1 ...6 7 8 10 11 12 ...25 Der Detektiv schaute auf seine Armbanduhr. Es war noch Zeit genug vorhanden, um heute noch die andere Adresse aufzusuchen, die er heute Vormittag nicht erreicht hatte. Um dorthin zu gelangen, führte ihn die Stimme der Navigatorin rund um Köln. Dieser Norbert Burger wohnte in Porz. Hatte er bislang freie Fahrt gehabt, so füllte sich die Autobahn nun. Gallowayy musste seine Geschwindigkeit drosseln. Er verblieb auf der linken Spur, kam aber nicht merklich weiter als die Fahrzeuge auf den anderen beiden Fahrbahnen. Bei dem Verkehr war es fraglich, wann er dort sein könnte. Er überlegte, ob es besser sei, den Versuch auf morgen zu verschieben, aber die Anzeige des Navigators behauptete, er ei in einer halben Stunde am Ziel. Besser war es in jedem Falle, wenn er heute schon Bescheid wusste, ob dieser Gedanke mit den Familienkontakten erfolgreich war oder nicht. Sehr erfolgreich war seine Mission bislang nicht gewesen. Er beschloss, sich telefonisch bei Hartung zu melden. Er vergrößerte den Abstand zum vorfahrenden Fahrzeug und tippte die Telefonnummer in die Tastatur. Hartung meldete sich sofort. Dieser hatte aber auch noch keine neuen Informationen. Er vertröstete seinen Auftraggeber auf den nächsten Tag, da er heute Abend noch Informationen erwartete.
Köln Porz
Die Damenstimme führte ihn in ein Gewerbegebiet, das südlich von Porz lag. Während sich im Kopfe des Amerikaners Gedanken breit machten, doch einen Denkfehler gemacht zu haben, sah er, dass neben den Hallen der unterschiedlichen Gewerbe das ein oder andere Wohnhaus stand. Sein Zielhaus war ein anderthalbgeschossiges Fertighaus. Auch hier blieb sein Anklingeln ohne Resonanz. Er wollte sich gerade enttäuscht abwenden, als sein Blick auf die danebenstehende Autohandlung fiel. Der Name Burger war nicht zu übersehen. Er hatte einen Privathaushalt vermutet und deshalb das riesige Plakat der Autohandlung nicht wahrgenommen. Burger wollte privat wohl nicht in geschäftlichen Dingen gestört werden. So erklärte sich die fehlende Rufumleitung seines privaten Telefonanschlusses zu seiner Firma. Das Autohaus Norbert Burger GmbH vertrieb Autos der Marke Ford. Gallowayy überquerte eine riesige gepflasterte Fläche, kurvte um die vielen ausgestellten Wagen herum und betrat das glasbestückte Eingangsportal.
Burger beschäftigte jede Menge Leute. Die Präsentationshalle für Neuwagen war gleichzeitig Büroraum und Verkaufsraum in Einem. Die Schreibtische waren wie Inseln inmitten eines Arrangement von unterschiedlichen Wagentypen angeordnet. Künstliche Palmen versetzten den Besucher in eine Urlaubsatmosphäre, in dem es ihm leichter fallen sollte, Geld auszugeben. Das Unternehmen musste ziemlich groß sein, denn weiter als bis zum Informationsschalter kam er nicht. Er hatte die Dame hinter dem Raumteiler übersehen. Aber ihre Stimme, welche seine Aufmerksamkeit auf sie lenkte, war höflich aber bestimmt. Ein Schild mit dem Namen Seyyit Murrat verriet, dass er es mit einer Türkin zu tun hatte. Aussehen und Gesichtszüge bestätigten diese Annahme. Ihr langes, schwarzes Haar war zu einem Knoten gebunden. Oberhalb der Theke sah man nur die dunkelblaue Jacke, die ein weißes Hemd bedeckte, dessen Kragen aber wiederum auf den Jackenkragen geklappt war. Ein blauweißer Schal war krawattenartig gebunden und verschloss die offene Brustfläche. Die Schwarzhaarige ließ trotz ihres freundlichen Verhaltens keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie hier die Kommunikationswege bestimmte. Denn als der Detektiv seinen Wunsch äußerte, den Chef persönlich sprechen zu müssen, ließ sie keinen Versuch ungenutzt, ihm einen anderen Gesprächspartner zu vermitteln. Die letzte „Drohung“, dann eben warten zu müssen, beeindruckte Gallowayy nicht. Sie führte ihn zu einer Wartelounge und bot ihm Kaffee an.
Nach der Dauer von zwei gerauchten Zigaretten kam ein Mann auf ihn zugeeilt. Anzug, Krawatte und Hemd waren geschmacklich auf einander abgestimmt. Die Farben lagen in unterschiedlichen Brauntönen. Die Aufnäher aus braunem Leder an den Ellebogen vermittelten ein sportliches Outfit. Der Vier-Tage-Bart sollte diesen Eindruck verstärken. Das, was er unter seinem Kinn an Haaren zu viel hatte, fehlte oben auf dem Kopf. Obwohl er Anfang Vierzig war, lichtete sich sein Haupthaar beträchtlich.
„So, Sie wollen sich motormäßig verbessern?“
Die braunen Augen bewegten sich lebhaft. Gallowayy fühlte sich taxiert: Männlich, PS-Gläubigkeit, Wagentyp, Finanzkraft, aber wohl auch, wie viel Provision man ihm einräumen müsste.
So als habe er keine Frage gestellt, beziehungsweise keine Antwort erwartet, fuhr er fort: „Entschuldigung, dass ich mich erst jetzt um Sie kümmern kann. Ich habe mich gerade für Sie freimachen können. Das Ehepaar, dem ich den Fokus verkauft habe, muss nun nur noch die Farbe und die Ausstattung miteinander absprechen. Sie wissen, die Domäne der Frau. Sie bestimmt, wie der Wagen aussieht, er, was unter der Motorhaube ist.“
Das Lächeln war gekünzelt, der Spruch sicher schon mehrmals abgespult. Er vermittelte dem Amerikaner den Eindruck als verkaufe er alles. Hauptsache der Kunde war zufrieden. Deshalb brauchte er auch kaum Luft zu holen, als er fortfuhr:
„An welchen Wagentyp haben Sie denn gedacht?“
Gallowayy war sofort klar, bei dem Typen würde er mit der Aussicht auf Erbschaft gar nicht weiter kommen. Hier waren andere Geschütze gefragt.
„Gallowayy ist mein Name, Gordon Gallowayy. Ich bin Privatdetektiv.”
Das Gesicht des Autoverkäufers verlor seine Fröhlichkeit. Ein Geschäft war mit seinem Besucher nicht zu machen. Die Stimme passte sich der Gemütslage an. Geschäftsmäßig kam es über seine Lippen:
„Was kann ich für Sie tun?“
Der Amerikaner wusste, dass er nun diesen Fisch nicht mehr von der Angel lassen durfte.
„Ich ermittle im Auftrage Ihrer Innung.“
„Innung?“, Die Stimme Burgers begann, seine Sicherheit zu verlieren.
„Ja, Innung“, bekräftigte Gallowayy mit deutlicher Stimme und begann seine Papiere aus der Jacke hervorzukramen.
„Können wir uns irgendwo ungestört unterhalten?“
Burger schluckte und nickte nach einigen Momenten des Nachdenkens. Dabei drehte er sich um. Er führte Gordon durch einen Teil des Autoparks, der wegen der vielen Pflanzen und Bäume den Eindruck vermittelte als verkaufe man hier Umweltschutz. Die Werbeplakate sprachen ein eindeutiges Wort. Er bat den Detektiv zu warten, steuerte auf einen großgewachsenen jungen Kerl zu, dem der Anzug sichtlich nicht stand, wohl weil er zu klein ausgefallen war. Man hätte ihn sich als Gewichtheber oder Ringer eher vorstellen können. An seinem Verhalten war zu erkennen, dass er zu den Erfolgleuten des Betriebs gehörte. Während Burger auf ihn einredete, nickte er nur. Als sie sich trennten, kam Burger wieder auf den Amerikaner zu.
„Ich musste mich nur noch um den Verkauf des Fokus kümmern“, nuschelte er entschuldigend.
Er meinte dabei wohl das Ehepaar, welches nur noch die Farbe ihrer Neuerwerbung festlegen wollte.
Das Besprechungszimmer, das beide betraten, war offensichtlich nicht für Kundengespräche eingerichtet, ehr für innerbetriebliche Konferenzen und Zusammenkünfte. Nüchternheit, nicht Urlaubsstimmung vermittelte der Raum. Die Wände waren in einem hellen Gelb gestrichen und einige sichtlich wertlose Bilder gaben dem nüchternen Raum etwas Leben. In einer Ecke stand ein Kaffeeautomat, die Tassen waren auf dem Kopf gedreht und lagen auf der Untertasse. Mit einer Unterbrechung durch Verkaufsverhandlungen war hier nicht zu rechnen. Burger setzte sich an die Längsseite des großräumigen Tisches, der die Mitte des Raumes einnahm, und wies Gallowayy einen Platz ihm gegenüber zu. Er stemmte seine Unterarme auf die Tischplatte aus hellem Resopal. Burger wollte sichtbar die Distanz zwischen ihnen beiden wahren.
„Sie sind also ein privater Ermittler?“
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