Christine Trapp, Monica Armstrong, Peter Citti
Stille Tage in Paris
Ein Roman zum 40. Jahrestages des Filmklassikers „Der letzte Tango in Paris“ von Bernardo Bertolucci
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Christine Trapp, Monica Armstrong, Peter Citti Stille Tage in Paris Ein Roman zum 40. Jahrestages des Filmklassikers „Der letzte Tango in Paris“ von Bernardo Bertolucci Dieses ebook wurde erstellt bei
1. Paris – LA, ein Anruf
2. Dimanche à Paris
3. Lundi, der Anruf
4. Die Amerikaner kommen
5. Erics Drehbuch
6. Für eine neue Nouvelle Vague
7. Der Italiener hat klare Vorstellungen
8. Blow Up Now
9. Erste Reaktionen
10. Paris brennt!
11. Ein Bild geht um die Welt
12. Revolte ohne Manifest?
13. Besuch aus London
14. Die Italiener kommen
15. Fleischbeschau für einen französisch- italienischen Sexfilm
16. Ein Anruf
17. Ein Star macht Zicken, das ist bekannt
18. Ein kleines rotes Buch, von dem ich noch nie gehört habe
19. Dad sorgt für klare Verhältnisse
20. Im Gegensatz zu mir sind meine französischen Freunde immer gegen den Imperialismus gewesen. (Jean-Luc Godard)
21. Es geht los!
22. Italiener kennen keinen Schlaf
23. Dienstag, der erste Drehtag, weitere werden folgen
24. Terry Malloy, ein US-Star in Paris
25. Drehtage mit Terry
26. Mao-Mao!
27. A Star is born
28. Wieder in LA
Anmerkungen:
Impressum neobooks
Stille Tage in Paris
Roman
Monica B. Armstrong, Christine „Tini“ Trapp & Peter Citti
Dies ist ein Roman über das Filmemachen in Frankreich, jede Ähnlichkeit mit lebenden und toten Personen ist nicht zufällig.
Über die Autor:innen
Monica B. Armstrong, geb. 1990 in Rom, aufgewachsen in Klagenfurt, Autorin und Sales Agent für Filme; lebt in Los Angeles.
Christine „Tini“ Trapp, geb. 1992 in Viktring, aufgewachsen in Klagenfurt, Autorin, PR-Agentin für Filme, Journalistin, lebt in Los Angeles.
Peter Citti, geb. 1970 in Villach, Autor, Drehbuchautor und Filmregisseur, lebt in Mailand und Sevilla.
Der einzig wahre Realist ist der Visionär.
Federico Fellini
Für meine beste Freundin Christine, die mich nächtelang von Paris aus in LA zugequatscht hat.
Los Angeles im April 2021
Monica B. Armstrong
Bonjour, comment allez-vous? (Hallo, wie geht’s Ihnen?) Ich habe mich noch nicht vorgestellt. Ich heiße Janet West, ich bin 23 Jahre alt, und mein Vater hat mich vor zwei Tagen zu nachtschlafender Zeit in Europa angerufen, so als hätte er noch nie etwas von Zeitzonen gehört.
Dad sagt: „Mädel, West-Film befindet sich in einer Notsituation, und du bist die Einzige, die uns vorübergehend aus der Patsche helfen kann.“
Wenn ein Dad so anfängt, bedeutet das, dass kein Widerspruch geduldet wird.
„Okay, Dad, was steht an?“, darf ich höflichkeitshalber fragen.
„Duane hat einen lukrativen Job drüben in London bei einem 200-Millionen-Dollarfilm bekommen, und die Gelegenheit können wir nicht auslassen. Es ist ein großer Actionfilm, der erste, in den wir seit vielen Jahren einsteigen werden, und Duane ist im richtigen Alter, um dort einen der Executive Producer zu machen, ich hoffe, das ist dir klar, Babe“, sagt mein Dad unmissverständlich in Englisch, obwohl ich 10.000 Kilometer weit weg in Klagenfurt, Kärnten, bin, wo ich an der Alpen-Adria-Universität gerade meinen Abschluss in den Fächern Film- und Theaterwissenschaften, Englisch, Französisch und Italienisch gemacht habe.
„Well, Dad, ich bin dabei. Was ist zu tun?“, frage ich, es ist klar, dass ich in Klagenfurt keine Wurzeln schlagen werde, auch wenn unser Abschlussfilm noch nicht fertig ist, sollen ihn andere fertigstellen, es gibt genug Wichtigtuer an der AAU, die sich berufen fühlen, so einen Film ins Finale zu bringen. Ich muss damit rechnen, nicht zur Premiere eingeladen zu werden.
„Schwamm drüber, vergiss Klagenfurt, schau einfach nach vorn, Babe, die Vergangenheit interessiert dich nicht mehr“, sagt mein Mentor, der Verrückte, der in Kärnten zurückbleiben wird.
„Das ist ja unmöglich, dass Monica und Johnny unsere Janet von heute auf morgen wegnehmen“, polterten die Katzenomi und der Altbulle, also Grandma und Grandpa, in Kärnten, aber natürlich wissen auch sie, dass der Tag gekommen ist, von dem jeder hoffte, dass er niemals kommen würde, und der doch kommen musste.
So gab es zu meinem Abschied nur ein kleines Fest mit ganz engen Verwandten und Freunden. Der Verrückte zeigte mir zu Ehren „ Leoparden küßt man nicht “, den Film, den er auch damals gezeigt hat, als meine Mutter die Stadt für immer verlassen hat, um in Los Angeles ihr Glück zu versuchen, und dort bestens verheiratet wurde.
Was für ein schöner Film! Der ideale Film, um Abschied zu nehmen; ein letztes Mal gibt es gutes Kino-Cola und die feine Kinomarmelade, und dann sitze ich auch schon am nächsten Morgen im Bus nach Venedig – von dort startet das Flugzeug, das mich nach Paris bringen wird.
Rue Jenner, 13, im 13. Arrondissement, 75013 Paris. Es ist eine Megastadt in einem ganz anderen Land. Man wacht auf, und man spricht Französisch.
Ich bin allein in einem kleinen Apartment über den Filmateliers, die für alle möglichen Zwecke vermietet werden. Hier wird alles gedreht, was vor die Kamera gehört: Kurzfilme, Werbung, Szenen für Langfilme, ganze Spielfilme. Es gibt auch eine Requisite und ein Archiv, durch das ich mich am Wochenende wühlen werde.
Duane ist am Wochenende noch da, um mir die wichtigsten Dinge zu zeigen, die ich einfach wissen muss. Es gibt Gästezimmer für die ganz kleinen Crews, die in den Ateliers und in Paris drehen wollen. Alle anderen werden im Hotel Jenner untergebracht, das ganz in der Nähe ist; dort frühstücken sie auch und kommen dann in die Ateliers herüber, wo der allgemeine Treffpunkt ist, es kann aber nicht schaden, wenn ich ab und zu ins Hotel Jenner hinübergehe und den Faulpelzen beim Frühstücksbuffet ordentlich Dampf unter den Hintern mache.
„Lass dich nur ja nicht von den Amis als Köchin einspannen. Die Amis sind die schlimmsten Schnorrer, die du dir vorstellen kannst“, hat Duane mich gewarnt, der schon mit den Gedanken drüben in London ist.
„Wenn du was brauchst, geh einfach zum Bio-Carrefour, das sind gerade mal 200 Meter, das schaffst du locker in der Früh“, sagt Duane.
„Und wo ist hier das nächste Kino?“, frage ich.
„Das Kino. Immer das Kino! Ich wusste doch, dass die Frage kommt“, sagt Duane.
„Na klar, was sonst?“, antworte ich.
„Du bist ganz wie deine Mom und der Verrückte“, sagt Duane.
„Richtig, was sonst?“, antworte ich frech.
„Am besten, du gehst in die MK2 Bibliothèque, das ist nicht weit weg, 1,7 Kilometer, mit denen machen wir auch manchmal was, wenn wir Szenen in einem Kinosaal drehen wollen, die sind total auf Draht, aber die Pressevorführungen unserer eigenen Filme machen wir hier. Unsere beiden Studios sind mit Beamern und 35- und 16-mm-Projektoren ausgestattet, da kannst du wirklich viel sparen, größere Filme machst du am besten auch im MK2, aber so etwas hatten wir bisher noch nicht. Außerdem bist du vom Fach und brauchst keinen Vorführer für unsere kleinen Filme wie Werbung, Kurzfilme und Indies anheuern“, sagt Duane.
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