Sein Name ist Kan’to, er ist ein Schwertmeister aus einem Land sehr weit entfernt im Osten, noch jenseits der Betain’it’Dromar, der Mauer um die Welt, und er ist der Mann, der den Thain beschützt. Er ist geflohen aus seiner Heimat vor dreißig Jahren, er hat sich verliebt in eine junge Frau, die ein Mitglied der höchsten Familie war. Sie hat seine Liebe erwidert, aber sie sind verraten worden. Der Tokai`ren hat ihn zum Tod durch den Strang verurteilt, ein schändlicher Tod für einen Schwertmeister, seine Familie hat ihm zugeredet zu fliehen. Beendet hat er seine Flucht vor den Toren der Feste von Beth’anu, der alte Thain hat ihn zum Beschützer des Sa’Rimar bestimmt, nachdem er gesehen hat, was Kan’to zu tun imstande ist mit den beiden schmalen bläulich schimmernden Schwertern in seiner Hand. Aus dem Sa’Rimar ist ein paar Jahre später der Thain geworden, Kan’to ist sein Beschützer geblieben.
Und auch Tenaro hat gesehen, was Kan’to vermag mit seinen Schwertern, bei einem Ausritt an den Rand der Wüste, als er zwölf gewesen ist. Eine der Patrouillen, die entlang der nördlichen Grenze verhindern sollen, dass sich allzu Wagemutige in dem See aus Sand verlaufen, hat Nachricht geschickt an den Thain. Sie haben den Kadaver eines Tieres gefunden, es sieht aus wie eine der wilden Katzen, die hoch oben in den Hängen des Drat’kalar leben, aber sein Fell ist nicht gefleckt, es ist gelb mit schwarzen Streifen. Und das tote Tier ist groß, grösser als jede der wilden Katzen, die je erlegt worden ist. Der Thain hat es in Augenschein nehmen wollen, Tenaro und sein Bruder haben gebettelt, der Thain gelacht und sie mitgenommen. Ein gemütlicher Ritt von zehn Tagen, sie haben im Freien geschlafen und ihr Essen am Lagerfeuer gekocht, den Thain hat es fast ein Bein gekostet. Wenn Kan’to nicht gewesen wäre.
Sie haben den Kadaver gefunden und bestaunt, das ist wirklich eine große Katze, mit einem mächtigen Gebiss mit scharfen Reißzähnen. Sie muss aus der Wüste gekommen sein, verdurstet auf dem Weg, ausgetrocknet durch die Hitze, auch der Kadaver ist nicht verwest, er ist vertrocknet. Kan’to hat vorgeschlagen, das Fell und den Kopf mit dem beeindruckenden Gebiss mitzunehmen, es macht sich bestimmt gut als Teppich auf den Stufen im Thronsaal. Der Thain hat gelacht, und alle werden sich fragen, wo er ihn nur herhat, er hat sich umgedreht, um seinen Dolch zu holen, da hat sich plötzlich eine braune Sandviper aus dem Sand vor ihm erhoben. Lang und groß und gefährlich. Nicht so gefährlich wie die kleinen gelben, ihr Gift tötet nicht, aber es zersetzt das Fleisch auf den Knochen. Es wird schwarz und beginnt zu stinken, und wenn das Bein oder der Arm dann nicht schnell entfernt werden, breitet sich der Brand unter unerträglichen Schmerzen über den ganzen Körper aus, die wenigstens überleben, und die, die es schaffen, sind gezeichnet für ihr Leben. Der Thain ist erstarrt, die Schlange hat ihn angezischt und zugeschlagen, aber plötzlich ist ihr abgetrennter Kopf im hohen Bogen davongeflogen. Keiner hat gesehen, wie er es gemacht hat, keiner hat ihn seine Klingen ziehen sehen, aber jetzt steht Kan’to ruhig neben dem Thain und wischt sie mit einer Handvoll Sand sauber. Tenaro hat es Metú nicht geglaubt, als er ihm erzählt hat, dass der Schwertmeister einen der riesigen Hunde aus Beth’narn im Sprung in zwei Hälften geteilt hat, jetzt hat er es selbst erlebt. Kan‘to zieht seine Klingen schneller als eine Schlange zuschlagen kann. Auch Tenaro weiß seinen Vater gut beschützt.
Sie richten sich ein in ihrem Lager, auch in einer Entsatzarmee, die im Feld liegt, gibt es immer etwas zu tun. Die Feldschmiede hat gut zu tun, Schwerter werden gerichtet, Scharten ausgewetzt, einige auch neu geschmiedet. Sie werden für die Hände der Männer gemacht, die sie schwingen, es hat keinen Nutzen, jemandem ein Schwert in die Hand zu geben, das zu schwer für ihn ist, dessen Heft nicht in seine Hand passt, das er nicht ausbalancieren kann. Während ihrer Ausbildung, wenn sie ihren Pflichtdienst ableisten, kämpfen sie mit hölzernen Übungswaffen, wenn sie achtzehn werden, erhält jeder von ihnen ein Schwert, das der Waffenschmied für ihn gemacht hat. Damit sie auch zurechtkommen damit, wenn sie sich einem Feind ihres Thain in den Weg stellen. Sie üben auch den Kampf ohne Waffen, selbst Griud zuckt manchmal nervös mit den Ohren, wenn ihre Kampfschreie über das Feld dröhnen. Der Meister hat Männer ausgebildet in seiner Kunst, er zeichnet sie mit roten Gürteln aus, wenn sie den Stand erreicht haben, der sie befähigt zu lehren. Es hat schon manches Leben gerettet auf dem Schlachtfeld, weil sie gewusst haben, wie sie den Mann mit dem Schwert in der Hand ausschalten können, wenn sie ihr eigenes verloren haben. Und wenn es ihnen nur die Zeit verschafft, es wieder an sich zu nehmen, es hilft.
Ihre Kommandierenden lassen sie jeden Morgen und jeden Abend antreten zum Appell, dann reitet Tenaro ihre Reihen ab. Sie tragen keine Über-würfe, ihr Stand als Soldat des Thain wird angezeigt durch eine breite gelb-rote Schärpe, die auf der Schulter von einer Brosche gehalten wird. Das Siegel des Thain, der Ring um die drei Sterne, ohne die Buchstaben darum, sie sind der Familie des Thain vorbehalten, dem Thain und dem Sa’Rimar, der nach ihm Thain wird. Auch Tenaros Umhang wird von einer solchen Brosche gehalten, hinterlegt mit zwei goldenen gekreuzten Schwertern, das Zeichen des Oberkommandierenden. Er wird sie auf das Schlachtfeld führen, aber er ist immer noch um so vieles jünger als die Männer, die mit ernsten Gesichtern vor ihm stehen. Es sind die Fünfunddreißig- bis Fünfundvierzigjährigen aus den Dörfern und Ansiedlungen, jung genug, um noch die Kraft zu haben, sich erfolgreich zu schlagen, aber alt genug, um schon eigene Kinder zu haben, Söhne, die ihren Müttern zur Seite stehen bei der Arbeit auf dem Auskommen, das sie zurückgelassen haben. Und es bleiben genug Männer in den Dörfern zurück, um ihren Familien beizustehen, es ist ein Privileg, in der Armee des Thain zu dienen, auch wenn es nur die Entsatzarmee ist. Sie erhalten den gleichen Sold wie die Männer des stehenden Heeres, er wird an ihre Familien ausgezahlt einmal in jedem Drittteil, die Kuriere des Schatzmeisters des Heeres haben die ersten silbernen und kupfernen viereckigen Plättchen schon verteilt, die Zahlmeister der Garnisonen geben sie an die Frauen. Und ihre Witwen werden nicht mit Armreifen abgespeist, wenn ihre Männer nicht zurückkehren, sie sind nicht auf die Gnade oder Ungnade der Markthändler angewiesen, wie es in Beth’narn der Fall ist. Drei kleine Brote, ein Kohlkopf, drei Eier, zwei Äpfel. Manchmal genommen aus den Körben mit der Ware, die zum Verkauf steht, oft genug aus dem Korb unter dem Stand, in dem das liegt, was nicht verkauft werden kann. Die Brote vom Vortag, der Kohlkopf von Mäusen benagt, die Eier geknickt, die Äpfel angeschlagen. Sie leben nicht gut, die Frauen und Kinder, die ihre Männer und Väter der Kriegslust ihres Fürsten geopfert haben. In Beth’anu ergeht es ihnen besser, die Familien der Soldaten erhalten eine Rente, wenn der Mann, der Vater nicht zurückkehrt. Und sie erhalten Unterstützung von der Dorfgemeinschaft, es ist eine Verpflichtung, die der Thain ihnen auferlegt, beim Bestellen der Felder, bei der Ernte der Früchte, bei der Versorgung der Tiere. Der Thain von Beth’anu dient seinem Volk auch damit, dass er für die sorgt, die ihm ihr höchstes Gut geopfert haben.
Dann endlich kommt die Nachricht, auf die sie gewartet haben, und so manches Stoßgebet wird an Melak gesandt, als die Kommandierenden es in den Einheiten verkünden. Die Schlacht ist geschlagen, der Krieg gewonnen, der Fürst von Beth’narn in seine Schranken verwiesen. Gefangengesetzt in seinem eigenen Haus, er hat es wie immer seinem Heermeister überlassen, seine Armee in die Schlacht zu führen. Der Kurier hat auch einen Brief des Thain an Tenaro überbracht, er lächelt, als er ihn liest. Es ist die Bitte an seinen Sohn, sich zu ihm zu begeben und sein nachträgliches Geburtsfestgeschenk in Empfang zu nehmen, er wird ernannt zum Nun’thain, er wird die Provinz Beth’narn verwalten. Narn’kalar, wie sie von jetzt an heißen wird, das Trockene am Wasser. Da kann er schon mal das Regieren üben, und wenn er Thain geworden ist, was hoffentlich noch lange dauern wird, wird es eine Baran werden wie Beth’kalar und an seinen jüngeren Bruder fallen. Damit er nicht die ganze Arbeit allein tun muss, es gibt genug zu regieren in Beth’anu.
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