg 1,8), denn das Evangelium muss alle Geschöpfe erreichen (Mk 16,15). So sind es die Wechselspiele des Lebens und die christliche Berufung, die immer wieder mit Grenzen konfrontieren. Sendung als Grunddimension ignatianischer Spiritualität hat viel damit zu tun, »an die Grenzen zu gehen«, und auch Papst Franziskus wird nicht müde, für eine Kirche einzutreten, die an die Ränder geht. Damit sind nicht nur geographische Randgebiete oder soziale Brennpunkte gemeint, sondern auch Abgründe von Vereinsamung, Perspektivlosigkeit und Verzweiflung. Wenn dann innere und äußere Grenzen aufeinandertreffen, können sich Ohnmacht und Lähmung breitmachen – oder aber die Hoffnung kommt ins Spiel. Und diese Hoffnung ist nicht einfach da oder nicht, sondern es gilt, um sie zu ringen. An ihr entscheidet sich der Umgang mit Grenzen.
So entstand die Idee zu diesem Buch. Wir drei Autorinnen gehören zu einer ignatianischen Ordensgemeinschaft. Ignatius betont, dass der Mensch auf Gott hin geschaffen ist, und der zentrale Begriff der Sendung verbindet sich bei ihm mit der Hilfe für die Seelen. Eugénie Smet, die Gründer in unserer Gemeinschaft, ist vom Wunsch beseelt, den Menschen zu helfen, das Ziel ihrer Erschaffung zu erreichen. Sie hat dabei besonders die im Blick, die leiden, die vergessen und ausgegrenzt sind. An diesen Grenzen kommt bei ihr der für uns Helferinnen zentrale Begriff der Hoffnung für die ganze Menschenfamilie ins Spiel. Damit bringt sie eine besondere »Klangfarbe« in den Chor der ignatianischen Stimmen ein.
Dieses Buch ist ein Gemeinschaftsprojekt. Wir haben uns nicht nur zum Schreiben getroffen, sondern es gemeinsam konzipiert, die Inhalte diskutiert, um den Aufbau gerungen, gegengelesen. Die einzelnen Teile tragen unterschiedliche Handschriften und sind auch von ihrer Art her verschieden. So sollen grundsätzliche Überlegungen, viele konkrete Beispiele aus eigenen Erfahrungen und aus der Begleitung (deshalb wird häufig auch die Ich-Form und manchmal nur die weibliche Form verwendet) sowie ein Teil mit Übungen und einer mit aktuellen Fragen aus Kirche und Welt das Thema Hoffnung aus verschiedenen Perspektiven beleuchten. Wie die Grundperspektive christlicher Hoffnung das Leben von Eugénie Smet prägte und sie zur Gründungsidee der Kongregation der Helferinnen motivierte, zeigt ein kurzes Kapitel am Schluss des Buches auf.
Grenzen sind oft schmerzhaft, können aber auch Begegnung und neue Möglichkeiten eröffnen. Möge dieses Buch zum Weiter-Gehen, zum Durch-Gehen ermutigen, damit die Hoffnung ihre verwandelnde Kraft entfalten kann.
1. Eine Hoffnungsgeschichte?
Vielseitig begabt, mit einem großen Freundeskreis, das Studium erfolgreich abgeschlossen, inzwischen beruflich erfolgreich als PR-Frau tätig: Andrea 1ist eine Frau, die mitten im Leben steht. Ihr Glaube und ein regelmäßiges geistliches Leben sind ihr wichtig. Christliche Hoffnung trägt und prägt ihre Einstellungen wie auch ihr Engagement. Dass sie entschieden als Christin leben will, ist ihr klar. Nun hat das Anliegen, Gott den ersten Platz in ihrem Leben einzuräumen, Fragen nach der konkreten Lebensform aufkommen lassen. Immer mehr hat sich dabei der Gedanke herauskristallisiert, in einen Orden einzutreten. Vermehrte Kontakte zu einem Kloster haben diesen Gedanken zu einer realen Option werden lassen. Auch der Orden kann sich gut vorstellen, dass diese spirituelle und zugleich sehr geerdete Frau dort eintritt. Hoffnungsvoll, dort ihren Platz in der ihr entsprechenden Lebensform gefunden zu haben, entscheidet Andrea sich, für einige Zeit in diesem Kloster mitzuleben. – Doch die Pläne und Hoffnungen werden durchkreuzt.
Andrea gerät in eine schwere psychische Krise, die schließlich zur Einweisung in eine psychiatrische Klinik führt. Psychose lautet die Diagnose, später: Schizophrenie. Im Rückblick beschreibt sie die Gefühle der Scham, als sie langsam ihre Situation realisiert. Scham über das eigene Verhalten während der Psychose und auch Scham, selbst nicht einmal wahrgenommen zu haben, wie sie in die Krankheit hineinrutschte, ohne selbst zu bemerken, dass sich die eigene Wahrnehmung der Realität zunehmend von der anderer Menschen unterschied; Scham, dass ihr so etwas passiert, ihr, die – wie so viele von uns – das doch nie von sich gedacht hätte. »Psychiatrie, das betrifft nur andere Menschen. Und plötzlich landest du an einem Ort, der bisher überhaupt nicht in deinem Horizont war. … Ich doch nicht …«
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