Hieran wird deutlich, dass das heutige Bankgeschäft hohe Anforderungen an die Liquiditätsvorsorge und an das Risiko Management stellt. Das gesamte Geschäftsbankensystem beruht auf dem Vertrauen der Gläubiger, dass jederzeitige Zahlungsfähigkeit in Bezug auf kurzfristige Fälligkeiten gegeben ist, denn die Einlagen bei Banken sind nicht mehr durch Gold abgesichert. Ist Vertrauen in den Finanzsektor erschüttert, bricht der Kreislauf des Geldes zusammen, weil Panik ausbricht.
Für das Verständnis des heutigen Finanzsektors ist noch von Bedeutung, dass Banken ganz unterschiedlich organisiert sind. Da sind zunächst die Aktiengesellschaften, z. B. Deutsche Bank und Commerzbank. Da sind sodann die Sparkassen, meist in kommunaler Trägerschaft und damit mit kommunaler Gewährsträgerhaftung, d. h., dass im Notfall die Kommune für Verluste gerade stehen muss. Dann ist auf die Genossenschaftsbanken hinzuweisen, hier bes. die Raiffeisenbanken. Schließlich gibt es Landesbanken wie die WestLB, die NordLB oder die Bayrische Landesbank, die mehrheitlich einzelnen Bundesländern gehören und die damit von den jeweiligen Landesregierungen beherrscht werden. Außerdem gibt es Privatbanken und Spezialbanken wie z. B. Bausparkassen, hier wiederum in öffentlich-rechtlicher oder privater Trägerschaft.
Auffällig ist, dass praktisch alle Großbanken durch Fusionen extern gewachsen sind. Diesem Prozess des besonders externen Wachstums liegt die Kostendegression zu Grunde, d. h. dass es besonders rentabel erscheint, wenn Geldströme möglichst lange im eigenen Bankenimperium gehalten werden.
Zu den Haupttätigkeitsfeldern der Banken gehört die Abwicklung des Zahlungsverkehrs an Hand der Giro-Konten der Unternehmen und Privatpersonen, gehört das Kreditgeschäft - Dispo-Kredit, Konsumentenkredit, Hypothekarkredit, Investitionskredit für Unternehmen - , gehört der Handel mit Wertpapieren - Aktien und festverzinslichen Anleihen - und die Abwicklung von Währungstransaktionen. Diese Beschreibung der Aufgabenfelder der Banken unterstreicht die Dienstleistungsfunktion für Unternehmen und Bürger. Sie verweist nicht auf ein Handeln im eigenen Interesse und auf eine eigenständige Machtposition der Banken. Nach § 1 Kreditwesengesetz handelt es sich um Unternehmen, die Bankgeschäfte betreiben und die dabei einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb unterhalten. Diese Formulierung verweist auf den ehrbaren Kaufmann, dessen Handeln von Vorsicht und Vorsorge gegen Risiken gekennzeichnet ist bzw. sein soll. Das Aktivgeschäft besteht vorrangig aus der Gewährung von Krediten mit und ohne grundpfandrechtliche Sicherung. Das Passivgeschäft umfasst die Entgegennahme von Einlagen, die Ausgabe von Sparbriefen, Pfandbriefen und Kommunalobligationen. Grundsätzlich bestehen zu Lasten der Banken Aufklärungs- und Auskunftspflichten insbesondere bei dem Verkauf von Wertpapieren.
Neben diesen eher traditionellen Bankgeschäften ist jedoch in der jüngeren Zeit das Investmentbanking getreten. Hierbei handelt es sich z. B. um Wertpapiergeschäfte für fremde und eigene Rechnung. Hier beginnt der eigentliche risikoreiche Spekulationsbereich, in dem die Banken ihre der Realwirtschaft vorrangig dienende Funktion verlassen und zu eigenständigen Spielern im internationalen Rennen um höchst mögliche Renditen und um wirtschaftlichen Einfluss durch schnelles Größenwachstum werden. In diesen Feldern sind vor allem die Hedge Fonds als Schattenbanken zu nennen, die besonders stark versuchen, sich jeder Form von staatlicher Regulierung zu entziehen. Die Aktivitäten der Investmentbanken und der Hedge Fonds lassen sich kennzeichnen durch Wertpapierhandel, durch den Handel mit Derivaten, Wertpapieren zur Absicherung von Preis- und Kursschwankungen, aber auch durch weltweiten Handel mit Wetten auf Kurs- oder Preisentwicklungen z. B. bei Rohstoffen oder Nahrungsmitteln. Diese Märkte sind in ihren Volumina um ein Vielfaches größer als die zugrundeliegenden Märkte der Realwirtschaft. Wettgeschäfte durch Banken können aber auch völlig losgelöst von der Realwirtschaft abgeschlossen werden. Hier sind wir dann im Casino-Kapitalismus angelangt.
Wetten sind vertragliche Vereinbarungen über zukünftige ungewisse Ereignisse, wobei die beiden Wettpartner sich widersprechend auf den Eintritt oder das Nichteintreten des Ereignisses setzen. Wessen Behauptung sich als richtig erweist, erhält von dem unterlegenen Partner den ausgelobten Einsatz. Voraussetzung einer Wette ist damit, dass keiner den Eintritt/Nichteintritt des Ereignisses im Voraus kennt und ihn auch nicht beeinflussen kann. Ansonsten ist eine Wette nicht nur unfair sondern auch ungültig und der verlorene Wetteinsatz kann zurückgefordert werden. Wenn Banken gegen Privatpersonen wetten, gibt es meistens ein Informationsgefälle zu Gunsten der Banken z.B. auf Grund von Insiderwissen, bzw. die Banken gestalten die Wetten oft so aus, dass sie den Ausgang zu ihren Gunsten beeinflussen können. In diesen Fällen handelt es sich um mangelnde Aufklärung bzw. direkten Betrug.
Da Banken durch Unternehmensfinanzierungen spezielle Kenntnisse von Interna der betroffenen Unternehmen erhalten, besteht immer die Gefahr, dass sie dieses Insiderwissen zu ihrem eigenen Vorteil nutzen, z. B. Aktien dieses Unternehmens veräußern, bevor die Schieflage des Unternehmens öffentlich wird.
Außerdem betreiben sie oft Eigenhandel, also sie versuchen durch den Verkauf oder Ankauf von Aktien ihrer eigenen Bank "Kurspflege" zu betreiben oder aber durch den An- oder Verkauf von fremden Aktien für eigene Rechnung Extra - Gewinne zu erzielen auf Grund ihrer besonderen Marktkenntnisse.
Die Märkte, auf denen Banken tätig sind, unterscheiden sich sowohl regional als auch von der Art des Geschäfts. Während Spareinlagen eher im regionalen Umfeld der Privatpersonen, also bei örtlichen Spar- oder Raiffeisenbanken und evtl. den örtlichen Filialen der Großbanken getätigt werden, sind Investmentbanken vorrangig auf internationalen Märkten tätig. Gibt es um Spareinlagen einen relativ intensiven Wettbewerb, so befinden sich Investmentbanken eher in enger oligopolistischer Konkurrenz, was die Tendenz zu kartellähnlichen Absprachen begünstigt.
Um zu kennzeichnen, wie sich die Bankgeschäfte im Laufe der Zeit verändert haben, sei darauf verwiesen, dass früher Aktien im Schnitt etwa 4 Jahre gehalten wurden, heute sind es auf Grund des automatisierten Computerhandels 22 Sekunden - Aktien sind damit nicht mehr primär Beteiligungen an Unternehmen sondern reine Spekulationsobjekte auf volatilen, stark schwankenden Märkten.
Aus diesem Überblick wird deutlich, dass an die Tätigkeit von Bankern besondere Anforderungen in Bezug auf Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit und Vertrauenswürdigkeit zu stellen sind. Dabei befinden sie sich in verschiedenen Dilemmata: Zum einen sollen sie ihre Kunden richtig beraten und ihnen nur die Produkte verkaufen, die zu deren zuverlässig erhobenen Risikoprofilen passen. Zum anderen sind sie verpflichtet zu helfen, die Gewinne der Bank - bei Aktiengesellschaften im Quartals Rhythmus - nach Kräften zu mehren. Zum einen haben sie höchste Normen im persönlichen Umgang mit Geld einzuhalten, zum anderen sind die Verlockungen, Geld im täglichen Geschäft für die eigene Tasche "abzuzweigen" sehr groß. Zum einen ist das traditionelle Bankgeschäft eher konservativ und "langweilig", zum anderen beflügelt bes. das Investment Banking die kreative Fantasie, neue Produkte wie z. B. Derivate so intransparent zu schaffen, dass die Marktgegenseite leicht über den Tisch gezogen werden kann.
Die Macht der Banken beruht daher auf ihrem Kreditpotential, also der Entscheidung darüber, ob sie einen Kredit gewährt oder nicht, auf ihren Industriebeteiligungen, auf der Vertretung der Stimmrechte ihrer Kunden, auf den Mandaten in Aufsichtsräten anderer Gesellschaften und auf den in all diesen Funktionen gewonnenen Informationen (Vgl. Arndt, Helmut, Wirtschaftliche Macht, S. 14ff).
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