Er verharrt lange zwischen den drei stehenden Steinen, es ist ruhig und friedlich hier, er fühlt sich frei und leicht und wieder wie er selbst. Und nicht allein, ihm ist, als ob jemand bei ihm ist. Aber er kann nicht verweilen, er hat eine Verpflichtung gegenüber seinem Vater, gegenüber Beth’anu, er hat geseufzt und ist zurückgekehrt in sein Leben als einhändiger Sa’Rimar. Es wird ihn nicht daran hindern, ein guter Thain zu sein, und er kann immer noch mit einer Hand ein Schwert führen. Und er kann auch wieder beidhändig fechten, Metú ist der erste, der es mit Erstaunen, und dunklen Flecken, zur Kenntnis nimmt.
Der Bote ist zurückgekehrt aus dem Land fern im Osten, in das der Meister ihn geschickt hat mit der Bitte um die Rezeptur für die Mischung, Mes’in, und der Goldschmied und der Alchemist des Thain haben sich angesehen. Na also, sie sind nahe dran gewesen, die Farbe haben sie hingekriegt, und jetzt können sie ihre Mischung noch einmal verbessern. Das Metall ist noch ein wenig härter jetzt und zäher, und dann hat der Goldschmied eine neue Kappe entworfen für Tenaros Stumpf. Er kann viel tun mit seiner nachgemachten Hand, eine Gabel halten, damit sein Fleisch beim Schneiden nicht vom Teller rutscht, einen Apfel, um seine Zähne hineinzuschlagen, ein Blatt Pergament oder ein Buch, um zu lesen, aber der Griff ist nicht fest genug, um ein Schwert oder einen Dolch damit zu halten. Tenaro hat wie Metú beidhändig gekämpft, und manchmal hat er mitten im Kampf die Schwerthand gewechselt. Metú hat dann gegrinst, das kann er auch, nur nicht so schnell und geschickt, es hat ihm manchen Hieb eingetragen. Sie tragen ihre Übungskämpfe mit hölzernen Waffen aus, Treffer verursachen keine blutenden Schnitte, aber dunkle Flecken, sie haben sie gezählt, wenn sie sich danach im wohlig warmen Wasser im Badehaus der Feste geräkelt haben, um ihre schmerzenden Muskeln zu lockern. Tenaro ist einen Kopf kleiner als Metú, nicht so breit wie er, aber die Kampfkunst ohne Waffen, die er lernt seit er fünf ist, hat ihn schnell und geschmeidig gemacht, er bewegt sich wie eine Katze. Meist ist es unentschieden ausgegangen.
Und an diesem Tag gewinnt er. Metú grummelt, als sie nebeneinander im Becken im Badehaus liegen, das war ungerecht, erstens kämpft ein Sa’Rimar nicht mit in dem Turnier, das sie zu Ehren des Geburtsfestes des Thain ausgetragen haben, und zweitens, dieses Ding, das der Goldschmied da gemacht hat für ihn, wie soll man denn dagegen ankommen. Tenaro hat gelacht, ist doch auch nichts anderes als der Dolch, den er früher in der Hand gehabt hat, nur eben halt ein Haken, und der eignet sich fast noch besser dafür, einem Gegner das Schwert aus der Hand zu drehen. Was er bei Metú dreimal getan hat und damit das Turnier gewonnen, ätsch. Dann hat er sich genüsslich gedehnt und ist untergetaucht in das Wasser, das aus einer heißen Quelle unter dem Badehaus stammt. Es riecht ein wenig seltsam, aber es tut den schmerzenden Muskeln gut. Und auch wenn Metú ein finsteres Gesicht gemacht hat, innerlich hat es ihn gefreut. Er findet zu sich zurück, sein kleiner Prinz, er ist nicht wehrlos, er ist schon fast wieder der Alte.
Nur manchmal sitzt er mit ernstem Gesicht auf dem Balkon vor dem Wohnzimmer seiner Zimmerflucht und blickt gedankenverloren in die Ferne. Metú weiß, was ihn dann bewegt, er denkt an die junge Frau mit den jadingrünen Augen. Die einem armen Gefangenen Wasser gebracht hat, seine Fesseln gelöst, ihn auf ein Pferd gesetzt und ihm die Freiheit und das Leben geschenkt. Sie hat es ihm leise zugeflüstert in der Nacht, als er schon auf der Stute mehr gelegen als gesessen hat „Du musst fort, sie werden dich sonst morgen töten.“ Weit wäre er nicht gekommen, aber das hat er auch nicht gebraucht. Nur bis zu den drei roten Pfählen am Ufer des Sees, dort hat Metú auf ihn gewartet. Meist hält er dann ein kleines geschnitztes Holzpferd mit einer Öse auf dem Rücken in seiner Hand, durch die ein gelbrotes Band geknüpft ist, es ist ein genaues Gegenstück zu dem, das Metú in einem Binsenkorb durch ein Loch in der Mauer geschoben hat. Es gibt sechs davon, sie sind ein Geschenk zu seiner Geburt gewesen, sie haben an einem Band über dem Korb gehangen, in dem Tenaro als Säugling geschlafen hat.
Sie ist seit zwei Jahren wie vom Erdboden verschluckt, der entfernte Verwandte des Thain, der ihn mit Nachrichten aus Beth’narn versorgt, hat damals einen direkten Vorstoß gewagt im Haus des Heermeisters. Er hat nach ihr gefragt, das Schwesterkind des Hausherrn, er hat sie lange nicht gesehen. Der hat nur grimmig gelächelt, sie lebt nicht mehr hier, sie ist in das Haus ihres Vaters gegangen, und das liegt weit entfernt von hier. Wer das ist und wo es liegt, hat er ihm nicht gesagt, und er ist misstrauisch geworden, was geht es ihn an, den Früchtehändler von jenseits des Sees? Der Mann hat sich herausgeredet, ein Bruderkind ist bei ihm zu Besuch gewesen und hat sich vergafft in die junge Frau, er hat sie auf dem Markt gesehen, eine Verbindung mit dem Schwesterkind des Heermeisters wäre eine große Ehre für sein Haus. Nein, sie lebt nicht mehr hier, aber seine jüngste Tochter ist noch unverheiratet, die kann er gern haben. Er ist froh, wenn er sie los ist, sie ist weder hübsch noch liebreizend, nörgelt nur den ganzen Tag. Aber das Bruderkind ist leider schon wieder abgereist, also wird nichts werden aus der Verbindung. Puh, noch einmal davongekommen, und er ist inzwischen zurückgekehrt nach Beth’anu. Seine Dienerschaft ist mit ihm gegangen, die Köchin des Heermeisters muss auf ihren Liebhaber verzichten, er ist sein Stallmeister. Der kupferne Armreif mit dem blauen und weißen Glasfluss, den Metú damals in eines der Körbchen gelegt hat, stammt von der Frau, die seinen Haushalt besorgt. Ihr Mann ist in die Armee von Beth’narn gepresst worden und nicht zurückgekehrt aus der ersten Schlacht um Beth‘kalar. Sie hat den Armreif nicht gebraucht, sie wird im Haus ihres Dienstherrn besser versorgt. Sie hat keine Kinder, keine Verwandten, sie ist mit ihm gegangen, als er nach Beth’anu zurückgekehrt ist, sie besorgt auch hier seinen Haushalt. Und wärmt ab und zu sein Bett, er hat keine Hausfrau, er hat sie gebeten, ihn zu begleiten, er hat sich an sie gewöhnt. Er hat seinen Früchtehandel aufgegeben, sein Haus aufgelöst und ist zurückgekehrt in das Land, das seine Heimat ist. Und die Nachrichten, die er mitgebracht hat, haben den Thain erschauern lassen. Ihm steht ein neuer Krieg ins Haus.
Der Bote, den der Meister in seine Heimat geschickt hat, ist fast ein Jahr unterwegs gewesen, und mitgebracht hat er nicht nur das Geheimnis, wie man Mes’in herstellt. Er hat auch eine neue Waffe im Gepäck, der Waffenmeister des Thain hat sie angeschaut und verächtlich geschnaubt. Draq’ir’lai, eine Waffe ohne Ehre, sie tötet aus der Entfernung. Wie ein kleiner Bogen mit einem Handgriff, er wird mit einer Kurbel gespannt, und die Pfeile sind nicht lang und dünn, es sind kurze dicke Bolzen mit einer gefährlich aussehenden dreischneidigen Spitze aus Eisen. Nicht mit der Reichweite eines Bogens, aber mit tödlicher Durchschlagskraft, sie durchdringt sogar einen dicken Lederpanzer, als Tenaro sie einmal erprobt auf dem Waffenhof der Garnison. Er kann sie handhaben, hält sie in seiner goldenen linken, spannt sie mit seiner rechten Hand. Der Bolzen durchschlägt den Panzer und dringt tief in den Pfahl ein, über den sie ihn gehängt haben, so tief, dass er kaum wieder herausgezogen werden kann. Eine grausame Waffe, kein Krieger von Ehre wird sie einsetzen bei einem Kampf gegen einen Gegner. Sie kämpfen Mann gegen Mann, Schwert gegen Schwert, selbst Pfeil und Bogen sind auf dem Schlachtfeld verpönt. Die Soldaten aus der Armee von Beth’anu bezeichnen auch die großen Hunde aus Beth’narn als Draq’ir’lai, sie stellen sich dem Kampf nicht. Sie greifen hinterrücks an, schnappen nach Schwerthand und Kehle, nur darauf bedacht, zu verletzen und zu töten. Der Krieger an ihrer Seite hat dann leichtes Spiel, viele der Toten, die Beth’anu zu beklagen hatte nach der letzten Schlacht, sind auf diese Weise gestorben. Es ist eine Taktik, die aufgeht, aber die Krieger aus Beth’narn werden verachtet dafür. Die riesigen Bestien sind nicht leicht zu töten, sie sind schnell und weichen den Schwertern aus, die gegen sie geschwungen werden, und die leichten Pfeile, mit denen der Thain sie hat beschießen lassen, richten kaum etwas aus gegen sie. Und es ist zu gefährlich, die Gefahr, den eigenen Mann zu treffen, ist groß. Und unehrenhaft, einen Gegner auf diese Weise zu töten, aber vielleicht hat der Bote des Meisters ihnen jetzt endlich etwas in die Hand gegeben, das die Gefahr durch die Hunde aus Beth’narn bannt.
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