Monika Kunze - Stille(r)s Schicksal

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Was eigentlich ganz harmlos beginnt, entwickelt sich so nach und nach zu einer schrecklichen Tragödie. Ein Krimi im herkömmlichen Sinne ist dieses Buch aber nicht. Die Autorin hat versucht herauszufinden, was auf dem Lebensweg eines bis dato völlig unbescholtenen jungen Mannes passiert sein könnte, ehe er sich vor Gericht für seine furchtbare Tat verantworten musste. Also eine dramatische Schicksalsgeschichte, ein psychologischer Krimi … oder gar eine ungewöhnliche Liebesgeschichte?
Vielleicht erkennt der/die eine oder andere sich in den Nebenfiguren sogar wieder … beim Wegschauen … bevor das Verbrechen passiert …

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Monika Kunze

Stille(r)s Schicksal

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Inhaltsverzeichnis Titel Monika Kunze Stillers Schicksal Dieses ebook wurde - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Monika Kunze Stille(r)s Schicksal Dieses ebook wurde erstellt bei

Prolog

Zwei Jahre zuvor: Vorfreude - leicht getrübt

Neumaiers Straßentheater

Annes Träume

Schein und Sein

Überraschung im Zimmer Nummer Dreizehn

Vertraut und fremd

Allein in der Bar

Romeo und Julia

Geboren, um einander zu suchen …

Absturz aus Wolke Sieben

Umsorgt, gegängelt, erdrückt

Willkommensgrüße und Nachrichten

Zusammenbruch nach der Doppelschicht

Goldene Hände oder doch zwei linke Pfoten?

Geheimniskrämerei

Wiedersehen - freudig und leidvoll

Svens geheimer "Polterabend"

Seltsames Hochzeitsessen

Wenn Sehnsucht den Tumor vergessen lässt …

Mein Gott, das Baby …

Ein glücklicher Vater sieht anders aus …

Krebs - der verfluchte Feind …

Wechselbad der Gefühle

Zwei Kilogramm Leben …

Friede, Freude, Weihnachtskuchen?

Trost im Keller für Sven - und Anne?

Wenn Laura erst bei uns ist …

Fast fünf Pfund Glück mehr im Haus

Laura muss man einfach gern haben - aber Sven?

Überraschungsgast und letzte Fotos …

Geteiltes Leid …?

Ein Kind und keine Frau dazu?

Zufluchtsstätte Keller …

Große Freiheit ohne Laura …

Was denn, Laura kann singen?

Kein Handlungsbedarf?

Angst vor dem eigenen Kind

Ach, Anne … warum?

***

Immer wieder diese Sehnsucht

Steh-auf-Frauchen:

Demnächst erscheinen als E-Book-Neufassungen:

Taschenbücher:

Impressum neobooks

Prolog

Die Luft im Saal 3 des Landgerichts war zum Schneiden. Ungewöhnlich zahlreich drängten sich die Prozessbeobachter in den ersten Zuschauerreihen, dahinter hatten andere Neugierige Platz genommen. Voyeure. Männer und Frauen verschiedenster Alters- und Berufsgruppen waren sogar von weit her (die Nummernschilder der Fahrzeuge vor dem Gerichtsgebäude waren beredtes Zeugnis) angereist, um den letzten Akt des Aufsehen erregenden Dramas hautnah mitzuerleben.

In der hintersten Reihe saß ein Mann um die sechzig mit schütterem grauen Haar und herabhängenden Schultern. Seine Wangen waren eingefallen, seine Lippen fast nur noch ein dünner Strich, sein Kinn jedoch verriet seine Herrschsucht. Das Auffälligste aber waren seine Augen: scheinbar unbeteiligt und eiskalt wirkten sie unter den buschigen Augenbrauen..

Er saß an jedem Prozesstag auf demselben Platz, ganz außen, nahe der Flügeltür, damit er schnell und unauffällig verschwinden konnte, falls ihm übel werden sollte. Kaum eine Minute hatte er den Angeklagten aus den Augen gelassen.

Ein anderer Mann, Anfang dreißig, hatte ebenfalls mit der Übelkeit zu kämpfen. Es würgte ihn schon, wenn er sich den Blick des alten Mannes auch nur vorstellte. Trotzdem musste er auf seinem Platz ausharren, konnte nicht einfach aufstehen und gehen, obwohl auch er nicht weit von der Tür saß.

Er konnte sie schmerzhaft spüren, die Verachtung, mit der ihn der andere musterte. Was hätte er auch anderes erwarten können? War er nicht ein Monster, das sein eigenes Kind misshandelt und schließlich verhungern und verdursten lassen hatte? Jedes Mal, wenn der Staatsanwalt, der Richter oder auch sein Verteidiger den Namen seiner kleinen Tochter erwähnte, sah er Lauras kleinen Körper vor sich. Es war eine grauenvolle Vorstellung, für ihren Tod verantwortlich zu sein …

Vielleicht war das auch einer der Gründe, warum er es bis heute nicht gewagt hatte, den Mann anzusehen, der in der letzten Reihe saß, ganz außen, gleich neben der Flügeltür. .

Heute jedoch, am Tag der Urteilsverkündung, wollte er versuchen, Angst und Scham zu überwinden. Einmal nur wollte er ihm in die Augen schauen. Er musste sich zwingen, seinen Blick zu heben, und als es ihm endlich gelang, sah er etwas, was er bei diesem Menschen niemals für möglich gehalten hatte.

Neben der Verachtung war in den Augen des alten Mannes für einen Moment auch noch etwas anderes aufgeblitzt: ein Fünkchen Liebe und das Bekenntnis von eigener Mitschuld.

Überwältigt von dieser Entdeckung senkte der Angeklagte sofort den Blick und schloss die Augen. Niemand sollte ihm mehr in die Seele schauen können.

Als der Vorsitzende Richter mit monotoner Stimme das Urteil und dessen Begründung verlas, herrschte zunächst eine gespenstische Stille, doch am Ende erhob sich ein empörtes Raunen.

Im Gesicht des Angeklagten und nunmehr Verurteilten regte sich kein einziger Muskel. Man konnte meinen, dass ihm all das Gehörte völlig egal sei und er absolut keine Reue empfände.

Doch verhielt es sich tatsächlich so?

Er hatte unter den Zuschauern auch Leute entdeckt, die ihn von früher kannten. Sie hielten ihn vielleicht auch jetzt noch nicht für ein Monster.

Und dann hatte es ja noch einen Menschen gegeben, der wusste noch besser als jeder andere, wie liebevoll er sein konnte. Doch diesen Menschen gab es nicht mehr. Er hatte Anne, seine Frau, an den Krebs verloren.

Seitdem war er nicht mehr er selbst. Ihm kam es vor, als hätte jemand einen Schalter in seinem Inneren umgelegt. Sobald er das Wort Liebe auch nur von weitem hörte, ergriff er die Flucht.

Liebe? Was sollte das sein? Er konnte sich nicht erinnern. Er spürte es mehr als dass er es wusste: Liebe würde er fortan weder empfangen noch geben können, nicht einmal seiner kleinen Tochter. War es nicht vielmehr so, dass er im Grunde nichts sehnlicher herbeiwünschte als seinen eigenen Tod? Warum also sollte ihn diese Urteilsverkündung noch interessieren?

Der Mann mit der Todessehnsucht hieß Sven Stiller, war gerade im Namen des Volkes wegen fahrlässiger Tötung seiner Tochter Laura zu dreieinhalb Jahren Gefängnis ohne Bewährung verurteilt worden.

Der alte Mann, der den Platz in der hintersten Reihe rechts außen gewählt hatte, damit er den Gerichtssaal schnell und ohne Aufsehen verlassen konnte, falls ihm übel werden sollte, hieß Helmut Stiller und war der Vater des jungen Mannes und der Schwiegervater von dessen Ehefrau Anne Hellwig.

Zwei Jahre zuvor: Vorfreude - leicht getrübt

An einem Freitag im noch frostigen April kam Anne Hellwig wieder einmal recht spät zu ihrem Feierabend. Ihr war klar, dass der Leerlauf an Manuskripten und die Überstunden wie so oft auch heute vermeidbar gewesen wären.

"Macht nichts", murmelte sie, mit einem flüchtigen Blick auf die Uhr, „morgen packe ich meine Reisetasche und übermorgen bin ich um diese Zeit schon auf der Insel."

Der Gedanke an Teneriffa zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht. Sie bemerkte nicht einmal, dass draußen vor dem Fenster, schon wieder Schneeflocken tanzten, obwohl es doch laut Kalender schon längst Frühling sein sollte.

Sie schaute auf den Bildschirm. Die Rechtschreibprüfung huschte über ihren letzten Text für heute, der Cursor blieb stehen und blinkte bei Tippfehlern. Während sie auf die erforderlichen Tasten drückte, registrierte sie mechanisch, dass wieder drei ihrer Fingernägel abgebrochen waren. Das passierte ihr in jüngster Zeit häufig. Doch im Vergleich zu ihren anderen Problemen waren das natürlich Peanuts. Manchmal drohte ein fürchterlicher Schmerz sie fast zu zerreißen. Doch wen ging das etwas an?

Vor einer halben Stunde hatte sie schon ihre Abenddosis an Schmerztabletten eingeworfen und konnte sich nun unbekümmert freuen: Auf den Feierabend, auf den Urlaub, aber zuallererst auf eine heiße Dusche daheim. Sie würde sie ebenso genießen wie die anschließende Körperpflege. Ja, auch ihre ramponierten Fingernägel würde sie sich vornehmen. Alles ganz gemächlich und ohne Stress. Schließlich lebte sie seit einiger Zeit wieder allein in ihrer Wohnung. Es gab also niemanden, dem sie hätte Rechenschaft ablegen müssen über ihr Tun und die Zeit, die sie dafür aufbrachte. An solchen Tagen bereute sie es nicht, sich schließlich doch, nach vielem Hin und Her, für dieses Singledasein entschieden zu haben.

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