Monika Kunze - Zu Hause ist anderswo

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Klaus ist sich so sicher, dass er Martina mit dieser spontanen Reise ins Tschechische eine Freude macht. «Das müsste doch für Dich wie eine Heimkehr sein?» vermutet er.
Doch was tut seine Frau? Sie schweigt, was sie sonst selten tut.
Ihr Gesicht verschließt sich immer mehr, je näher sie jenem Ort kommen, wo ihr Vater nach Kriegsende bestialisch ermordet worden war – vor den Augen seiner Familie. Darüber hat sie bisher noch mit niemandem gesprochen.
Klaus fängt an zu bohren, was er sonst auch nie tut.
Als Martina endlich imstande ist, ihr Schweigen zu brechen, sind sie endlich Zwei – auf der Suche: nach Wurzeln, nach Wahrheit, nach Schuld, nach Sühne?
*
Eine ungewöhnlich dicht und differenziert erzählte Geschichte: von Liebe und Hass, von Leben und Tod. Aufregend, anregend und ungeheuer spannend. Auch so gut wie ihre anderen Bücher? Nein, besser, ihr reifstes Werk.
(Sudetendeutsche Zeitung)

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Monika Kunze

Zu Hause ist anderswo

NEU überarbeitete Fassung

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Inhaltsverzeichnis Titel Monika Kunze Zu Hause ist anderswo NEU überarbeitete - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Monika Kunze Zu Hause ist anderswo NEU überarbeitete Fassung Dieses ebook wurde erstellt bei

Prolog Prolog Das Mädchen versucht die Augen zu schließen, als könne sie damit alles ungeschehen machen. Aber ihre Lider gehorchen ihrem Willen nicht, sie bleiben geöffnet. Ihr Kopf dröhnt, ein stechender Schmerz durchfährt die Schädeldecke. Was ist passiert? Wo befindet sie sich überhaupt? Sie spürt, wie etwas Kaltes, nicht Greifbares sie niederzwingt. Angst? Genau dieselbe Angst, die ihr vor Minuten noch befohlen hatte zu laufen, weit wegzulaufen vor dem Grauen? Aber sosehr sie sich auch anstrengt, sie kommt nicht von der Stelle. Ihre Beine sind einbetoniert. Jeder Versuch sich zu befreien, macht alles nur noch schlimmer. Tränen laufen ihr übers Gesicht. Was machen die fremden Männer hier? Sie kommen näher … sie glaubt, die Bedrohung mit den Händen greifen zu können. Aber warum haben die Ungeheuer keine Gesichter? Plötzlich taucht eine Frau auf. Auch sie ist ohne Gesicht, doch die Kleine weiß auch so, wer sie ist. Die Hände und die Kleidung der Frau sind blutverschmiert. Sie schreit wie eine Furie. "Lasst das Mädel! Nicht auch noch das Mädel!" Für einen Moment gelingt es ihr, die Männer wegzureißen. Das Mädchen windet sich und stöhnt. Aus allen Poren rinnt der Schweiß. Sie versucht, ihre Hände schützend vors Gesicht zu schlagen. Vergeblich. Ihr Herz beginnt zu rasen, weil sie weiß, dass sie man sie zwingen wird, alles noch einmal mit anzusehen. Wenigstens will sie nichts hören, versucht sich die Ohren zuzuhalten. Vergeblich. Sie hört jede Einzelheit. Sie will schreien, aber sie bringt kaum ein Flüstern zustande. Die beiden fremden Männer lassen von der Frau ab, die auf dem Boden liegt und schlagen dafür wieder auf den dünnen Mann ein, mit Fäusten, Knüppeln und Gewehrkolben. Dabei stoßen sie ein unmenschliches, unartikuliertes Gebrüll aus. Wütend zerren die Gesichtslosen ihr Opfer hoch und schlagen den ausgemergelten Körper gegen eine Wand. Das Kind zuckt zusammen bei jedem der klatschenden Geräusche … Aufhören! Aufhören, schreit es in ihr, aber sie bringt noch immer kein Wort heraus. Die fremden Stimmen werden immer lauter und drohender. Den Sinn des Gebrülls versteht sie nicht. Ein Stöhnen? Sie lauscht. Nein, kein Stöhnen, überhaupt kein Geräusch, nur Stille. Gespenstisch. Ein beißender Geruch steigt in ihre Nase. Schwefel und Blut? So muss es in der Hölle stinken, denkt sie. Dann hört sie ein Knacken, Splittern und Bersten, ein Geräusch, als bisse ein Hund in einen Knochen. Mit einem Mal weiß sie, dass die Qual für den dünnen Mann zu Ende ist. Doch was ist mit ihrer eigenen Qual? Ist es nicht endlich an der Zeit, das Schweigen zu brechen?

1. Fragwürdige Reise

2. Mehr als zwei Seelen

3. Leben ohne Vergangenheit?

4. Heißer Sommer in diesem Jahr

5. Ein Mord und Margots Hölle

6. Bloß nicht heulen, Martina!

7. Hilfe, wir wollen noch nicht sterben

8. Pause am Neuteich

9. Notdürftiges Nachtlager

10. Massaker an der Kirche

11. Die Großeltern um Hilfe bitten

12. Wein und Wahrheit

13. Hornhaut auf den Seelen

14. Angst vor der eigenen Courage?

15. Heim ins Reich!

16. Trügerische Idylle

17. Trotz Leid auch Licht …

18. Ankunft in einer fremden Stadt

19. Die Riedels aus dem Böhmerwald

20. Die Weckers vom Gutmannsschacht

21. Oh, mein Papa …

22. Namensvetter mit vier Beinen

23. Walter und die Liebe seines Lebens

24. Rupert und Karl – zwei unterschiedliche Brüder

25. Nicht den zweiten vor dem ersten Schritt

26. Fremdes Land, fremdes Haus, fremde Menschen …

27. Weder Hass noch Genugtuung …

Statt eines Epilogs

Impressum neobooks

Prolog

Das Mädchen versucht die Augen zu schließen, als könne sie damit alles ungeschehen machen. Aber ihre Lider gehorchen ihrem Willen nicht, sie bleiben geöffnet. Ihr Kopf dröhnt, ein stechender Schmerz durchfährt die Schädeldecke. Was ist passiert? Wo befindet sie sich überhaupt?

Sie spürt, wie etwas Kaltes, nicht Greifbares sie niederzwingt.

Angst? Genau dieselbe Angst, die ihr vor Minuten noch befohlen hatte zu laufen, weit wegzulaufen vor dem Grauen?

Aber sosehr sie sich auch anstrengt, sie kommt nicht von der Stelle. Ihre Beine sind einbetoniert. Jeder Versuch sich zu befreien, macht alles nur noch schlimmer.

Tränen laufen ihr übers Gesicht.

Was machen die fremden Männer hier? Sie kommen näher … sie glaubt, die Bedrohung mit den Händen greifen zu können. Aber warum haben die Ungeheuer keine Gesichter?

Plötzlich taucht eine Frau auf. Auch sie ist ohne Gesicht, doch die Kleine weiß auch so, wer sie ist. Die Hände und die Kleidung der Frau sind blutverschmiert. Sie schreit wie eine Furie.

"Lasst das Mädel! Nicht auch noch das Mädel!"

Für einen Moment gelingt es ihr, die Männer wegzureißen.

Das Mädchen windet sich und stöhnt. Aus allen Poren rinnt der Schweiß. Sie versucht, ihre Hände schützend vors Gesicht zu schlagen. Vergeblich.

Ihr Herz beginnt zu rasen, weil sie weiß, dass sie man sie zwingen wird, alles noch einmal mit anzusehen.

Wenigstens will sie nichts hören, versucht sich die Ohren zuzuhalten. Vergeblich.

Sie hört jede Einzelheit.

Sie will schreien, aber sie bringt kaum ein Flüstern zustande.

Die beiden fremden Männer lassen von der Frau ab, die auf dem Boden liegt und schlagen dafür wieder auf den dünnen Mann ein, mit Fäusten, Knüppeln und Gewehrkolben. Dabei stoßen sie ein unmenschliches, unartikuliertes Gebrüll aus.

Wütend zerren die Gesichtslosen ihr Opfer hoch und schlagen den ausgemergelten Körper gegen eine Wand.

Das Kind zuckt zusammen bei jedem der klatschenden Geräusche …

Aufhören! Aufhören, schreit es in ihr, aber sie bringt noch immer kein Wort heraus. Die fremden Stimmen werden immer lauter und drohender. Den Sinn des Gebrülls versteht sie nicht.

Ein Stöhnen? Sie lauscht. Nein, kein Stöhnen, überhaupt kein Geräusch, nur Stille. Gespenstisch.

Ein beißender Geruch steigt in ihre Nase. Schwefel und Blut? So muss es in der Hölle stinken, denkt sie. Dann hört sie ein Knacken, Splittern und Bersten, ein Geräusch, als bisse ein Hund in einen Knochen.

Mit einem Mal weiß sie, dass die Qual für den dünnen Mann zu Ende ist.

Doch was ist mit ihrer eigenen Qual?

Ist es nicht endlich an der Zeit, das Schweigen zu brechen?

1. Fragwürdige Reise

Martinas Hände fühlten sich kalt und feucht an. Hin und wieder spürte sie, wie Klaus sie forschend ansah.

Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. Warum kam ihr heute kein Wort der Bewunderung für diese sanfte Hügellandschaft über die Lippen?

Sie wollte sich zusammennehmen und zwingen, den Bergketten des Czornebohs, des Kottmar oder des Bielebohs wenigstens einen anerkennenden Blick zu schenken. Es gelang nicht.

Gleich darauf nahm sich Martina vor, an die schönen Geschichten und Sagen aus der Oberlausitz zu denken. Meine Güte, wie oft hatte sie diese gelesen, Kindern daraus vorgelesen, manchmal beim Erzählen allerdings fast ungehörig abgewandelt. Zu ihrer eigenen und zur Freude der Kinder.

Klaus schaute wieder leicht verärgert in ihre Richtung, sagte aber selbst auch keinen Ton. Noch immer schien er es für besser zu halten, seine Frau in solchen Momenten, da sie alles um sich her vergessen zu haben schien, nicht anzusprechen. Wie wenig er sie doch kannte.

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