„Morgen zusammen! Wessen Post wird derzeit noch geöffnet, oder werde gerade nur ich kontrolliert?“, fragte Cathrynn grinsend in die Runde, als sie durch die Tür trat.
Sie sah Marc Thompsons Augenrollen und begann zu lachen, als sie an die Anrichte trat und den Schrank öffnete.
„Ein Glück und ich dachte schon, dass die ISU mir dieses Mal etwas nachweisen könnte!“, kommentierte sie diesen Blick, während sie ihren zartrosa Barbie-Kaffeebecher, ein Geburtstagsgeschenk von Montgomery, füllte.
„Ich sage euch, das war die Nummer meines Lebens“, feixte Mike Beckett.
Das sagte er nach jedem One-Night-Stand.
„Mike hat die Schnalle aus der Buchhaltung flachgelegt, an der er seit zwei Monaten rumgebaggert hatte“, erklärte Justin Gray lachend.
„Die mit den falschen Titten?“, fragte Cathrynn mit einem zynischen Grinsen, sich daran erinnernd, dass Beckett der Frau seit einiger Zeit hinterhergestiegen war.
„Die waren nicht falsch!“, rief Beckett empört.
Lachend wandte Cathrynn sich mit dem Becher in der Hand von der Anrichte ab.
„Als ob du den Unterschied zwischen Natur und Gummi erkennen würdest, wenn du in Fahrt bist, Mike“, zog sie ihren Kollegen auf.
„Ich glaube auch nicht, dass die falsch sind“, kam Vince Montgomery seinem Kollegen zur Hilfe.
„Vince, es ist laut den Gesetzen der Schwerkraft nicht möglich, dass Möpse von der Größe so stehen!“, beharrte Cathrynn, als sie den lauwarmen Kaffee in einem Zug hinunter gekippt hatte und ihren Becher erneut füllte.
„Wieso denn nicht? Deine Möpse stehen doch auch, Agent Rayven“, beharrte Montgomery mit einem anzüglichen Grinsen, als Cathrynn neuen Kaffee aufsetzte.
„Meine sind auch zusammen gerade mal halb so groß, wie eine von der Tussi, Agent Montgomery!“, erinnerte sie ihren Kollegen an den offensichtlichen Unterschied, während sie sich auf das abgewetzte Sofa fallen ließ.
„Auf jeden Fall haben sie sich echt angefühlt“, beharrte Beckett.
Grinsend lauschte sie noch eine ganze Weile schweigend den Spekulationen ihrer Kollegen über die Brüste der Buchhalterin.
Manchmal ging es im Aufenthaltsraum der Hunter schlimmer zu als auf dem Mädchenklo der High School.
„Hast du dir jetzt überlegt, ob du am Samstag rumkommst?“, riss Montgomerys plötzliche Frage sie aus ihren eigenen Gedanken, als er sich neben sie quetschte.
Sie schenkte ihm einen fragenden Blick, der jede Antwort unnötig machte, als sie dem massigen Agenten ein wenig mehr Platz machte, indem sie ihre Beine auf seinen Schoß gleiten ließ.
„Die Überraschungsparty für Nate, sag mal, hast du deinen Kopf nur zum Haare färben, Perle?“, tadelte er sie ungeduldig.
„Ich komme nur, wenn du nicht wieder eine Stripperin gebucht hast, das ertrage ich kein zweites Mal“, erwiderte Cathrynn lachend, nur um das peinliche Gefühl zu verdrängen, das sich in ihr breit zu machen drohte, dass sie wirklich um Haaresbreite den Geburtstag ihres besten Freundes vergessen hätte.
„Eigentlich hatten wir gehofft, dass du das dieses Jahr übernimmst, Rayven“, rief Martin McDermott mit einem anzüglichen Grinsen. Augenrollend wartete Cathrynn das erfreute Johlen ihrer Kollegen ab.
„Geht in Ordnung, aber nur wenn ihr an dem Abend alle in Pink kommt“, konterte sie lachend und sah zufrieden, dass die Entschlossenheit ihrer Kollegen schwankte.
„Kommt schon Jungs, mich nackt zu sehen sollte euch ja das ein oder andere Opfer wert sein!“, rief sie entrüstet, bevor sie einen weiteren Schluck des lauwarmen Kaffees herunter würgte, während ihre Gedanken wieder um die ISU und die mal wieder geöffneten Briefe zu kreisen begannen.
Sie wusste, dass sie sich damit abfinden musste, jeder Hunter musste das, doch trotzdem regte es sie auf.
„Was ist Ladies , auf zur Dienstbesprechung?“, fragte sie, kaum dass sie sich eine Zigarette angezündet hatte, grinsend. Um sie herum ertönte unwilliges Stöhnen, das ihr aus der Seele sprach. Sie selbst hatte auch nicht wirklich Lust auf die allmorgendliche Besprechung mit Frank und Nathan.
Es würde zwischen ihr und Frank wahrscheinlich ohnehin nur wieder eskalieren. So wie inzwischen fast täglich, sobald sie beide länger als fünf Minuten im selben Raum waren.
„Hat übrigens einer von euch Lust, mir einen obszönen Brief zu schreiben?“, erkundigte sie sich trocken und blickte fragend in die Runde.
„Dann hat die ISU wenigstens Mal was, woran sie sich aufgeilen kann.“
Montgomery blickte sie sofort Feuer und Flamme an.
„Ich schreibe dir gleich einen!“, bot er mit einem anzüglichen Grinsen an.
Cathrynn hatten keinen Zweifel daran, dass er bereits im Geiste an seiner Formulierung feilte.
„Du kannst schreiben, Montgomery?“, zog Chris Smith den massigen Hunter auf.
Cathrynn stimmte in das Lachen ihrer Kollegen ein.
„Wir können uns gegenseitig welche schicken“, schlug Thompson noch immer lachend vor.
„Besser nicht, Marc“, wiegelte sie trocken ab.
„Nachher kassiert die ISU uns dann noch wegen Verschwörung ein“, gab sie lachend zu bedenken.
Ihr Lachen verstummte augenblicklich, als ein Dokument auf den Couchtisch flog. Sie blickte auf und begegnete einem stahlgrauen Augenpaar.
„Seht ihr, es geht schon los!“, rief sie lachend, bevor sie auf das Dokument blickte.
„Ich bin doch erst vor zwei Monaten befragt worden“, stöhnte sie, doch Frank hob nur die Schultern.
„Redfield scheint verrückt nach dir zu sein“, entgegnete er trocken.
„Ich komme schon“, knurrte Cathrynn angesäuert, als sie ihre Beine von Montgomerys Schoß gleiten ließ.
Redfield, ihre ISU-Liaison, schien sich nun endgültig auf sie eingeschossen zu haben.
Seufzend erhob sie sich von der Couch.
„Wenn du mit Redfield fertig bist, kannst du dann kurz auf eine Befragung zu mir kommen, Perle?“, fragte Montgomery lachend, als sich zum zweiten Mal an diesem Tag eine Hand auf ihren Hintern legte.
Im Reflex fand ihre Schuhspitze Montgomerys Schienbein, als sie sich noch einmal zu dem massigen Hunter umwandte.
„Also würde dein Herz das noch mitmachen, mein Dicker“, zog sie ihn mit einem zuckersüßen Grinsen auf, bevor sie unter dem Johlen ihrer Kollegen den Aufenthaltsraum verließ.
„Liegt es daran, dass ich eine Frau bin, dass ich wesentlich häufiger befragt werde, als alle anderen?“, fragte sie ihren Vorgesetzten seufzend, als sie zu ihm auf den Gang trat.
Es war in der Tat sehr offensichtlich, dass sie fast jedes Quartal bei Redfield antanzen durfte.
„Wahrscheinlich versucht Quinn über dich, an mich heran zu kommen“, antwortete Frank nachdenklich, bevor er abrupt stehen blieb, um sie anzublicken.
Cathrynn stutzte kurz, als sie in das stahlgraue Augenpaar blickte.
War das gerade ein entschuldigender Blick gewesen?
Sie sah noch einmal genauer hin.
Da war nur Ausdruckslosigkeit. Sie musste sich getäuscht haben.
„Informiere mich bitte sofort nach deinem Gespräch mit Redfield!“, wies Frank sie knapp an.
Cathrynn nickte.
Für einen Moment konnte sie nicht sagen, was sie mehr störte, die anstehende Befragung durch die ISU oder die Aussicht auf ein Vier-Augen-Gespräch mit Frank direkt im Anschluss.
„Und Rayven, übertreibe es nicht wieder, okay?“, ermahnte er sie seufzend, bevor er sich abwandte und seinen Weg fortsetzte.
*
Noch immer brütete er über dem Obduktionsbericht, doch sein Verstand wurde mit jedem Wort, das er las, dumpfer.
Als er den Bericht heute am frühen Nachmittag endlich auf seinen Schreibtisch bekommen hatte, war er fest davon überzeugt gewesen, Gespenster zu sehen.
Er hatte nicht erwartet, etwas darin zu finden, was er nicht bereits wusste.
Читать дальше